Nachrichten aus der Wirtschaft am Mittwoch

Die Europäische Kommissarin für Inneres Ylva Johansson. Foto: epa/Olivier Hoslet
Die Europäische Kommissarin für Inneres Ylva Johansson. Foto: epa/Olivier Hoslet

EU-Innenkommissarin zu Pipeline-Lecks: Mehr tun gegen Anschläge

BERLIN: EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat die mögliche Sabotage an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 als Warnruf bezeichnet. «Ich glaube, dass das wirklich auch ein Warnruf ist für uns, dass wir wirklich sehr viel mehr tun müssen, um uns selbst zu schützen gegen solche Anschläge», sagte die Schwedin am Mittwochabend im ZDF-«heute journal». Der Vorfall sei eine «Eskalation» und «eine Bedrohung». Es sei zu früh, um über mögliche Verantwortliche für die Lecks zu sprechen. «Aber soweit ich es beurteilen kann, ist es ein sehr intelligenter Anschlag, der nicht verübt worden sein kann von einer normalen Gruppe von Menschen.» Das Risiko sei groß, dass ein Staat dahinter stehe. «Wir haben natürlich einen Verdacht. Aber es ist zu früh, das abschließend zu beurteilen.»

Johansson kündigte an, dass die Kommission einen Belastungstest für die kritische Infrastruktur in Europa vorschlagen werde. «Wir werden uns jetzt an alle Mitgliedstaaten wenden und wir werden einen Belastungstest durchführen in Bezug auf die kritische Infrastruktur», sagte die Kommissarin.


Erdogan will Leitzins bis Jahresende auf einstelligen Wert senken

ISTANBUL: Der türkische Präsident hat der hohen Inflation zum Trotz erneut für eine Absenkung des Leitzinses plädiert. Man müsse den Leitzins bis Ende des Jahres auf einen einstellige Wert bringen, sagte Erdogan am Mittwochabend laut der Nachrichtenagentur Anadolu. Erst vergangene Woche hatte die türkische Notenbank den Leitzins um 1,0 Prozentpunkte auf 12,0 Prozent reduziert. Die Lira steht angesichts der sehr lockeren Geldpolitik schon seit längerem unter Druck. Sie gab nach der Entscheidung nach und stand zum Dollar so schwach wie noch nie.

Die Inflation in der Türkei hatte im August bei gut 80 Prozent gelegen. Dies war der höchste Stand seit 24 Jahren. Eigentlich wären nach ökonomischer Lehrmeinung deutliche Zinserhöhungen angesagt.


Russische Zeitung deutet US-Beteiligung an Pipeline-Lecks an

MOSKAU: Einem russischen Medienbericht zufolge könnte ein US-Hubschrauber an den Lecks in den beiden Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 beteiligt sein. «Der Mehrzweck-Helikopter MH-60R Strike Hawk hat neun Stunden lang - von 19:30 Moskauer Zeit am Sonntag dem 25. September bis 4:30 Uhr Moskauer Zeit am Montag dem 26. September über der Ostsee gekreist; etwa 250 Kilometer von der dänischen Insel Bornholm entfernt, wo der Gasaustritt festgestellt wurde», schrieb die Internetzeitung lenta.ru am Mittwoch unter Berufung auf Daten von Flightradar. Der Kampfhubschrauber könne unter anderem auch Unterwasserziele bekämpfen, betonte das als kremlnah geltende Medium.

In der Nacht zum Montag hatten die Betreiber Lecks in den beiden Gasleitungen festgestellt. Die EU und die Nato gehen von Sabotage aus. Der Kreml hatte am Mittwoch Spekulationen über eine russische Beteiligung an der Beschädigung der Pipelines als «dumm und absurd» zurückgewiesen. Moskau sieht sich selbst als Geschädigten, die Behörden haben ein Terrorismusverfahren eingeleitet und Moskau hat eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu der Frage gefordert.


USA: Nicht bereit zu Mutmaßungen über Nord-Stream-Lecks

WASHINGTON: Die US-Regierung versorgt europäische Verbündete mit ihren Erkenntnissen zu den Lecks in den Erdgas-Pipelines Nord Stream 1 und 2. Ihre Einschätzung, dass es sich «anscheinend» um einen Sabotage-Akt handele, basiere zwar hauptsächlich auf Informationen der europäischen Partner - aber auch «darauf, was wir wissen», sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Mittwoch in Washington. Nähere Angaben dazu machte er nicht und wollte auch nicht Medienberichte kommentieren, wonach US-Geheimdienste die Europäer in den vergangenen Wochen vor möglichen Attacken auf die Pipelines gewarnt hätten.

«Wir haben derzeit mehr Fragen als Antworten», sagte Außenamtssprecher Ned Price. Die US-Regierung wolle keine Mutmaßungen über mögliche Hintermänner einer Sabotage-Aktion anstellen, bis Untersuchungen an den Erdgasleitungen abgeschlossen seien. Dies könne dauern, betonte Price.

In der Nacht zum Montag war zunächst in einer der beiden Röhren der nicht genutzten Pipeline Nord Stream 2 ein starker Druckabfall festgestellt worden. Später meldete der Nord-Stream-1-Betreiber einen Druckabfall auch in diesen beiden Röhren. Dänische Behörden entdeckten schließlich insgesamt drei Lecks an den Pipelines. Mehrere Länder brachten bereits am Dienstag einen Anschlag auf die europäische Gasinfrastruktur als Ursache für die als beispiellos geltenden Schäden ins Spiel.


Pipeline-Lecks: Moskau ermittelt wegen internationalen Terrorismus

MOSKAU: Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben wegen der mutmaßlichen Sabotage an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 ein Verfahren wegen internationalen Terrorismus eingeleitet. «Nicht später als am 26.09.2022 wurden im Bereich der Insel Bornholm vorsätzliche Handlungen zur Beschädigung der auf dem Ostseeboden verlegten Gasleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 verübt», teilte die russische Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch auf ihrem Telegram-Kanal mit.

Moskau begründete den Schritt damit, dass mit der Beschädigung der Pipelines «Russland erheblicher wirtschaftlicher Schaden zugefügt» worden sei. Gazprom hat bis Ende August durch die Pipeline Nord Stream 1 Gas nach Europa gepumpt, diese Lieferungen dann aber unter Verweis auf technische Probleme, die sich wegen Sanktionen angeblich nicht lösen ließen, eingestellt. Die Bundesregierung nannte die Begründung vorgeschoben und vermutete politische Beweggründe hinter dem Lieferstopp.

Nord Stream 2 war ebenfalls mit russischem Gas befüllt. Moskau hat die Pipeline in den vergangenen Monaten immer wieder als möglichen Ersatz für Nord Stream 1 angeboten, allerdings wurde die Leitung von Deutschland nicht zertifiziert. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gilt eine Inbetriebnahme als ausgeschlossen.


Kampf gegen die Krise: Libanon ändert seinen Wechselkurs

BEIRUT: Um die desolate Wirtschaftslage im Land zu verbessern, will der Libanon einen neuen offiziellen Wechselkurs für seine Landeswährung einführen. Dies sei eine «notwendige Korrekturmaßnahme», hieß es in einer Erklärung des Finanzministeriums am Mittwoch. Der einst im Jahr 1997 eingeführte Wechselkurs hat schon lange nichts mehr mit der Realität zu tun. Damals war ein US-Dollar (heute rund 1 Euro) gut 1500 Lira wert. Nun sollen es 15.000 Lira sein. Für die libanesische Währung Lira wird vor allem außerhalb des Landes auch die Bezeichnung Pfund verwendet.

Die Währung hat im Zuge der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise in der Geschichte des Landes rund 95 Prozent ihres Werts verloren. Im Land konkurrieren inzwischen mehrere inoffizielle Wechselkurse. Auf dem Schwarzmarkt kostet ein Dollar mitunter 38.000 Lira. Der neue offizielle Wechselkurs soll ab dem 1. November gelten.

Die Vereinheitlichung des Wechselkurses gilt als eine zentrale Forderung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Das kleine Mittelmeerland verhandelt mit dem IWF über ein Rettungsprogramm. Voraussetzung für die Bewilligung der IWF-Finanzierung sind noch weitere Reformen, unter anderem bei der Zentralbank.

Beobachter bezweifeln jedoch, dass die Regierung willens und in der Lage ist, die geforderten Reformen umzusetzen. Drei Viertel der libanesischen Bevölkerung leben aufgrund der heftigen Wirtschaftskrise mittlerweile in Armut.


Wie schlimm wird der Abschwung: Institute legen Prognose vor

BERLIN: Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute legen am Donnerstag (10.00 Uhr) ihre Prognose zum erwarteten Konjunkturabschwung in Deutschland vor. Wie bereits bekannt wurde, rechnen sie mit einer Rezession und sagen für 2023 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,4 Prozent vorher. Für 2022 prognostizieren sie nur noch ein kleines Wachstum von 1,4 Prozent.

Damit bewerten sie die wirtschaftliche Lage deutlich schlechter als noch im Frühjahr. Die deutsche Wirtschaft wird zunehmend von der Energiepreiskrise und der hohen Inflation belastet.

Die sogenannte Gemeinschaftsdiagnose der Institute wird zweimal im Jahr erstellt, im Frühjahr sowie im Herbst - und zwar in diesem Jahr vom Ifo-Institut, dem Kiel Institut für Weltwirtschaft, dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle und dem RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen.


Inflation auf hohem Niveau - Deutlicher Anstieg im September erwartet

WIESBADEN: Die Inflation in Deutschland steigt und steigt. Nach dem Auslaufen von Tankrabatt und 9-Euro-Ticket Ende August rechnen Volkswirte mit einem deutlichen Sprung der Verbraucherpreise im September gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Inflationsrate könnte aus ihrer Sicht an der 10-Prozent-Marke kratzen.

Das Statistische Bundesamt gibt am Donnerstagnachmittag eine erste Schätzung zur Entwicklung der Teuerungsrate im September ab. Im August war die jährliche Rate nach zwei Monaten mit leichter Entspannung bereits auf 7,9 Prozent gestiegen.

Preissprünge bei Energie infolge des Ukraine-Krieges und steigende Lebensmittelpreise heizen die Inflation in Europas größter Volkswirtschaft seit Monaten an. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil sich diese für einen Euro weniger leisten können. Der finanzielle Spielraum der Menschen schrumpft.

Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern muss man in der Zeitreihe bis in den Winter 1973/1974 während der Ölkrise zurückgehen, um ähnlich hohe Werte zu finden.


UBA: Lecks in Nord Stream 1 und 2 führen zu großen Klimaschäden

BERLIN: Das Umweltbundesamt (UBA) ist nach den Lecks an den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 besorgt über freitretendes Methan. Nach Berechnungen der Behörde führen die Schäden zu etwa 7,5 Millionen Tonnen an sogenannten CO2-Äquivalenten. Das entspreche etwa einem Prozent der deutschen Jahres-Gesamtemissionen, teilte das UBA am Mittwoch mit. Die Berechnung stütze sich auf geschätzte Informationen zu Füllzustand und Volumen der beiden Pipelines.

Zur besseren Vergleichbarkeit werden andere Treibhausgase in CO2-Äquivalente umgerechnet. Maßstab ist ihr jeweiliger Beitrag zur Erderwärmung im Vergleich zu Kohlendioxid.

Das UBA geht davon aus, dass durch die Lecks 0,3 Millionen Tonnen Methan in die ?Atmosphäre gelangen werden. Die Deutsche Umwelthilfe forderte die Betreiber der Nord Stream-Pipelines und die deutschen Aufsichtsbehörden auf, das verbleibende Gas aus allen Strängen der Ostsee-Pipelines unverzüglich abzupumpen. «Die Lecks sind ein Superemitter-Event von unvorstellbarem Ausmaß», sagte Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner in einer Mitteilung. «Das verbleibende Gas muss sofort aus allen Pipeline-Strängen abgepumpt werden.»

Insgesamt drei Lecks waren nach ersten Druckabfällen Anfang der Woche sowohl in einer der Röhren der Nord-Stream-2-Pipeline wie auch an beiden Röhren von Nord Stream 1 entdeckt worden. Die Lecks befinden sich in der Nähe der dänischen Insel Bornholm. In der Region wurden Anfang der Woche Explosionen registriert. Die EU und die Nato gehen von Sabotage aus.


Eurokurs gefallen - EZB-Referenzkurs: 0,9565

FRANKFURT/MAIN: Der Euro-Kurs ist am Mittwoch gefallen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 0,9565 (Dienstag: 0,9644) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 1,0455 (1,0369) Euro.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,90268 (0,89275) britische Pfund, 138,39 (139,28) japanische Yen und 0,9437 (0,9503) Schweizer Franken fest.


Bundesregierung: Schaden an Pipelines hat «keine natürlich Ursache»

BERLIN: Die Bundesregierung hat nach den schweren Beschädigungen an den Gasröhren in der Ostsee Erkenntnisse, dass es «keine natürliche Ursache für diesen Vorfall geben kann». Auf die Frage, ob es sich um einen Anschlag handele, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin aber: «Ich würde das im Augenblick gar nicht beschreiben.» Wenn das Gas entwichen sei, könne der Schaden genauer untersucht werden. Es bestehe keine unmittelbare Umweltgefährdung, das Gas sei aber klimaschädlich.

Das Bundesinnenministerium erklärte zur Sicherung der Infrastruktur in Deutschland, die Maßnahmen würden immer an die Lage angepasst, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Lage. Eine «abstrakte Gefährdungslage» für die kritische Infrastruktur sei immer anzunehmen, nicht nur nach dem aktuellen Vorfall.


Deutsche Bahn erhöht Preise im Fernverkehr um fast fünf Prozent

BERLIN: Bahnreisen im Fernverkehr werden ab Mitte Dezember um durchschnittlich fast fünf Prozent teurer. Betroffen sind auch die Preise für die Bahncards 25, 50 und 100, wie der Konzern am Mittwoch mitteilte. Zuvor wurde der Aufsichtsrat über die Änderungen informiert. Demnach hebt die Bahn die sogenannten Flexpreise ab dem 11. Dezember um durchschnittlich knapp sieben Prozent an. Die Preise für die drei Bahncard-Abos, mit denen Fahrgäste pro Fahrt 25, 50 oder 100 Prozent Rabatt bekommen, steigen demnach um 4,9 Prozent.

Unverändert bleiben hingegen die Spar- und Supersparpreise. Auch die Reservierungskosten für Sitzplätze bleiben gleich. «Wie viele andere Unternehmen ist auch die DB gezwungen, auf die massiven Teuerungen mit einer Anpassung der Preise zu reagieren», hieß es. «Für den Regionalverkehr hatte der Deutschlandtarifverbund bereits Anfang September eine Anpassung der Preise von durchschnittlich 4 Prozent angekündigt.»

Die Preiserhöhungen treten zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember im Kraft.


Verbraucher in Irland erhalten Energiekostenzuschüsse

DUBLIN: In Irland erhalten Verbraucher als Reaktion auf die explodierenden Energiekosten eine Stromkostengutschrift. Die Unterstützung beträgt im November, Januar und März jeweils 200 Euro. Außerdem sollen noch vor Weihnachten die Menschen, denen bereits Heizkostenzuschüsse zustehen, zusätzlich 400 Euro erhalten. Das gab die Regierung des EU-Staats bei der Vorstellung eines beispiellosen Entlastungshaushalts im Wert von elf Milliarden Euro bekannt.

Das Maßnahmenpaket sieht ferner maximal 10.000 Euro monatlich als Energiekosten-Unterstützung für Unternehmen vor, damit sie bis zu 40 Prozent des Preisanstiegs decken können. Die auf neun Prozent gesenkte Mehrwertsteuer auf Strom und Gas wird landesweit bis mindestens Ende Februar in dieser Form bestehen bleiben.

Außerdem machen Steuersenkungen das Autofahren günstiger: Der Preis für Benzin sinkt um 21 Cent pro Liter, Diesel um 16 Cent und Gasöl um 5,4 Cent. Neben Kraftstoffen profitieren die Verbraucher bei weiteren Produkten von Steuersenkungen: So wird nun für alle Periodenartikel keine Mehrwertsteuer mehr fällig. Gleiches gilt für Medikamente zur Hormon- und zur Nikotinersatztherapie sowie für Defibrillatoren und Zeitungen in gedruckter wie digitaler Form. Die kostenlose Empfängnisverhütung wird zudem auf Frauen bis 30 Jahre ausgedehnt, bisher war das Höchstalter dafür 25.

Teurer werden hingegen Zigaretten. Der Preis für eine Packung mit 20 Glimmstängeln steigt um 50 Cent auf mindestens 15,50 Euro. Für den Tourismus- und Kultur-Sektor werden 90 Millionen Euro bereitgestellt, um die Erholung von der Corona-Pandemie zu unterstützen. Wie Finanzminister Paschal Donohoe der Zeitung «Irish Times» (Mittwoch) sagte, sei zwar für das nächste Jahr ein Wachstum «immer noch das wahrscheinlichste Szenario». Er räumte aber ein, dass Irland nun mit einem «unglaublich unsicheren Umfeld» konfrontiert sei.


Lebensmittelpreise in Großbritannien steigen so deutlich wie noch nie

LONDON: Die Lebensmittelpreise in Großbritannien sind wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine so stark gestiegen wie noch nie. Verbraucher bezahlten 10,6 Prozent mehr als noch vor einem Jahr, ergab der am Mittwoch veröffentlichte Monatsindex des Einzelhandelsverbands BRC und des Marktforschungsinstituts Nielsen IQ. Insgesamt legten demnach die Einzelhandelspreise im September um 5,7 Prozent zu, auch dies der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen 2005.

Der Krieg lasse die Kosten von Tierfutter, Dünger und Pflanzenöl weiter explodieren, hieß es. Das treffe vor allem Produkte wie Margarine. Preise für frische Lebensmittel stiegen sogar um 12,1 Prozent. Das lag auch an der langen Dürrezeit im Sommer, die einige Ernten geschmälert habe. Der häufigere Sonnenschein habe nur bei wenigen Produkten wie Beeren oder Tomaten zu niedrigeren Preisen geführt. Sogenannte Non-Food-Produkte wie Gartenartikel wurden um 3,3 Prozent teurer.

BRC-Chefin Helen Dickinson sagte, die Einzelhändler stünden wegen des schwachen Pfunds sowie steigender Preise für Energie, Rohstoffe und Transport erheblich unter Druck. Zudem sei der Arbeitsmarkt wegen fehlender Fachkräfte hart umkämpft. Im kommenden Jahr sollen zudem die Gewerbesteuern deutlich steigen. Dickinson forderte die Regierung auf, diesen Schritt zurückzunehmen. Nielsen-Experte Mike Watkins wies darauf hin, dass die Zahl der Verbraucher, die Folgen durch steigende Lebenskosten befürchten, seit dem Sommer enorm zugenommen habe. Sie würden deshalb vermutlich im Herbst weniger Geld ausgeben. Damit nehme der Druck auf den Einzelhandelssektor weiter zu, sagte Watkins.


Bank of England greift am Kapitalmarkt ein

LONDON: Die britische Notenbank stemmt sich gegen den zuletzt starken Zinsanstieg am heimischen Kapitalmarkt. Aufgrund von Störungen in diesem Marktsegment sollen ab sofort Staatspapiere mit langer Laufzeit erworben werden, wie die Bank of England am Mittwoch in London mitteilte. Eine Obergrenze wurde nicht genannt, die Käufe sollen allerdings zeitlich begrenzt bis Mitte Oktober stattfinden.

In den vergangenen Tagen sind die Zinsen von langlaufenden britischen Staatsanleihen erheblich angestiegen. Fachleute nennen als Grund die starken Steuersenkungen, die die neue Regierung von Premierministerin Liz Truss anpeilt. Befürchtet wird eine deutlich steigende Staatsschuld und eine Erhöhung der bereits sehr hohen Inflation. Beides hat sich am Kapitalmarkt in kräftig steigenden Zinsen niedergeschlagen, vor allem in den langen Laufzeiten. Am Devisenmarkt ist das britische Pfund zuletzt erheblich unter Druck geraten.

Der jetzige Eingriff am Anleihemarkt ist heikel, weil die Notenbank eigentlich in der kommenden Woche damit beginnen wollte, ihren hohen Anleihebestand zu veräußern. Der Start des geplanten Verkaufsprozesses, der zusammen mit den steigenden Leitzinsen einer geldpolitischen Straffung gleichkommt, soll auf Ende Oktober verschoben werden.


Taliban schließen Handelsvertrag mit Russland ab

KABUL: Russland hat mit den Taliban einen vorläufigen Vertrag zu Gaslieferungen nach Afghanistan unterzeichnet. Wie ein Taliban-Sprecher des Handelsministeriums am Mittwoch auf Anfrage mitteilte, geht es um eine Menge von einer halben Million Tonnen Flüssiggas pro Jahr. Dazu kommen jährliche Lieferungen von einer Million Tonnen Benzin, einer Million Tonnen Diesel und zwei Millionen Tonnen Weizen. Laut afghanischem Handelsministerium gilt der Vertrag vorerst für eine einmalige Lieferung und werde dann möglicherweise verlängert. Russlands Afghanistan-Beauftragter Samir Kabulow bestätigte das Abkommen, das neben Treibstoff- auch Getreidelieferungen umfassen soll.

Für die Taliban könnte der Vertrag das größte internationale Handelsabkommen seit ihrer Machtübernahme im August 2021 sein, die das Land in eine schwere Wirtschaftskrise gestürzt hat. Dabei hatte sich die wirtschaftliche Situation bereits in den letzten Jahren der alten Regierung kontinuierlich verschlechtert. Ein Großteil der internationalen Hilfsgelder versickerte zudem in Korruption und kam nie bei der Bevölkerung an, was maßgeblich zum Zusammenbruch der vom Westen gestützten Regierung beitrug. Mit den Taliban hat sich die Lage noch weiter verschärft. Das Land ist international isoliert und gegen die militant-islamistischen Taliban wurden aufgrund anhaltender Menschenrechtsverletzungen schwere Sanktionen verhängt.

Bisher hat kein Land die Regierung der Taliban anerkannt. Russland gehört jedoch zu den wenigen Ländern, die weiterhin mit einer Botschaft in dem Land vertreten sind.


Minister: Italiens Gasspeicher zu 90 Prozent gefüllt

ROM: Zur Vorbereitung auf den anstehenden Winter hat Italien seine Gasspeicher zur 90 Prozent gefüllt. Das teilte der Minister für den ökologischen Wandel, Roberto Cingolani, am Mittwoch mit. Das Mittelmeerland hatte diesen Füllstand als Ziel vor Ende des Herbstes ausgegeben und nun früher als gedacht erreicht. «Der Wert ermöglicht uns, nun ein noch ehrgeizigeres Ziel anzustreben», sagte Cingolani laut einer Mitteilung, «nämlich einen Speicherfüllstand von 92 bis 93 Prozent». Dadurch könnte Italien im Winter noch flexibler sein, sollten dann Spitzen im Verbrauch registriert werden.

Italien hatte vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine rund 40 Prozent seines Erdgases aus Russland erhalten. In den Monaten danach suchte Rom nach Alternativen und schloss Deals mit Lieferanten etwa in Afrika und im Mittleren Osten ab. Aktuell bekomme das Mittelmeerland noch 25 Prozent seines Gases von Moskau. Bis zum Jahr 2024 will Italien, wo die Hälfte des Stromes durch Gasverbrennung produziert wird, komplett unabhängig sein von Lieferungen aus Russland.

Die deutschen Gasspeicher sind - trotz der Ende August eingestellten russischen Lieferungen - seit Mitte September ebenfalls zu mindestens 90 Prozent gefüllt. Das war aus Daten der europäischen Speicherbetreiber hervorgegangen. Stand Montag waren demnach in der Europäischen Union die Gasspeicher insgesamt zu knapp 88 Prozent gefüllt.


Labour-Chef Starmer: Britische Wirtschaftskrise ist selbst gemacht

LIVERPOOL: Der Chef der größten britischen Oppositionspartei Labour, Keir Starmer, hat der Regierung vorgeworfen, die aktuelle wirtschaftliche Krise selbst verschuldet zu haben. Er rief den Finanzminister Kwasi Kwarteng dazu auf, die Mahnung des Internationalen Währungsfonds (IWF) hinsichtlich der in der vergangenen Woche angekündigten Steuersenkungen für Reiche ernst zu nehmen und eine Kehrtwende zu vollziehen. «Ich denke, das Statement des IWF ist sehr ernst und es zeigt, was für ein Chaos die Regierung in der Wirtschaft angerichtet hat und es ist selbst gemacht», sagte Starmer vor dem Abschluss des Labour-Parteitags in Liverpool dem Sender LBC Radio am Mittwoch.

Der IWF hatte zuvor die Pläne der konservativen Regierung in London ungewöhnlich deutlich kritisiert. Angesichts der hohen Inflation in Großbritannien und vielen anderen Ländern seien «große und ungezielte Finanzpakete» im Augenblick nicht zu empfehlen, da es wichtig sei, dass die Steuerpolitik nicht gegenläufig zur Geldpolitik wirke, teilte ein Sprecher des IWF am Dienstag mit. «Die Art und Weise der britischen Maßnahmen wird außerdem sehr wahrscheinlich die Ungleichheit vergrößern.»

Die neue Regierung von Premierministerin Liz Truss will mit den Steuersenkungen das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Nach der Ankündigung der über Schulden finanzierten Pläne war der Pfund-Kurs jedoch in den Keller gerauscht. Das hatte Ängste vor einer weiteren Inflationsspirale und höheren Zinsen ausgelöst.


Lego weiter mit hohen Gewinnen

KOPENHAGEN: Im Jahr seines 90. Geburtstags hat der dänische Bauklötzchen-Hersteller Lego in den ersten sechs Monaten erneut hohe Gewinne eingefahren. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum blieb der Betriebsgewinn mit 7,9 Milliarden dänischen Kronen (knapp 1,1 Mrd Euro) stabil. Dank großer Nachfrage stieg der Umsatz um 17 Prozent auf 27 Milliarden Kronen (rund 3,6 Mrd Euro). Das starke Umsatzwachstum habe der Lego-Gruppe geholfen, die Kosteninflation bei Rohstoffen, Energie und Fracht auszugleichen, hieß es in einer Mitteilung am Mittwoch.

«Wir haben 2022 einen guten Start gehabt und sind mit unserer Leistung sehr zufrieden, die nach einem außergewöhnlichen 2021 über unseren Erwartungen lag», sagte Lego-Chef Niels B. Christiansen laut der Mitteilung. Trotz globaler Unsicherheiten sei die Nachfrage nach den Produkten des Spielwarenherstellers weiter gestiegen. Besonders beliebt seien unter anderem die Reihen Lego Star Wars, Lego Technic und Lego City gewesen. Im ersten Halbjahr 2022 öffneten nach Angaben des Unternehmens 66 neue Lego-Geschäfte, 46 davon in China.

Lego wurde 1932 im dänischen Billund gegründet. Der Name des Unternehmens leitet sich von den dänischen Wörtern «Leg Godt» («Spiel gut») ab.


EZB-Präsidentin Lagarde: Werden Zinsen weiter erhöhen

FRANKFURT/MAIN: EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat die Entschlossenheit der Notenbank im Kampf gegen die extrem hohe Inflation bekräftigt. «Wir werden tun, was wir tun müssen. Das heißt, die Zinsen in den nächsten Sitzungen erhöhen», sagte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch zum Auftakt einer Veranstaltung von Atlantik-Brücke und Atlantic Council in Frankfurt. Wenn die EZB ihren Auftrag zur Gewährleistung von Preisstabilität nicht erfülle, «würde das der Wirtschaft viel mehr schaden».

Die Notenbank strebt für den Euroraum mittelfristig stabile Preise bei einer Inflationsrate von zwei Prozent an. Im August lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum um 9,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Vor allem stark gestiegene Energiepreise und Lieferengpässe heizen seit Monaten die Teuerung an.

Die Euro-Währungshüter hatten die steigende Inflation lange als vorübergehendes Phänomen interpretiert. Zudem gab es Sorgen, mit einer zu schnellen Normalisierung der seit Jahren ultralockeren Geldpolitik die Konjunktur abzuwürgen. «Wir haben einige Prognosefehler gemacht, wie jeder andere auch», sagte Lagarde. «Was wir jetzt sehen, ist hartnäckiger und von einer Größenordnung, die niemand erwartet hat.»

Nun versucht die EZB, mit höheren Zinsen gegenzusteuern. Nach zwei kräftigen Zinsanhebungen im Juli und September liegt der Leitzins im Euroraum inzwischen bei 1,25 Prozent. Die nächste reguläre Sitzung des EZB-Rates ist für den 27. Oktober angesetzt.


Internationaler Währungsfonds kritisiert britische Steuerpläne

LONDON: Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Wirtschaftspläne der neuen britischen Regierung ungewöhnlich deutlich kritisiert. Angesichts der hohen Inflation in Großbritannien und vielen anderen Ländern seien «große und ungezielte Finanzpakete» im Augenblick nicht zu empfehlen, da es wichtig sei, dass die Steuerpolitik nicht gegenläufig zur Geldpolitik wirke, teilte ein Sprecher des IWF am Dienstag mit. «Die Art und Weise der britischen Maßnahmen wird außerdem sehr wahrscheinlich die Ungleichheit vergrößern.»

Der neue Finanzminister Kwasi Kwarteng hatte Ende der vergangenen Woche erhebliche Steuersenkungen angekündigt, die vor allem den Reichsten in der Gesellschaft zugutekommen sollen. Die neue Regierung von Premierministerin Liz Truss will dadurch das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Nach der Ankündigung der über Schulden finanzierten Pläne war der Pfund-Kurs in den Keller gerauscht.

Mit Spannung wird erwartet, wie die britische Notenbank reagieren wird, die erst vor wenigen Tagen eine neuerliche Zinserhöhung verkündet hat. Sie teilte Anfang der Woche mit, «nicht zögern» zu wollen und wenn nötig weitere Schritte zu ergreifen. Die Regierung kündigte einen weiteren Haushaltsplan für Mitte November an. Auch darauf nahm der IWF in seinem Statement Bezug: Das Datum biete eine frühe Möglichkeit, um das Unterstützungspaket gezielter zu gestalten und die Steuerpläne anzupassen - besonders jene für die Topverdiener.


Ölpreise geben wieder nach

SINGAPUR: Nach einem kurzen Anstieg haben die Ölpreise am Mittwoch wieder nachgegeben. Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 84,80 US-Dollar. Das waren 1,47 Dollar weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 1,34 Dollar auf 77,16 Dollar.

Die Ölpreise bewegen sich damit wieder in der Nähe ihrer tiefsten Stände seit Januar. Die wichtigsten Gründe für die deutlichen Abschläge in den vergangenen Wochen sind die trüben Konjunkturaussichten und die vielerorts stark steigenden Zinsen. Hinzu kommt der starke US-Dollar, der Erdöl für Interessenten aus Ländern außerhalb des Dollarraums wechselkursbedingt verteuert und die Nachfrage drückt.

Aufgrund der fallenden Preise sind am Rohölmarkt zunehmend Spekulationen über eine Förderkürzung durch den Ölverbund Opec+ zu vernehmen. Die rund 20 Länder, angeführt von Saudi-Arabien und Russland, wollen in einer Woche über ihre Förderpolitik entscheiden.


Euro fällt erneut auf 20-jährigen Tiefstand

FRANKFURT/MAIN: Der Euro steht an den Finanzmärkten weiter unter hohem Druck. Am Mittwoch fiel die Gemeinschaftswährung mit 0,9544 US-Dollar erneut auf einen 20-jährigen Tiefstand. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstagnachmittag noch deutlich höher auf 0,9644 Dollar festgelegt.

Nach wie vor setzt der starke Dollar viele andere Währungen unter erheblichen Druck. Die US-Währung erhält Auftrieb von der allgemein unsicheren Lage, da sie als weltweite Reservewährung gilt. Hinzu kommt der straffe geldpolitische Kurs der US-Notenbank Fed, die sich mit kräftigen Zinsanhebungen gegen die hohe Inflation stemmt. Der Euro wird seinerseits durch die Energiekrise in Europa und die schwachen Konjunkturaussichten belastet.

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