Obama: Proteste auf friedliche Weise nutzen

Demonstranten versammeln sich während eines Black Lives Matter-Protestes nach der tödlichen Verhaftung von George Floyd in Minneapolis. Foto: epa/James Gourley
Demonstranten versammeln sich während eines Black Lives Matter-Protestes nach der tödlichen Verhaftung von George Floyd in Minneapolis. Foto: epa/James Gourley

WASHINGTON: Ex-US-Präsident Barack Obama hat angesichts der Proteste in Amerika dazu aufgerufen, berechtigte Wut über Missstände im Land auf friedliche Weise für echte Veränderungen zu nutzen. Dann könne dieser Moment ein wirklicher Wendepunkt werden, mahnte Obama in einer schriftlichen Erklärung, die er am Montag veröffentlichte. Die Proteste seien Ausdruck einer echten und legitimen Enttäuschung über ein «jahrzehntelanges Versagen» bei der Reform von Polizei und Strafjustiz in den Vereinigten Staaten.

Seit Tagen kommt es in vielen US-Städten zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Auslöser der Proteste ist der Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota. Die Demonstrationen waren zum Teil in Gewalt ausgeartet.

Obama erklärte, Demonstrationen könnten das Bewusstsein für Missstände schärfen. Am Ende müssten Forderungen aber in Gesetze und institutionelles Handeln übertragen werden. Er mahnte daher: «Wenn wir echte Veränderungen bewirken wollen, dann gibt es nicht die Wahl zwischen Protest und Politik.» Beides sei nötig. Man müsse das Bewusstsein für Probleme schaffen, am Ende aber auch bei Wahlen dafür sorgen, dass die richtigen Kandidaten für Reformen ins Amt kämen. Dabei komme es in Fragen zu Polizei und Justiz nicht nur auf die Bundesebene an, sondern auch und gerade auf die Bundesstaatenebene und die lokale Ebene.

Der Amtsvorgänger von US-Präsident Donald Trump rief bei den Protesten zum Gewaltverzicht auf. Wer fordere, dass die Strafjustiz und die amerikanische Gesellschaft insgesamt höheren ethischen Maßstäben folgen solle, der müsse diese Maßstäbe selbst vorleben.

Tödliche Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA

Miami, Ferguson, Minneapolis - brutales Vorgehen mancher Polizisten gegen Schwarze sorgt seit Jahrzehnten für gewalttätige Proteste in den USA. Beispiele:

Miami, 1980: Ein nur mit Weißen besetztes Geschworenengericht spricht vier weiße Polizisten von der Anklage frei, sie hätten einen Schwarzen zu Tode geprügelt, der eine rote Ampel überfahren hatte. Tagelange Krawalle in Florida kosten 18 Menschen das Leben, Hunderte werden verletzt. Es sind die größten Unruhen in den USA seit der Ermordung des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King 1968.

Los Angeles, 1991: Ein Amateur-Video geht um die Welt: Es zeigt vier Polizisten, die den Afroamerikaner Rodney King nach einer Verfolgungsjagd zusammenschlagen. Ihr Freispruch führt zu Unruhen mit Dutzenden Toten. Zwei von ihnen werden in einem Revisionsverfahren 1993 zu Haftstrafen verurteilt. Das Opfer erhält eine millionenschwere Entschädigung.

Cincinnati, 2001: Tödliche Schüsse eines Polizisten auf einen unbewaffneten Schwarzen lösen schwere Unruhen im US-Staat Ohio aus. Die Behörden rufen den Notstand aus. Der getötete 19-Jährige war bei einer Kontrolle geflüchtet, der Polizist wird freigesprochen.

Oakland, 2010: Nach einem milden Urteil gegen einen weißen Ex-Polizisten kommt es in Kalifornien zu Ausschreitungen und Plünderungen. Der Mann hatte einen unbewaffneten und gefesselten Schwarzen erschossen, er wurde wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.

Ferguson, 2014: Der unbewaffnete schwarze Teenager Michael Brown wird bei St. Louis (Missouri) von einem Polizisten erschossen. Schwere Unruhen sind die Folge. Später tritt der Polizeichef von Ferguson zurück.

Baltimore, 2015: Ein Afroamerikaner stirbt an den Folgen einer Rückenverletzung. Er war in Polizeigewahrsam misshandelt worden. Im US-Staat Maryland kommt es zu schweren Krawallen.

Charlotte, 2016: Der Tod des 43 Jahre alten Keith Lamont Scott löst tagelange Proteste in North Carolina aus. Er war auf einem Parkplatz von Polizisten erschossen worden, neben ihm wird eine Waffe gefunden. Der Schütze wird freigesprochen.

Sacramento, 2018: Polizisten töten einen unbewaffneten Schwarzen mit 20 Kugeln. Sie hatten sein Smartphone für eine Schusswaffe gehalten. Laut Polizei soll der 22-Jährige Autoscheiben eingeschlagen haben. Hunderte protestieren in Kalifornien gegen Polizeigewalt.

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