Möglicher Anschlag mit Lkw in Berlin - Zwölf Tote, Dutzende Verletzte

Foto: epa/Michael Kappeler
Foto: epa/Michael Kappeler

BERLIN (dpa) - Bei einem möglichen Anschlag im Herzen Berlins ist ein Unbekannter am Montagabend mit einem Lastwagen auf einen Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gefahren und hat mindestens zwölf Menschen getötet. 48 Menschen lagen am frühen Dienstagmorgen zum Teil schwer verletzt in Krankenhäusern, wie die Polizei über Twitter mitteilte. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, viel spreche für einen Anschlag.

Der dunkle Lastwagen mit polnischem Kennzeichen fuhr laut Polizei gegen 20 Uhr auf einer Strecke von 50 bis 80 Metern mit hoher Geschwindigkeit über den Markt an der Gedächtniskirche und zerstörte dabei mehrere Buden.

Der nach kurzer Flucht nahe der Siegessäule im Tiergarten festgenommene mutmaßliche Fahrer könnte Pakistaner oder Afghane sein, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr. Er sei wohl im Februar als Flüchtling eingereist. Letzte Gewissheit gab es zunächst noch nicht, da der Mann unterschiedliche Namen verwendet habe und damit seine Identität nicht zweifelsfrei habe geklärt werden können.

Ein weiterer Mann, der auf dem Beifahrersitz saß, starb laut Polizei vor Ort.

Ob der Vorfall einen terroristischen oder islamistischen Hintergrund hatte, war zunächst offen. Die Polizei bat Anwohner, zuhause zu bleiben.

Es gebe ein «verheerendes Bild vor Ort», sagte ein Polizeisprecher. Umstehende berichteten dpa-Reportern, dass der Lkw Dutzende Menschen überfahren habe.

Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe übernahm die Ermittlungen. Das teilte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Abend mit.

Der Berliner «Tagesspiegel» berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, der Verdächtige sei den Ermittlern bekannt, allerdings nicht wegen eines terroristischen Hintergrundes, sondern wegen kleinerer krimineller Delikte.

Der an der Vorderseite stark demolierte Lastwagen kam am Rande der Budapester Straße zum Stehen. Dutzende Rettungswagen und viele Polizeiwagen waren vor Ort. Das Gelände wurde abgesperrt, Passanten wurden nur noch vom Weihnachtsmarkt herunter gelassen.

Der Lastwagen gehörte einer polnischen Spedition, wie deren Eigentümer Ariel Zurawski in einem Telefonat dem polnischen Sender TVN 24 sagte. Der Fahrer sei seit etwa 16 Uhr nicht mehr zu erreichen gewesen. Es handele sich um seinen Cousin, er könne seine Hand für ihn ins Feuer legen, dass er kein Attentäter sei. «Es kann einfach nicht mein Fahrer gewesen sein», sagte Zurawski zu dem Vorfall. «Ihm muss etwas angetan worden sein», mutmaßte er. «Ich stehe so unter Schock.»

Der Lastwagen hatte Stahlkonstruktionen aus Italien nach Berlin transportiert, berichtete Zurawski. Wegen einer Verzögerung habe der Fahrer bis zum Dienstag warten müssen und den Lastwagen in Berlin geparkt. Die Berliner Polizei teilte dagegen mit, es bestehe der Verdacht, dass der Sattelschlepper in Polen von einer Baustelle gestohlen worden sei.

Nach Worten von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) war die Situation am Abend unter Kontrolle. Der Regierungschef reagierte geschockt. «Was wir hier sehen, ist dramatisch», sagte Müller auf dem Breitscheidplatz. Seine Gedanken seien bei den Familien, die Tote oder Verletzte zu beklagen hätten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich bestürzt. «Wir trauern um die Toten und hoffen, dass den vielen Verletzten geholfen werden kann», teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Merkel sei mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Berlins Bürgermeister Müller in Kontakt.

Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich ebenfalls betroffen. «Das ist ein schlimmer Abend für Berlin und unser Land, der mich wie zahllose Menschen sehr bestürzt», teilte Gauck mit. Ähnlich äußerten sich Frankreichs Präsident François Hollande, Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Frankreich erhöhte die Sicherheitsvorkehrungen auf seinen Weihnachtsmärkten. Der designierte US-Präsident Donald Trump sprach schon von einem «schrecklichen Terrorangriff».

Bundesinnenminister de Maizière erklärte: «Meine Gedanken sind jetzt bei den Angehörigen der Opfer und den Verletzen des schrecklichen Vorfalls. Ich stehe in unmittelbarem und durchgehendem Austausch mit den Sicherheitsverantwortlichen im Land Berlin und habe jede Unterstützung durch die Bundespolizei angeboten.»

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, die Behörden wüssten noch nicht mit Gewissheit, was wirklich geschehen sei. «Die Sicherheitsbehörden arbeiten mit Hochdruck daran, die Unglücksstelle zu sichern und die Täter zu finden.»

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und Innensenator Andreas Geisel wollten am Dienstagmittag (13 Uhr) auf einer Pressekonferenz die Öffentlichkeit informieren.

Die Polizei schaltete ein Portal frei, über das Augenzeugen des möglichen Anschlags in Berlin Fotos und Videos hochladen können. Zuvor hatte die Polizei gebeten, kein Bildmaterial über Soziale Medien zu verbreiten oder es per Twitter an die Behörden zu senden. Auf Handy-Fotos und -Videos könnten Hinweise zu sehen sein, die den Ermittlern bei ihrer Arbeit helfen.

Bei einem Anschlag im Juli in Nizza waren 86 Menschen ums Leben gekommen, als ein Terrorist mit einem Lastwagen über die Uferpromenade der Mittelmeermetropole fuhr. Für den Anschlag hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung übernommen.

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Jack Norbert Kurt Leupi 20.12.16 13:41
"Möglicher Anschlag" mit Toten
Wie man sich die Suppe einbrockt, so muss man sie auslöffeln, möchte man fast sagen ! Aber in der heutigen Flüchtlings-Politik heisst es : Wer nicht hören will, muss fühlen ! Und wenn man ausserdem fortwährend Moralgetrieben behauptet , dass sich Flüchtlinge durch nichts aufhalten lassen, dann muss man folgerichtig einräumen , dass weder das begrenzte Schliessen der Balkanroute noch der Deal mit den Türken Erfolg haben wird ! Langsam glaube ich , dass Drogen und Politik etwas gemeinsames haben : sie nehmen Einfluss auf die Schaltkreise im Hirn ! Und die" Falsch-Geschaltenen " müssen sich dann , wenn es "verheerende Bilder vor Ort" gibt durch den Regierungssprecher vertreten , für die Toten und Verletzten ,entschuldigen , weil sich die Hauptverantwortlichen , durch den Gesichtsverlust, nicht mehr vor die Mattscheibe trauen !