Moskauer Gericht entscheidet über Straflager-Haft für Schauspieler

Foto: epa/Yuri Kochetkov
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MOSKAU (dpa) - In einem international beachteten Fall kämpft der Schauspieler Pawel Ustinow in Moskau gegen seine Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Straflager. Vor der Berufungsverhandlung meldet sich ein prominenter Jurist zu Wort. Und auch der Verurteilte hat eine Botschaft.

In seinem Kampf gegen drohende dreieinhalb Jahre Straflager hat sich der Moskauer Schauspieler Pawel Ustinow für die Freilassung politischer Gefangener in Russland ausgesprochen. Er wolle die anderen noch Inhaftierten mit allen möglichen Mitteln unterstützen und hoffe, dass sie bald wieder bei ihren Familien sein könnten, sagte der 23-Jährige in einer Videobotschaft. Ein Berufungsgericht in Moskau soll an diesem Donnerstag darüber entscheiden, ob die Verurteilung Ustinows rechtens ist.

In dem als politische Inszenierung kritisierten Verfahren sieht sich Ustinow dem Vorwurf ausgesetzt, an nicht genehmigten Oppositionsprotesten teilgenommen und einem Polizisten die Schulter ausgekugelt zu haben. Er bestreitet das und hofft auf einen Freispruch. Ustinow bezeichnete sich mehrfach als unpolitisch. Ein Video zeigt, wie er am 3. August im Moskauer Stadtzentrum auf der Straße telefoniert - plötzlich packen ihn Polizisten und werfen ihn zu Boden. Die Uniformierten nehmen ihn unter Schlagstockeinsatz fest - mit Hunderten anderen Menschen.

Die Filmaufnahmen von der Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten lösten über die Grenzen Moskaus hinaus Empörung aus. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs in Russland, Wjatscheslaw Lebedew, zeigte sich nach einem Bericht des Radiosenders Echo Moskwy verwundert über das Urteil gegen Ustinow. Demnach hat er das Video gesehen. Es sei für ihn unklar, wer den Befehl zur Festnahme des Manens gegeben habe und warum er überhaupt festgenommen wurde, so Lebedew.

Der Fall Ustinow hatte massive Proteste auch in kremltreuen Kreisen ausgelöst. Kirchenvertreter, Künstler und Politiker sprachen von einem Unrechtsurteil. Ein Gericht hatte den Schauspieler am Montag vergangener Woche zu dreieinhalb Jahren Straflager verurteilt. Der bei dem Einsatz angeblich an der Schulter verletzte Polizist erhielt eine Beförderung. Der Uniformierte hatte gegen Ustinow ausgesagt.

Erst nach beispiellosem Protest kam Ustinow am vergangenen Freitag unter Auflagen auf freien Fuß. Er hatte sich für die Welle der Solidarität in einer Videobotschaft bedankt. Außer ihm wurden bisher sechs Menschen ebenfalls wegen der Teilnahme an nicht genehmigten Protesten zu Haftstrafen verurteilt. Sieben weiteren droht noch eine Verurteilung.

Polizei und Justiz stehen seit Wochen in der Kritik, mit überzogener Härte gegen Teilnehmer der Demonstrationen vorzugehen. Bei den Protesten gegen den Ausschluss Dutzender prominenter Oppositioneller von der Stadtratswahl am 8. September hatte es Tausende Festnahmen gegeben. An diesem Sonntag ist in Moskau eine Großkundgebung für die Freilassung politischer Gefangener geplant.

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