Zwangsbeglückung für das Volk

Polizeikommissar Hmee und die thailändische Sängerin Pancake heizen den Besuchern des 'Bring Back Happiness to Thai People'-Festivals im Bangkoker Lumpini-Park ein.
Polizeikommissar Hmee und die thailändische Sängerin Pancake heizen den Besuchern des 'Bring Back Happiness to Thai People'-Festivals im Bangkoker Lumpini-Park ein.

BANGKOK: Über den Platz am Sieger-Denkmal in Bangkok schallt peppige Musik, aufgelegt von Thailands Armee. Soldaten mit feschen Sonnenbrillen haben die Uniformärmel hochgekrempelt. Sie fachsimpeln mit Umstehenden über die Schwüle, Lachen bereitwillig für Fotos. Auf meterhohen Reklame-Leinwänden rund um den Platz zeigt die Armee zwischen Werbesports für Bier und Shampoo Kriegsfilmszenen aus dem Militärarchiv und einen Soldaten mit Baby auf dem Arm, gerettet aus einer Flut. Die Botschaft: die Armee, Dein Freund und Helfer.

Seit genau einem Monat (22. Mai) herrscht das Militär in Thailand. Es hat die demokratisch gewählte Regierung abgesetzt. Alles unblutig, Armeechef Prayuth Chan-ocha war nach monatelangem Machtkampf zwischen Regierung und Demonstranten auf der Straße der Geduldsfaden gerissen. Er erklärte die Machtübernahme am Schreibtisch, Panzer auf den Straßen gab es nicht. Jetzt ist die Armee auf Einschmeichel-Mission. Der offizielle Slogan der Armee: «Das Volk wieder glücklich machen».

Am Wochenende sind die Kinosäle zum Bersten gefüllt. Es ist nicht der neueste Tom Cruise-Streifen, der die Leute vor die Leinwand lockt, sondern ein heimischer Historienschinken über glorreiche Schlachten. Der Eintritt ist frei, die Militärjunta lässt grüßen.

Bei Musikfestivals im ganzen Land geben Soldaten die DJs. Von wegen Marschmusik: sie legt Populäres auf, Soldatinnen rocken auf der Bühne und greifen zum Mikrofon. «Wie in Nordkorea», ätzt jemand auf Twitter, mit Fotos tanzender Soldatinnen aus beiden Ländern.

Selbst Haarschnitte gibt es an Armeeständen auch gratis. Den größten Coup landet die Junta aber zur Fußball-WM: Alle Spiele gibt es live im öffentlichen Fernsehen. Dafür macht sie neun Millionen Euro locker und zahlte den TV-Anbieter aus, der die Übertragungsrechte hatte.

Der Karikaturist Stephff zeichnet Prayuth mit einem Fußball am Band, einen Elefanten, das Wahrzeichen Thailands, hypnotisierend. «Du bist glücklich, Du bist sehr glücklich...», beschwört Prayuth das Tier.

Soldaten tragen Kostüme des Kinofilmes
Soldaten tragen Kostüme des Kinofilmes "Die Legende von König Naresuan 5".

«Alles nur vorübergehend», beteuert Prayuth. «Wir werden das Volk nicht total verwöhnen.» Aber Politik-Professor Thitinan Pongsudhirak ist skeptisch: «Das sind typische Methoden aus der Ära des Kalten Krieges, um Leute für sich einzunehmen. Ob das 2014 fruchtet, wo die Probleme und Erwartungen ganz anders liegen, bleibt abzuwarten.»

Die Armee sagt auch dem Sumpf von Klüngelwirtschaft und Korruption den Kampf an. Sie streicht den Aufsichtsratsmitgliedern von Thai Airways die 20 Gratis-Flüge im Jahr - mit Ehepartnern. Sie rückt der Taximafia am Flughafen auf die Pelle, die Touristen abzockt, hebt illegale Glücksspielhöllen aus und kündigt Razzien an, um korrupte Polizeibeamte zu entlarven.

Wer trotzdem aufmuckt, bekommt Probleme. Mehr als 500 kritische Politiker, Aktivisten, Journalisten wurden nach Angaben von Amnesty International teils tagelang festgehalten. Ein paar junge Leute, die gegen den Coup protestieren wollten, wurden festgenommen und einem «Prozess der Einstellungsänderung» unterzogen, wie ein Vizepolizeichef ominös sagt. Wie im Film «Hunger Games» drei Finger in die Höhe recken - ein Zeichen der Putschkritiker - das hat die Armee für illegal erklärt. Natürlich gebe es Widerstand, sagt Pravit Rojanaphruk. Der prominente Kommentator war selbst sieben Tage in Militärgewahrsam. Es traue sich nur noch kaum jemand, das offen zu zeigen. 

Prayuth wagt sich derweil unter die Dichter. Er hat einen Song komponiert, der sein wöchentliches Fernsehprogramm untermalt. «Wir bringen Thailand Frieden zurück» heißt das Werk, Typ Schnulze, wie sie aus dem Lautsprecher in einer Zahnarztpraxis säuseln könnte. «Wir schützen euch von ganzem Herzen», schmalzt der unbekannte Sänger. (Foto: epa)

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