Neue Regierung kämpft um öffentliche Medien

Der neue Präsident der Polnischen Presseagentur, Bartlomiej Sienkiewicz, wurde vom Kulturminister ernannt. Foto: epa/Szymon Pulcyn Polen Aus
Der neue Präsident der Polnischen Presseagentur, Bartlomiej Sienkiewicz, wurde vom Kulturminister ernannt. Foto: epa/Szymon Pulcyn Polen Aus

WARSCHAU: In Polen setzt sich die Auseinandersetzung der politischen Lager um die öffentlich-rechtlichen Medien fort, nachdem die neue Regierung von Donald Tusk deren Führungsriegen ausgetauscht hat. Menschenrechtler sehen den Umbau unterdessen inhaltlich begründet, meldeten aber rechtliche Zweifel an.

Etwa ein Dutzend Abgeordnete der abgewählten nationalkonservativen Regierungspartei PiS verbrachten die Nacht von Donnerstag auf Freitag im Gebäude der Nachrichtenagentur PAP, wie der private Fernsehsender TVN24 berichtete. Demnach wurde der neue Leiter Marek Blonski am Betreten seines Büros gehindert.

Am Mittwoch hatte die neue proeuropäische Regierung von Donald Tusk erste Schritte unternommen, um die Kontrolle der PiS über die öffentlich-rechtlichen Medien zu beenden. Kulturminister Bartlomiej Sienkiewicz feuerte mit einem Schlag die gesamte Führung der Öffentlich-Rechtlichen. Dies betraf die Vorstandschefs und die Aufsichtsräte des Fernsehsenders TVP, des polnischen Radios sowie der Nachrichtenagentur PAP. Die Regierung Tusk wirft den Medien vor, sie hätten in den vergangenen acht Jahren unter der PiS-Regierung Parteipropaganda verbreitet. Auch internationale Organisationen hatten die einseitige Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen kritisiert.

«Die bisherige Arbeitsweise des polnischen Fernsehens, des polnischen Rundfunks und der Presseagentur PAP widerspricht in eklatanter Weise dem, was öffentliche Medien in einem demokratischen Rechtsstaat sein sollten», hieß es in einem am Freitag veröffentlichten Statement der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte. Die öffentlich-rechtlichen Sender seien unter der PiS zu Propagandaorganen geworden und hätten sich etwa an homophoben Hetzkampagnen beteiligt. Jedoch gebe es verfassungsrechtliche Zweifel, ob ein Mitglied der Regierung die Entscheidung über die personelle Besetzung der Verwaltungsorgane der öffentlich-rechtlichen Medien treffen dürfe, so die Menschenrechtler.

Bei der Wahl am 15. Oktober hatte ein von Tusk geführtes Dreierbündnis der früheren Opposition die Regierungsmehrheit errungen. Die seit 2015 regierende PiS verlor die Macht.

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