Wasserknappheit kann Frieden weltweit bedrohen

​Unesco  

Die Dürre im Jemen. Archivfoto: epa/YAHYA ARHAB
Die Dürre im Jemen. Archivfoto: epa/YAHYA ARHAB

PARIS/GENF: Verschmutztes Trinkwasser, Dürren, kein Zugang zu Sanitäreinrichtungen: Der neue Wasserbericht der Vereinten Nationen wirft einen düsteren Blick auf die Lage - hat aber auch eine Lösung parat.

Die zunehmende Wasserknappheit kann nach Ansicht der UN-Kulturorganisation Unesco Konflikte auf der ganzen Welt anfachen. «Wenn wir den Frieden bewahren wollen, müssen wir nicht nur schnell handeln, um die Wasserressourcen zu schützen, sondern auch, um die regionale und globale Zusammenarbeit in diesem Bereich zu stärken», sagte Generaldirektorin Audrey Azoulay am Freitag anlässlich der Veröffentlichung des jährlichen Unesco-Wasserberichts.

Demnach leidet etwa die Hälfte der Weltbevölkerung zumindest saisonal unter schwerer Wasserknappheit. Und mehr als zwei Milliarden Menschen leben ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Etwa 3,5 Milliarden Menschen können keine sauberen Sanitäreinrichtungen benutzen.

Das Bevölkerungswachstum ist den Angaben zufolge nicht unbedingt verantwortlich für den steigenden Wasserbedarf: Dort, wo die Bevölkerung am schnellsten wächst, ist der Pro-Kopf-Verbrauch oft am niedrigsten.

Der Süßwasserverbrauch steigt den Angaben zufolge jährlich um ein Prozent. Grund seien etwa veränderte Ernährungsgewohnheiten, hieß es. Auch wenn knapp 70 Prozent des aus dem natürlichen Kreislauf entnommenen Süßwassers auf die Landwirtschaft entfielen, seien für den steigenden Bedarf vor allem die Industrie (20 Prozent) und die Haushalte (10 Prozent) verantwortlich.

Wasserknappheit hat demnach auch negative Folgen für Frauen und Mädchen, insbesondere für deren Schulbildung. In vielen ländlichen Gebieten sind sie den Angaben zufolge für die immer zeitraubendere Wasserversorgung zuständig - worunter die Ausbildung leide. Der Wassermangel gilt dem Bericht zufolge auch als ein Treiber für Migration.

«Fast immer sind es die ärmsten und schwächsten Gruppen, deren Wohlergehen und Existenz am stärksten gefährdet sind», heißt es in dem Unesco-Bericht.

Zu einem signifikanten «Auslöser» für Konflikte hat sich Wasser zwar anders als erwartet bislang nicht entwickelt. Die Wasserknappheit hat nach Ansicht der Unesco aber das Potenzial, Streitigkeiten anzufachen. Zum Beispiel habe die Entwässerung von Sumpfgebieten in der Sahelzone in Afrika - etwa durch schlecht durchdachte Wassererschließungsprojekte - zu Streitigkeiten über den Zugang zu Wasser und fruchtbarem Land geführt.

«Unter anderem aufgrund des Klimawandels gibt es immer mehr Wasserknappheit, mehr Konflikte und es besteht die Gefahr, dass es in Zukunft auch Kriege um Wasser geben könnte», sagte Sonja Köppel, Leiterin des Sekretariats der UN-Wasserkonvention, der Deutschen Presse-Agentur. Daher empfiehlt die Unesco mehr Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Wassernutzung, etwa durch die Wasserkonvention.

Die Konvention von 1992 hilft Nachbarländern, die sich Wasserressourcen teilen, ein gemeinsames Management zu schaffen, um Konflikte zu verhindern. Sie erlebt nach Angaben von Köppel gerade einen Boom: Die Vereinbarung war ursprünglich für die Region Europa und Zentralasien konzipiert, ist seit 2016 aber für Länder in aller Welt offen. Seitdem stieg die Zahl der Mitglieder von 41 auf 52. Weitere rund 30 Länder seien im Prozess des Beitritts.

«Wir konnten in den vergangenen Jahren und sogar Jahrhunderten sehen, dass gemeinsames Wassermanagement eine Rolle als Friedensstifter gespielt hat», sagte sie. Die Anrainer des Flusses Sava - Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Serbien - hätten kurz nach dem Ende des Krieges 2002 ein internationales Abkommen geschlossen, in dem es unter anderem um den Austausch von Daten etwa über Wasserqualität und -quantität ging. Dies habe zu weiterer Kooperation geführt, etwa im Bereich Umweltschutz. «Das hat zur Befriedung der Region beigetragen.»

Engere Kooperation habe es über das Management gemeinsamer Flüsse auch zwischen der Ukraine und Moldau und zwischen Kasachstan und Kirgistan gegeben. Auch zwischen Belarus (Weißrussland) und Litauen sei es über eine anfängliche technische Kooperation gelungen, ein Protokoll über das Management eines gemeinsamen Flusses zu erarbeiten. Diese Vereinbarung liege aber wegen der politischen Lage angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zurzeit auf Eis.

153 Länder weltweit teilen sich mit Nachbarländern Wasserressourcen. Nur 24 hätten bislang bei sämtlichen Flüssen und Seen auf ihrem Gebiet Vereinbarungen mit Nachbarländern getroffen. Dazu gehöre Deutschland.

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