Urbane E-Mobiliät in der „Big Mango“

Vernetzt und elektrisch durch die Smart City Bangkok

Smarte Mobilität im Kultgefährt. Foto: Nattakorn/Adobe Stock
Smarte Mobilität im Kultgefährt. Foto: Nattakorn/Adobe Stock

BANGKOK: Auf dem Weg zur Smart City steht Bangkok vor gewaltigen Herausforderungen im Verkehrswesen. Im Zeitalter der digitalen Transformation der Städte mausert sich die „Big Mango“ immer mehr zum Großlabor für urbane Mobilität: Elektrisch geht es zu Land und zu Wasser durch die Millionenmetropole. Sogar Tuk-Tuks düsen immer öfter emissionsfrei und vernetzt durch die Hauptstadt. Für sie gilt: Mitfahrer gesucht – und per App gefunden!

Dicke, mit Autoabgasen geschwängerte Luft und schier endlos lange Staus sollen in Bangkok bald der Vergangenheit angehören. Wichtigste Stichwörter bei der Transformation der thailändischen Hauptstadt in eine sogenannte „Smart City“ sind: Vernetzung und Elektromobilität. Die Stadtplanung der Zukunft muss sowohl effektive intelligente Nahverkehrssysteme anbieten als auch Innovationen unterstützen, ein kooperatives Ökosystem fördern und Nachhaltigkeitsziele erreichen. Diese Herausforderungen sind Teil der sich schnell verändernden Landschaft der urbanen Mobilität in der thailändischen Millionenmetropole. Smarte Mobilitätslösungen bieten bereits heute einen Ausblick auf das urbane Bangkok von Morgen.

Emissionsfrei geht es mit den modernen E-Booten von MINE Smart Ferry über den Chao-Phraya-Fluss durch Bangkok. Sie bieten einen nahtlosen Umstieg auf die Schiene. Foto: MINE Smart Ferry
Emissionsfrei geht es mit den modernen E-Booten von MINE Smart Ferry über den Chao-Phraya-Fluss durch Bangkok. Sie bieten einen nahtlosen Umstieg auf die Schiene. Foto: MINE Smart Ferry

Mit effizienten, intelligenten und integrierten elektrischen Nahverkehrslösungen will die Metropolverwaltung Bangkok (BMA) die „Big Mango“ – wie die thailändische Hauptstadt in Anlehnung an den „Big Apple“ (New York) augenzwinkernd auch genannt wird – zur E-Mobilitätshauptstadt Asiens entwickeln. Das Energiekonzept der Zukunft ist auch im smoggeplagten Bangkok ohne Elektromobilität nicht denkbar.

Bereits heute stehen Einheimischen und Touristen in der Millionenmetropole immer mehr smarte Transportmittel zur Verfügung, die per App zugänglich sind: Elektrisch betriebene Fähren, Kanalboote, Busse und sogar Tuk-Tuks sind Teil des wachsenden umweltfreundlichen Nahverkehrsnetzes auf dem Weg in die „Smart City“ – im Sinne der integrierten und nachhaltigen Stadtentwicklung.

Vernetzung und Mobilität

An der BTS-Station Krung Thon Buri kann man nahtlos vom Skytrain in die fahrerlose „Gold Line“ (im Bild) umsteigen. Foto: The Nation
An der BTS-Station Krung Thon Buri kann man nahtlos vom Skytrain in die fahrerlose „Gold Line“ (im Bild) umsteigen. Foto: The Nation

Vernetzung und Elektromobilität sind auch die bestimmenden Themen des 20-Jahres-Planes der thailändischen Regierung. Um die Luftverschmutzung in städtischen Ballungsräumen zu reduzieren und den Kohlenstoffausstoß landesweit zu senken, fördert der thailändische Staat nicht nur die Entwicklung von E-Mobilität im öffentlichen Nahverkehr, sondern auch bei Privatfahrzeugen.

Mit Steuererleichterungen

und der Förderung von Inves­titionen in den Bau von Ladestationen will sie privaten Autofahrern den Umstieg in die E-Mobilität erleichtern. Das Konzept trägt bereits erste Früchte: So prognostiziert das Kasikorn Research Centre (KResearch), dass die Verkäufe von Hybrid- (HEV) und Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen (PHEV) dieses Jahr bis zu 70 Prozent zulegen werden. KResearch schätzt, dass bis zum Jahresende 48.000 bis 50.000 HEV- und PHEV-Einheiten abgesetzt werden. Zudem sollen 4.000 bis 5.000 Elektrofahrzeuge (EV) einen Käufer finden, das wäre gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg von 210 bis 288 Prozent.

Smart und nahtlos umsteigen

Der Skytrain hat den Nahverkehr revolutioniert. In naher Zukunft soll er den nahtlosen Umstieg aufs Boot ermöglichen. Foto: BTS Skytrain
Der Skytrain hat den Nahverkehr revolutioniert. In naher Zukunft soll er den nahtlosen Umstieg aufs Boot ermöglichen. Foto: BTS Skytrain

In der Smart City von morgen sollen die Menschen intelligent transportiert werden. In Bangkok sind die Weichen für eine radikale Änderungen der Infrastruktur und des Mobilitätsangebots bereits heute gestellt. Dank verschiedener „Smart Mobility“-Ansätze wird die Fortbewegung in der Kapitale immer nahtloser, im besten Fall alles arrangiert per Klick aufs Smartphone: Bereits heute können Pendler vom elektrifizierten Schienenverkehr, wie z.B. der U-Bahn (MRT) und dem Skytrain (BTS), beinahe nahtlos in elektrische „Smart Ferrys“ umsteigen, da ausgewählte Stationen und Bootsanleger in unmittelbarer Nähe zueinander liegen.

E-Mobilität auf den Wasserwegen

Immer mehr Diesel- und Erdgasbusse werden im Kampf gegen Smog durch emissionsfreie Elektrofahrzeuge ersetzt. Foto: Tourism Authority of Thailand
Immer mehr Diesel- und Erdgasbusse werden im Kampf gegen Smog durch emissionsfreie Elektrofahrzeuge ersetzt. Foto: Tourism Authority of Thailand

Nach erfolgreichem Abschluss des Testbetriebs verkehrt seit Ende April dieses Jahres die M Smart Ferry auf der 23 Kilometer langen Strecke zwischen der Rama-V-Brücke und dem Sathon-Pier auf dem Chao-Phraya-Fluss. Die Route wird mit modernen Elektrofähren des thailändischen Herstellers Energy Absolute (EA) bedient, die mit Lithium-Ionen-Batterien angetrieben werden. Mit einer einzigen Ladung können die E-Fähren 80 bis 100 Kilometer weit fahren. Sie bieten Platz für jeweils 250 Passagiere, sind klimatisiert und verfügen sogar über ein eigenes Desinfektionssystem. Um den Fahrgästen bargeldloses Zahlen anzubieten – u.a. mit Europay, MasterCard und Visa – hat sich das Unternehmen mit der Krungthai Bank zusammengetan.

Laut EA soll die E-Flotte des Fährdienstes bis zum Jahresende 2021 von derzeit sechs auf 28 Schiffe aufgestockt werden, wodurch etwa 4,73 Millionen Liter Dieselkraftstoff pro Jahr eingespart und die Treibhausgase um fast 13.000 Tonnen pro Jahr reduziert werden können.

Die MINE Smart Ferry startet am Phra-Nang-Klao-Pier wochentags um 06.10 Uhr, 06.50 Uhr, 07.10 Uhr und 07.30 Uhr sowie samstags und sonntags um 06.30 Uhr und 07.30 Uhr. Die Rückfahrt ab dem Sathon Pier erfolgt montags bis freitags um 16.25 Uhr, 16.45 Uhr, 17.05 Uhr, 17.25 Uhr und 17.45 Uhr sowie samstags und sonntags um 16.00 Uhr und 17.00 Uhr. Ein Ticket für die einfache Fahrt kostet 20 Baht.

Dank neuer E-Boote geht es jetzt auch sauber und besonders leise über den Khlong Phadung Krung Kasem. Foto: Twitter/Weeranan
Dank neuer E-Boote geht es jetzt auch sauber und besonders leise über den Khlong Phadung Krung Kasem. Foto: Twitter/Weeranan

Etwa zeitgleich zum Start der privatwirtschaftlichen MINE Smart Ferry hat die BMA ihre benzinbetriebenen Passagierboote auf dem Khlong Phadung Krung Kasem durch umweltfreundliche E-Boote ersetzt. Sie bieten Platz für bis zu 30 Passagiere und verkehren an Wochentagen und Wochenenden vom frühen Morgen bis zum frühen Abend auf der Route zwischen den Piers Thewet und Hua Lamphong. Auch auf Thailands längstem Kanal – dem Khlong Saen Saep – sollen in naher Zukunft elektrisch betriebene Personenfähren verkehren. In Planung sind viele weitere Elektrofährverbindungen, weshalb Bangkok auf gutem Weg ist, die Elektrofähren-Hauptstadt Asiens zu werden.

Mitfahrer im E-Tuk-Tuk gesucht

Doch nicht nur auf den Wasserwegen der thailändischen Hauptstadt, auch an Land nimmt die E-Mobilität zu. Selbst das wohl bekannteste und kultigste kleine Stadtgefährt Thailands steht immer öfter unter Strom: Auch wenn Elektro-Tuk-Tuks auf den Straßen Bangkoks nichts wirklich Neues sind, dann aber die neue App MuvMi, die für Android- und iOS-Betriebssysteme kostenlos zum Download bereitsteht. Über die App kann ein Fahrgast seine gewünschte Fahrt mit festgelegten Abhol- und Rückbringpunkten über die Online-E-Tuk-Tuk-Mitfahrzentrale buchen. Eine feste Tarifstruktur gibt es bei MuvMi nicht, stattdessen ist die Fahrpreiskalkulation von bestimmten Bedingungen abhängig, z.B. ob das Tuk-Tuk voll besetzt ist oder nicht.

Selbst Bangkoks kultigen Tuk-Tuks knattern schon lange nicht mehr. Zumindest die E-Tuk-Tuks von Tuk Tuk Hop. Foto: Tuk Tuk Hop
Selbst Bangkoks kultigen Tuk-Tuks knattern schon lange nicht mehr. Zumindest die E-Tuk-Tuks von Tuk Tuk Hop. Foto: Tuk Tuk Hop

Mit Tuk Tuk Hop bietet MuvMi auch einen Hop-on-Hop-off-Service in der Altstadt Bangkoks an. Die Linien-Tuk-Tuks verkehren entlang der mittleren Sukhumvit Road sowie rund um Samyan-Siam, Ari-Intramara, Phahonyothin Road-Lat Phrao, Rattanakosin Island und Kasetsart-Sena Nikhom. Viele Haltestellen befinden sich in der Nähe von MRT-  sowie BTS-Stationen und ermöglichen einen nahtlosen Umstieg von der Straße auf die Schiene. Bis zum Jahresende 2021 will MuvMi die Zahl seiner Haltestellen verdreifachen – gestoppt wird dann an rund 6.000 Standorten!

MuvMi schätzt, dass seine derzeitige Flotte von über 100 E-Tuk-Tuks dieses Jahr 336.000 Liter Kraftstoff einsparen und weniger Kohlenstoffemissionen um 560 Kubikmeter reduzieren.

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Roland Heller 13.07.21 01:48
Wasserstoff
Was ich geschrieben habe ist kein" krasser Pessimismus" sondern einfache Physik. Deshalb setzt auch keiner der Fachleute in der Autoindustrie auf Wasserstoffantriebe, von winzigen Stückzahlen abgesehen. Das ganze bleibt einfach zu ineffizient. Zur Zeit wird mit dem Argument Wasserstoff versucht große Summen an Subventionen zu bekommen, aber hauptsächlich geht es darum die Wende zur Elektromobilität zu verzögern. Argument hört man immer " ich warte auf Wasserstoff"
Hans-Dieter Volkmann 12.07.21 14:10
Roland Heller 11.07.21 23:58
Wasserstoff als Energiequelle für z.B. Kraftfahrzeuge ist eine sehr gute Sache. Allein die Herstellung und alles was damit zusammen hängt ist heute noch ein Problem. Das aber ist doch kein Grund einen solchen krassen Pessimismus zu verbreiten. Maßgebend ist wie sich Forschung und Endwicklung zukünftig zeigen. Wenn alle Beteiligten von Forschung und Entwicklung sich so pessimistisch verhalten würden wie sich ihr Kommentar liest, dann gäbe es überhaupt keinen Fortschritt.
Jürgen Franke 12.07.21 09:50
Herr Heller, Sie haben sich offensichtlich
mit dem Thema befasst, als das zu wiederholen, was die Medien von sich geben.
Roland Heller 11.07.21 23:58
Wasserstoff
Genial auf Wasserstoff zu setzen. Durch Elektrolyse machen wir aus Strom mit Verlusten Wasserstoff. In der Wasserstofftankstelle wird er mit hohem Energieeinsatz auf ca. 900 bar komprimiert, um in den Tank zu passen. In der Brennstoffzelle wird unter Verlust daraus Strom erzeugt, der dann in die notwendige, wenn auch kleinere Batterie geladen wird. Für die Ladung direkt in die Batterie ist nicht genügend Strom da, die 3 bis 4 fache Menge mit dem Umweg über Wasserstoff ist natürlich problemlos einfach vorhanden.
Hans Wopalensky 11.07.21 14:00
Elektromobilität
Es wird wieder einmal komplett vergessen, wo der viele Strom herkommt. Bei der Erzeugung wird jede Menge CO2 ausgestoßen. Auch die Batterien sind bei der Herstellung für die Umwelt ein großes Problem. Alles in allem sollte man besser auf Wasserstoff und Brennstoffzellen setzen als auf die Batterietechnik. Zumindest bei großen Fahrzeugen wie Bussen, Schiffen und LKW.
Ingo Kerp 11.07.21 12:20
Ja, es ist absolut wichtig, sich um den überbordenden Verkehr und die Umwelt in Bangkok zu kümmern. Es wäre aber auch toll, wenn man mit der gleichen Hingabe und Leidenschaft, mit denen man Smart Cities und andere Groß- und Prestigeobjekte plant, den derzeitigen Corona-Status bekämpfen würde.