BANGKOK: Pad Thai erfreut sich unter westlichen Urlaubern in Thailand großer Beliebtheit, doch nur wenige kennen die faszinierende Geschichte dieses leckeren thailändischen Wok-Gerichts, das aus Nudeln, Fischsoße, Garnelen, Limetten und Gewürzen besteht. Obwohl es tief mit der thailändischen Kultur und Identität verwurzelt ist, geht Pad Thai nicht auf jahrhundertealte Familienrezepte zurück, sondern wurde vor etwa 80 Jahren von einem Diktator kreiert.

Normalerweise wird in Thai-Gerichten der erlesene Siam-Reis verwendet, aber ausgerechnet das Vorzeigegericht Pad Thai, zu Deutsch „thailändisches pfannengerührtes Gericht“, besteht aus Nudeln. Die Ursprünge des Gerichts gehen auf die 1930er Jahre zurück, als Thailand unter der Regierung von Phibun Songkhram stand. Phibun war ein Militärführer, der das Land modernisieren und nationalis­tische Ideale fördern wollte. Im Rahmen seiner Bemühungen, die thailändische Kultur zu stärken, schuf er ein Nationales Rezeptbuch, in dem Pad Thai als thailändisches Nationalgericht aufgeführt war.

Bei westlichen Ausländern ist Pad Thai sehr beliebt, da es nicht so scharf ist, wie andere Thai-Gerichte.

Mit Nudeln gegen Identitätskrise

Während des Zweiten Weltkriegs erklärte Phibun, als Thailand vor einer Budget- und nationalen Identitätskrise stand, Phat Thai zum Nationalgericht. Bis 1939 war Thailand noch unter dem Namen Siam bekannt. Nach dem Militärputsch von 1933 geriet Thailand zunehmend politisch unter Druck, da benachbarte Staaten zu Kolonien europäischer Kolonialmächte wurden und Japan nach territorialer Expansion in Asien strebte. Um der Krise entgegenzuwirken und den Reiskonsum zu verringern, förderte er die Beliebtheit des Nudelgerichts, da neben ganzen auch gebrochene Reiskörner zur Herstellung von Reismehl für Reisnudeln verwendet werden konnten.

Mit Pad Thai wollte Phibun sowohl die Verwendung von einheimischen Reisnudeln fördern als auch die Unabhängigkeit Thailands von ausländischen Einflüssen betonen. Er kreierte deshalb die Kampagne „Nudeln sollen Euer Mittagsessen sein“, die eine neue gemeinsame Identität für das junge Thailand schaffen sollte, obwohl das Gericht damals noch nicht unter dem heutigen Namen „Phat Thai“ bekannt war. Das „junge Gericht“ hatte chinesische Wurzeln und wurde bereits vor langer Zeit als Kulturexport durch chinesische Einwanderer aus der südchinesischen Hokkien-Sprachregion ins Land gebracht, die zu dieser Zeit eine wichtige Rolle in der thailändischen Gesellschaft spielten.

In einer Straßenküche schmeißt die Köchin Knoblauch, Thai-Ingwer und Sojasprossen in einen riesigen Wok.

Reisexporte im Krieg erhöhen

Zusätzlich zu seiner nationalistischen Agenda hatte Phibun auch Sorge um den klammen Staatshaushalt und wollte durch höhere Reisexporte mehr Geld in die Staatskasse bringen. Um dies zu erreichen, appellierte er auf Plakaten an seine Landsleute: „Brüder und Schwestern, esst mehr Nudeln“ und „Wenn ihr Nudeln esst, können wir mehr Reis (für den Export) anbauen“. Pad Thai wurde schnell zu einem beliebten Gericht unter der thailändischen Bevölkerung, insbesondere unter Studenten und Arbeitern, die eine schnelle und erschwingliche Mahlzeit benötigten.

Robotik und Geschmack

Obwohl Pad Thai heutzutage weltweit als typisch thailändisches Gericht in Thai-Restaurants angeboten wird, stieß diese Verbreitung nicht bei allen auf Zustimmung. Insbesondere die frühere Regierungschefin Yingluck Shinawatra war entsetzt über die oft abgewandelten und verfälschten Versionen des Gerichts im Ausland und gründete den Ausschuss „Köstliche Thai-Küche“, der einen Goldstandard für die Authentizität thailändischer Gerichte festlegte. Zur Überprüfung der Echtheit von Gerichten wurde sogar ein Geschmacksroboter entwickelt, der jedoch aufgrund mangelnden Inte­resses floppte. Dennoch verdeutlichte die Entwicklung des Roboters die hohe Bedeutung, die die thailändische Küche für die Thailänder hat.