Menschenschmuggel: Die brutale Realität dahinter

Der suspendierte Armeechef von Ranong, Generalleutnant Manas Kongpaen. Er ist in Südthailand außerordentlich beliebt und war mit einer enormen Macht ausgestattet – diese scheint er skrupellos ausgenutzt zu haben.
Der suspendierte Armeechef von Ranong, Generalleutnant Manas Kongpaen. Er ist in Südthailand außerordentlich beliebt und war mit einer enormen Macht ausgestattet – diese scheint er skrupellos ausgenutzt zu haben.

RANONG: Todescamps für Rohingya-Flüchtlinge an der thailändischen und malaysischen Grenze, Tausende treiben auf verrosteten Kuttern vor den Landesküsten im Indischen Ozean, urplötzlich ein hochdekorierter 3-Sterne-General Thailands am Pranger – das Flüchtlingsdrama um entwurzelte Menschen aus Burma und Bangladesch gräbt tiefere Furchen in die Strukturen des Königreiches als bisher angenommen.

Der Vorhang um Thailands direkte Beteiligung am Elend der ärmsten der Armen hebt sich und die Bevölkerung wundert sich, mit welcher Konsequenz die amtierende Militärregierung sogar gegen eigene Mitglieder vorgeht. Generalleutnant Manas Kongpaen aus Nakhon Si Tammarat, in der Grenzstadt Ranong an der Andaman See eigentlich für die Kontrolle von Rohingya-Einwanderungswellen zuständig, ist öffentlich zur Fahndung ausgeschrieben worden.

Noch hat sich der suspendierte General nicht den Behörden gestellt. Seine Beteiligung an dem mittlerweile weltweit wahrgenommenen Flüchtlingsskandal scheint jedoch gravierend zu sein, Ermittler sprechen davon, dass Manas Kongpaen vom geachteten Armeechef der Grenzregion Ranong zu einem der führenden Köpfe eines Menschenschmugglerrings mutiert ist. Der Generalleutnant soll seine Position ausgenutzt und mit seiner militärischen Kompetenz das schmutzige Geschäft mit dem Elend der Flüchtlinge massiv unterstützt haben.

So ungeheuer dieser Vorwurf klingt und so entsetzt die thailändische Öffentlichkeit reagiert – so aktuell ist diese Realität einer Länder-übergreifenden Ausbeutung von Rohingya-Flüchtlingen und anderen burmesischen Gastarbeitern nicht. Tauchlehrer auf Koh Tao beobachteten schon vor 15 Jahren, wie sich regelmässig Flüchtlingstrecks vom Ursprungsort Ranong in Richtung Ostküste Thailands bewegten. Schlepper übernahmen die Elendsgestalten in der Hafenstadt vor der burmesischen Grenze und schmuggelten sie auf dem Landweg nach Chumphon. Dort wurden sie auf Boote verladen und nach Koh Tao oder in andere Destinationen verschifft. Dies gehörte zum Alltag. Niemanden störte das.

Dass die beiden fragwürdigen Hauptverdächtigen im Koh Tao Doppelmordfall burmesische Gastarbeiter ohne legalen Aufenthaltsstatus in Thailand sind, unterstreicht die Regelmäßigkeit einer Arbeitsmarktpolitik, die auch in vielen Urlaubsorten Südthailands gang und gäbe ist. In der Gastronomie Koh Taos, Phangans und auf Koh Samui sind burmesische Flüchtlinge eine numerische Größe. Auch in den Obst-, Kautschuk- und Palmölplantagen sieht man die rechtlosen zerlumpten Gestalten tausendfach schuften wie Galeerensklaven. Großbaustellen auf Phuket könnten ohne diese ameisenhaft eingesetzten Trupps kaum in Betrieb gehalten werden.

Dass Thailands amtierender Premierminister Prayuth Chan-o-cha mit Härte gegen die Hintermänner vorgeht und ein Mitglied seiner eigenen Armee an den Pranger stellt, scheint ein erstes Wendemanöver einer jahrzehntelangen menschenverachtenden Realität zu sein. Keine der demokratisch gewählten Regierungen hatte zuvor Handlungsbedarf gesehen. Erst die Todescamps bei Sadao in der Provinz Songkhla hatten das Scheinwerferlicht auf unfassbare, mörderische Schlepper-Praktiken gerichtet. Nicht ein einziger der Namenlosen hatte zuvor eine Chance gehabt, diesem Teufelskreis zu entrinnen.

Auch heute, am 3. Juni 2015, fahren auf Phuket, in der Provinz Nakhon Si Tammarat oder in der Inselwelt von Koh Samui wieder viele Tausend burmesischer Hilfsarbeiter an ihre Einsatzorte. Man erkennt sie unschwer auf den vollgepfropften Lkw‘s und Pickups. Sie gehören zum Straßenbild in ganz Thailand. Schon seit Jahren.

Einen Monat nach dem Auffinden der ersten Leichen an Thailands südlicher Grenze, werden sie plötzlich wahrgenommen. Es gibt sie. Schon lange. Und immer noch. Ohne eine legale Registrierung und Anerkennung ihrer Arbeitsleistung wird sich nicht viel an ihrem Status ändern. Thailand und alle Länder, die von der billigen Arbeitskraft dieser Menschen profitiert haben, müssen umdenken. Damit sie sich nicht weiter mitschuldig machen.

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Jürgen Franke 05.06.15 12:48
Lieber Judax
nur ungebildete Menschen können nicht friedlich nebeneinander Leben. Viele Regierungen bzw. Länder sorgen auch dafür, dass es so bleibt. Mit der Frauenverachtung beginnt das.
judax judaxsa 04.06.15 15:50
Der Offizier hat das fuer Geld gemacht den jeder weis das Buddisten und all die die anderen Nichtglaeubigen wie Christen niemals friedlich nebeneinander leben koennen. Es ist erstaunlich das viele islamische reiche Laender wie Qatar, UAE, Oman Kuweit etc keine dieser Fluechtlinge aufnehmen.