Taiwan erwartet von Scholz Klartext in China

Olaf Scholz, deutscher Bundeskanzler, in Berlin. Foto: epa/Clemens Bilan
Olaf Scholz, deutscher Bundeskanzler, in Berlin. Foto: epa/Clemens Bilan

BERLIN: Die chinesischen Drohungen gegen Taiwan werden sicher Thema bei der bevorstehenden Kanzler-Reise nach China werden. Die demokratische Inselrepublik macht vorher deutlich, was sie von Scholz erwartet.

Taiwan erwartet von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei seinem Besuch in China eine deutliche Warnung vor einer Anwendung militärischer Gewalt gegen die Inselrepublik. Der Repräsentant Taiwans in Deutschland, Jhy-Wey Shieh, würdigte in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur zwar, dass Scholz schon bei seinem letzten China-Besuch im November 2022 klare Worte an die chinesische Führung gerichtet habe. Die Drohungen gegen Taiwan hätten seitdem aber eher noch zugenommen. «Vielleicht haben die Chinesen den Schuss damals nicht so richtig verstanden.» Daher wäre es «nicht schlecht, wenn Herr Scholz das noch einmal deutlich im Klartext sagen würde».

Scholz reist am Samstag für drei Tage nach China. Er wird dort unter anderem Präsident Xi Jinping treffen. Eine Wirtschaftsdelegation begleitet den Kanzler. Außerdem werden die Minister Cem Özdemir (Agrar, Grüne), Volker Wissing (Verkehr, FDP) und Steffi Lemke (Umwelt, Grüne) teilweise dabei sein.

Taiwan hat seit 1949 eine unabhängige Regierung, aber die kommunistische Volksrepublik China betrachtet die demokratische Insel mit ihren 23 Millionen Einwohnern als Teil seines Territoriums und lehnt jede Form offizieller diplomatischer Kontakte zwischen Taiwan und anderen Ländern ab. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine wachsen die Befürchtungen, dass China sich Taiwan einverleiben könnte. Die chinesische Führung hat mehrfach mit einer Eroberung der Insel gedroht.

Shieh verwies darauf, dass eine Invasion auch sehr konkret die Interessen von Deutschland und der EU berühren würde. Da es eine große Abhängigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft von Halbleitern aus Taiwan gebe, könnte das dann von China als «wirtschaftliche, technologische Waffe» eingesetzt werden. Shieh ermutigte Scholz, den Kurs einer Verringerung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China fortzusetzen.

Er wünschte sich zudem, dass Deutschland wie die USA, Großbritannien und Frankreich militärische Präsenz in der Meerenge zwischen Taiwan und China zeigt. Im Mai sollen erneut eine Fregatte und ein Versorgungsschiff der Bundeswehr Richtung Pazifik aufbrechen, um das deutsche Interesse an der Region mit ihren wichtigen Handelswegen zu untermauern. Eine vergleichbare Mission hatte es bereits von August 2021 bis Februar 2022 gegeben. Die Fregatte «Bayern» nahm zwar an Manövern mit Bündnispartnern teil, machte um Taiwan aber einen Bogen. Das sei «enttäuschend» gewesen, sagte Shieh. Es wäre ein «Zeichen» an China, wenn das bei der bevorstehenden Mission anders wäre.

Shieh erhofft sich von Deutschland auch eine engere Zusammenarbeit mit Taiwan. «Gegenüber China hat Deutschland eine Strategie, gegenüber Taiwan hat Deutschland immer noch eine Allergie», sagte er. Unter anderem hofft der Repräsentant auf weitere Ministerbesuche auf der Insel. Er könne sich vorstellen, dass Justizminister Marco Buschmann (FDP), Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) oder auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Taiwan kommen.

Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hatte im vergangenen Jahr als erstes Mitglied der Bundesregierung seit mehr als 25 Jahren die Hauptstadt Taipeh besucht. Die Führung in Peking reagierte darauf verärgert.

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