Terror in Thailand: Wer und was steckt dahinter

Bombenattentat in Hua Hin: Hier starben bei zwei separaten Anschlägen Donnerstagnacht und Freitagmorgen zwei Menschen – unter den Verletzten sind auch deutsche und österreichische Urlauber. Foto: epa/Rungroj Yongkrit
Bombenattentat in Hua Hin: Hier starben bei zwei separaten Anschlägen Donnerstagnacht und Freitagmorgen zwei Menschen – unter den Verletzten sind auch deutsche und österreichische Urlauber. Foto: epa/Rungroj Yongkrit

HUA HIN/SURAT THANI: Mindestens vier Tote und 30 Schwerverletzte bei acht Bombenattentaten im Süden Thailands – die Anschlagsserie begann am Donnerstag Nachmittag im Zentrum der südwestlichen Stadt Trang, fand am Abend ihre Fortsetzung im Badeort Hua Hin und am heutigen Freitag morgen weitere Folgetaten in Surat Thani, Phuket, Trang, erneut Hua Hin und in Nakhon Si Tammarat. Wer steckt dahinter und was könnten die Motive sein?

Zunächst und vorab die einzige gute Nachricht: In den südlichen Urlaubsgebieten Phuket, Krabi und in der Provinz Surat Thani mit den Inseln Koh Samui, Phangan und Koh Tao gab es keine verletzten Urlauber. Die Badeorte werden im August von Hundertausenden von Sommertouristen bevölkert – wegen der Touristenflaute in der Türkei und in nordafrikanischen Ländern erlebt Thailand dieses Jahr einen gewaltigen Boom.

Die Mehrheit der Urlauber hat bisher kaum etwas von den Anschlägen mitbekommen, nur in Hua Hin, dem nördlichsten Großbadeort der Südregion, sorgten die zwei Bombenattentate in der Nacht des gestrigen Donnerstags gegen 22 Uhr und in den Morgenstunden des 12. August für Angst unter den ausländischen Gästen. Zwei Tote sind dort zu beklagen und unter den Verletzten sollen sich laut ersten Erkenntnissen auch drei deutsche sowie österreichische und holländische Touristen befinden.

Eine solche Serie gezielter Bombenattentate hat Thailand trotz vorhergehender schwerer Anschläge noch nicht erlebt. Staatspremier Prayuth Chan-o-cha kündigte in einem Fernsehinterview eine lückenlose Aufklärung und harte Bestrafung der Täter an. Der Junta-Führer und seit zwei Jahren amtierende Regierungschef stellte in einer ersten Stellungnahme einen Zusammenhang zwischen ‚Staatsfeinden Thailands‘ und der positiven Lage im Königreich her. Die Intention der Attentäter verrate, dass sie bewusst gegen die erfolgreiche Entwicklung in Thailand opponieren wollten.

Wie nach dem blutigen Bombenattentat auf den Erawan-Shrine in Bangkok am 17. August 2015 mit 20 Toten, darunter 14 Touristen, fühlt sich Thailands Premier Chan-o-cha persönlich angegriffen. Erst vor vier Tagen hat er mit all seiner Macht einen neuen Verfassungsentwurf sanktionieren lassen, 61 Prozent der Bevölkerung stimmten in einem umstrittenen Referendum dafür, künftige demokratische gewählte Regierungen mit einem 250 köpfigen Senat zu ergänzen. Dieser Senat, so sagen Kritiker, sei ein Instrument, um den Zugriff der Armee im Krisenfall zu legitimieren und im Hintergrund ihren Machtanspruch aufrecht zu erhalten.

Ist es ein Zufall, dass die acht jüngsten Serienattentate nur wenige Tage nach dem Referendum inszeniert worden sind? Ist es ein Zufall, dass gerade jetzt, da Thailand die stärkste Sommersaison seit Jahren verzeichnet, die Bomben dort gesetzt werden, wo die größtmögliche Aufmerksamkeit erzielt wird. Und ist es ein Zufall, dass diese Sprengsätze allesamt mit Mobiltelefonen gezündet wurden – was ziemlich deutliche Hinweise auf die Handschrift separatistischer Muslime im angespannten Süden Thailands liefern könnte?

Die vage Vermutung der Armeeregierung, unter den ‚Feinden Thailands‘ könnte auch der 2006 ins Exil geflüchtete Ex-Premier Thaksin Shinawatra stecken, hat sich bei allen bisherigen Attentaten als haltlos herausgestellt. Obwohl Thaksins Schwester Yingluck Shinawatra vor zwei Jahren als Staatsoberhaupt abgesetzt und kurz darauf von der bestehenden Armeeregierung ersetzt worden ist, spricht der zentrale Angriff auf Thailands Tourismus gegen solche Zusammenhänge.

Thaksin mobilisierte gerne über Online-Medien und wie der türkische Staatspräsident Erdogan auf Großbildleinwänden seine Anhänger. Seit mehr als zwei Jahren gab es jedoch kaum mehr spektakuläre Auftritte des nordthailändischen Expremiers. Die Armeeführung hat politischen Parteien ein Versammlungsverbot auferlegt und unterdrückte bisher erfolgreich jegliche Aktivitäten der Rothemden und ihres geistigen Führers Shinawatra im Keim. Die politische Opposition in Thailand erscheint derzeit nicht stark und radikal genug, um gezielt bei Anschlägen Chaos zu stiften.

Die Ermittlungen laufen nur wenige Stunden nach der Anschlagswelle, in Richtung Süden und in die dortigen aufständischen Provinzen Narathiwat, Yala und Pattani. Dort tobt seit 2004 ein kaum wahrgenommener Bürgerkrieg von muslimischen und separatistischen Agitatoren, die sich durch Thailands Regierungen als Bürger zweiter Klasse abgestempelt sehen. Der frühere Premier Thaksin Shinawatra hat vor 12 Jahren – und das ist von vielen vergessen worden –mit einem brutalen Armee- und Polizeieinsatz in den Unruheprovinzen den Konflikt so verschärft, dass bis zum heutigen Tag fast 7.000 Tote und doppelt so viele Verletzte zu beklagen waren.

Obwohl es erfolgsversprechende Annäherungen der Armeeregierung zu den Separatisten gibt, ist die Serie von Anschlägen in den Unruheprovinzen selbst nie abgerissen. Weil Bombenattentate und Morde in Pattani, Yala, Narathiwat oder Satun keine Weltschlagzeilen produzieren, könnten perfide Strategen eine Ausweitung beschlossen haben.

Mit logistischer und tatkräftiger Hilfe aus dem Ausland? Dieser Frage müssen die Ermittler nun zwingend nachgehen, denn wenn Touristen in den Strudel terroristischer Gewalt gezogen werden, dann droht Thailand als einem der weltbeliebtesten Urlaubsländer der Supergau. Die Ermittlungen dauern an, aber es kann für die Zukunft des Landes entscheidend sein, die wahren Hintermänner zu enttarnen und zur Strecke zu bringen. Die Hoffnung, dass diese Serienanschläge transparenter untersucht werden und eine klarere Täterzuordnung erfahren als nach dem Erawan-Bombenterror in Bangkok, die wiegt nach dem neuerlichen Angriff auf Thailand und seinen Tourismus tonnenschwer.

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Jack N.Kurt Leupi 22.12.16 17:49
Moslems oder Separatisten
Es sind eigentlich moslemische Separatisten , wie z.B. die Basken in Spanien,die für einen eigenen und unabhängigen Staat kämpfen und deshalb nicht zu vergleichen sind mit IS-Selbstmordattentätern ! Wir hatten in der Schweiz mal ähnliche Zustände , Jurassier die sich von Bern abspalteten und auch diverse Bombenattentate verübten (Meistens auf Bahnlinien) ! Auch die Katalanen in Spanien wünschen eine Abspaltung von Spanien, haben aber noch keine Attentate verübt !Und neuestens wollen auch die Venezianer weg von Italien !
Peter Maerz 13.08.16 14:02
Moslems oder Separatisten ?
Auffällig ist, dass es hier keine Selbstmord-Attentäter gibt.
Oliver Harms 13.08.16 13:07
wahlen..
haben sich die herren eigentlich mal mit den thais über die jetzige regierung unterhalten???
nur mal so,selbst die gebildeten thais(hochschulabschlüsse)wie meine frau,stehen hinter der jetzigen regierung!!warum?ganz einfach sie hoffen alle,daß das hand aufhalten für jegliche arbeit beendet wird!und für sie steht diese regierung für sicherheit so wohl wirtschaftlich als auch im kampf gegen das verbrechen in jeder form!und genau das ist das problem gewisser kreise in thailand!!sie sehen ihre fälle da von schwimmen!!!
TheO Swisshai 12.08.16 19:59
@Sitting Bull / Ein wahrer Statistikprofi
Sie holen wirklich alles aus einer Statistik, das muss ich neidlos zugeben. Ich bin fast sicher, Sie könnten mir sogar die Frauenquote unter den Getöteten nennen. Wie Sie die Zahlen würfeln und dann die passenden hervor zaubern ist wirklich faszinierend. Danach sieht man das Resultat plötzlich wie aus anderen Augen, hat aber keine Ahnung wieso.
Sitting Bull 12.08.16 19:16
@Herr Wenz
Offiziell wird von ca. 20 000 Verletzten auf beiden Seiten und ca. 6900 Toten geredet im Sueden seit 2004. Man muss da schon etwas recherchieren und mal Bilder der Anschlaege dort aufrufen. Gegen das was dort eingesetzt wird waren diese Bomben Feuerwerskoerper. Da siehts teilweise aus wie einst in Beirut. Die Mutmassungen des Herrn Gruber entbehren hier jeder Grundlage.
Sitting Bull 12.08.16 18:20
Das ist so nicht richtig....
Nicht 61% der BEVOELKERUNG, sondern ca. 31% der WAHLBERECHTIGTEN haben fuer die neue Verfassung gestimmt. Fast 50% haben gar nicht gewaehlt , viele aus Protest, und 39% der Waehler waren dagegen. Man sollte schon bei der Warheit bleiben, trotz gewisser Vorschriften.
Sitting Bull 12.08.16 18:19
Tja, Herr Gruber....
Ihr Artikel ist leider ueberholt. Krabi und Pangh Na ist nun auch dabei. Das duerfte erst der Anfang sein.