Mesut Özil beendet Fußballer-Karriere

«Unglaubliche Reise»

Fenerbahces Mesut Özil reagiert in Istanbul. Archivfoto: epa/SEDAT SUNA
Fenerbahces Mesut Özil reagiert in Istanbul. Archivfoto: epa/SEDAT SUNA

BERLIN: Den WM-Pokal in den Händen, die Siegermedaille auf dem nackten Oberkörper - mit einem Bild seiner größten Stunde als Profifußballer nahm Mesut Özil Abschied von seiner Karriere. Mit 34 Jahren beendete der Weltmeister von 2014 am Mittwoch «nach reiflicher Überlegung» per sofort seine Laufbahn und grüßte per Bilderserie auch die deutsche Nationalmannschaft. Für Dankesworte an den Deutschen Fußball-Bund fand Özil indes in seinem Rücktrittsschreiben keinen Platz. Das Zerwürfnis mit Verband und Teilen der deutschen Fangemeinde wirkte beim 92-maligen Nationalspieler anscheinend bis zum letzten Tag seiner Profizeit nach.

Die Titel-Krönung von Rio war Özils größter Erfolg. «Mesut Özil war einer unserer herausragenden Nationalspieler. Er hat die Nationalmannschaft fast ein Jahrzehnt lang mitgeprägt», sagte Bundestrainer Hansi Flick. Am WM-Triumph hatte Özil enormen Anteil, stand in allen sieben Spielen in der Startelf. Vier Jahre später legte sich mit der völlig verkorksten WM in Russland und seinem geräuschvollen Abschied aus dem Nationalteam jedoch ein Schatten über die Erinnerung an Özils Auftritte als Ausnahmekönner im DFB-Trikot.

Wegen seiner Fotos mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan vor der WM-Endrunde war der gebürtige Gelsenkirchener heftig attackiert worden. Er selbst hatte später die DFB-Spitze massiv kritisiert und auch von Rassismus gesprochen. Die Affäre um Özil stand lange sinnbildlich für den Umgang des DFB mit heiklen politischen Themen, nicht unähnlich dem Desaster mit der «One Love»-Kapitänsbinde bei der jüngsten WM in Katar.

Özil indes wollte sich in seinem Rücktrittsbrief, den er auf seinen verifizierten Profilen bei Twitter, Instagram und Facebook veröffentlichte, lieber an seine Club-Stationen erinnern. «Es war eine unglaubliche Reise voller unvergesslicher Momente und Emotionen», beteuerte der ehemalige Bundesliga-Star im Rückblick auf seine 17 Jahre als Profifußballer.

Auf die Anfänge beim FC Schalke 04 und die ersten großen Auftritte bei Werder Bremen folgten eine spanische Meisterschaft mit Real Madrid und vier Pokalsiege mit dem FC Arsenal in England. «Danke an alle Fans, die mir so viel Liebe gezeigt haben, egal unter welchen Umständen und egal, bei welchem Club ich spielte», schrieb Özil.

Die Hoffnungen auf letzte Glanzmomente im Land seiner Eltern erfüllte sich dann für die sensible Fußball-Künstlerseele nicht. 2021 wechselte der bei Arsenal als Topverdiener ausgemusterte Özil zu Fenerbahce Istanbul. Dort wurde sein Vertrag im vergangenen Sommer aufgelöst, bereits seit März 2022 war er aus dem Kader ausgeschlossen. Bei Basaksehir konnte Özil zunächst wieder spielen, wurde dann aber von Verletzungsproblemen erneut zurückgeworfen.

«In den vergangenen Wochen und Monaten, in denen ich auch einige Verletzungen erlitten habe, ist es für mich immer klarer geworden, dass es Zeit ist, die große Fußballbühne zu verlassen», ließ Özil nun wissen. Gefühlvoll dankte er seiner Familie und seinen engsten Freunden, die ihn in guten wie in schlechten Zeiten unterstützt hätten. Auch für seine früheren Vereine, Trainer und die Teamgefährten, die zu Freunden geworden seien, hatte er warme Worte.

Özil sei «ein extrem guter und besondere Fußballer, der viele Erfolge feiern konnte», sagte Nationalspieler Niclas Füllkrug am Mittwoch. In seiner Zeit im Werder-Internat habe er ihn oft für die Bremer spielen sehen. DFB-Abwehrchef Antonio Rüdiger schrieb als Antwort auf Özils Rücktrittsschreiben, er werde seinen Kindern darüber erzählen, «wie privilegiert ich bin, mit einem der talentiertesten Spieler, den ich je gesehen habe, den Platz geteilt zu haben».

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michael von wob 23.03.23 17:40
@ Herbert Thielen
Die Geschichte mit Erdowahn war eine riesige Dum.....t und war für ihn ein Karrierenknick. Danach war er in D kein Thema mehr !
Norbert Kurt Leupi 23.03.23 17:00
Vielen " Stars ....
mit Allüren " ist es egal , welchen Schaden sie verursachen ! Hauptsache sie werden am Schluss vom Fussvolk noch verherrlicht !
Herbert Thielen 23.03.23 16:30
Ob der Fußballer Mesit Özil intelligent war oder nicht, @Khun M. v. Wob, entzieht sich natürlich meiner Kenntnis, da er mir privat völlig unbekannt war.
Aber möglicherweise sind sie garnicht soweit weg von der Wahrheit. Denn wenn Fußballer intelligent wären, dann würde eine ganze Branche überhaupt nicht existieren. Nämlich die der Spielerberater.
michael von wob 23.03.23 16:00
Özil war ein genialer Fußballer ,
aber als der liebe Gott die Intelligenz verteilte war er zufällig auf dem Klo.
Herbert Thielen 23.03.23 15:10
Özil beendet Karriere
Da versuche ich jetzt mal, ein wenig zu differenzieren, @Maddin, 23.03.2023, 11:45 Uhr.
Keine Frage: Die Person Mesut Özil polarisiert(e). Und dass er sich in der Vergangenheit zusammen mit dem türkischen Ministerpräsidenten hat ablichten lassen (gleich zweimal innerhalb von vier Jahren), war sicher ganz weit weg von einer positiven Außendarstellung. Aber ich glaube behaupten zu können, dass der Fußballer M.Ö. einer der brilliantesten Kicker war, den dieses Land in der jüngeren bis mittleren Vergangenheit hervorgebracht hat (geadelt u.a. auch durch CR7, der Özil als einen seiner besten Nebenleute bezeichnete). Insofern - und das unterscheidet uns in unseren Ansichten - vermisse ich ihn schon. Zumindest ein bisschen und da auch nur den Özil auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Denn von dieser Sorte Fußballer haben wir nun mal nicht soviele.
Im Übrigen, Khun Maddin - und das ist jetzt mal meine privat-persönliche Meinung - das Ansehen Deutschlands im Rest der Welt, um welches sie sich so sorgen, wird durch durch ganz andere Personenkreise in Mitleidenschaft gezogen.
Z. B. durch Teile unserer sog. Volksvertreterschaft und ihre Entscheidungen bzw. Nicht-Entscheidungen und auch durch deutsche Touristen (Achtung: keine Verallgemeinerung), die sich gelegentlich - ja, wie soll ich mich ausdrücken?? - ja eben wie deutsche Touristen benehmen.
M. f. G.