«Kein Land wie jedes andere» - Kampfpiloten aus Israel

Piloten und Techniker aus Israel (L) und aus Deutschland (R) stehen während der gemeinsamen deutsch-israelischen Militärübung Blue Wings 2020 in Nörvenich. Foto: epa/Sascha Steinbach
Piloten und Techniker aus Israel (L) und aus Deutschland (R) stehen während der gemeinsamen deutsch-israelischen Militärübung Blue Wings 2020 in Nörvenich. Foto: epa/Sascha Steinbach

NÖRVENICH: Zum ersten Mal übt die israelische Luftwaffe in Deutschland. Manche Wörter erinnern die Piloten unwillkürlich an Kinofilme über die Nazis. Aber das sei nicht wichtig, sagt einer von ihnen. «Wir denken jetzt an die Zukunft.»

Lautsprecher-Durchsage auf dem deutschen Luftwaffenstützpunkt Nörvenich bei Köln: «Achtung, Achtung! Hier spricht der Gefechtsstand!» Wie mag sich das für einen Israeli anhören?

Was denkt er, wenn er Wörter liest wie «Fliegerhorst», «Wache» und «Feldjäger»? Das Militär hat seine eigene Sprache, und sie hat sich seit den 1940er Jahren nur in Teilen geändert.

«Ja», räumt der israelische Pilot O., ein Oberstleutnant, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur ein. Sein Name darf aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden. Außerdem trägt er einen Helm, der seine Augen verdeckt. Nur den Mund kann man sehen. «Ja», sagt er, das sei schon etwas merkwürdig und erinnere ihn an Kinofilme über den Krieg und die Nazis. «Aber so ist nun mal das Leben. Wir denken jetzt an die Zukunft.» Dann lächelt er. Kein aufgesetztes, sondern ein sehr freundliches Lächeln.

Seit Montag sind zehn Jets der israelischen Luftwaffe zu Gast in Deutschland. Das hat es noch niemals gegeben. Ihr Stützpunkt ist der Fliegerhorst Nörvenich bei Köln. An diesem Donnerstag ist dort die Presse zu Gast - unter strengen Sicherheitsvorkehrungen.

«Es war schon etwas komisch, als die deutschen Soldaten eben mit dem Hund ankamen», sagt der Journalist Zeev Avrahami von der israelischen Zeitung «Yediot Achronot». Ein Schäferhund, der das Gepäck der Journalisten nach Sprengstoff abschnüffelt. «Natürlich wissen die Soldaten, die hierher gekommen sind, über den Holocaust Bescheid. Aber ich glaube nicht, dass sie Bitterkeit empfinden. Eher Stolz darüber, dass sie jetzt hier sind mit ihren Uniformen und Flugzeugen.»

Der israelische Oberstleutnant O. wirkt in der Tat nicht bitter. Dabei war auch seine Familie vom Holocaust betroffen. «Die Familie meiner Urgroßmutter lebte in Polen», erzählt er auf Nachfrage. «Die meisten von ihnen konnten kurz vor dem Krieg entkommen.» Einige andere kamen um. Ist es schwierig für ihn, in das Land der Täter zu kommen? «Es ist nicht schwierig», sagt er. «Aber es ist kein Land wie jedes andere.»

Der Journalist Avrahami war am Dienstag mit dabei, als einige der Piloten die KZ-Gedenkstätte Dachau besuchten. Dort sprach er mit einem Piloten, dessen Großvater das KZ überlebt hatte. «Er erzählte mir, dass es sehr besonders für ihn war, dort mit allen Ehren von den Deutschen empfangen zu werden.» Seine Maschine war Teil einer deutsch-israelischen Formation, die an Dachau vorbeiflog.

Die heutigen israelischen Piloten gehörten natürlich einer neuen Generation an, sagt Avrahami. «Meine Eltern würden keine deutschen Produkte kaufen. Aber mit ihnen hier ist es anders.» Sie machten Urlaub in Berlin. «Ehrlich gesagt glaube ich, dass sich die Deutschen viel unwohler in ihrer Haut fühlen. Ich frage mich, wieviele der deutschen Piloten schon mal einen Juden oder einen Israeli getroffen haben.»

Der deutsche Luftwaffenpilot Thomas versichert, dass der Kontakt zu den Israelis «sehr, sehr warmherzig» sei. Deutsche Soldaten werden schon seit einigen Jahren auch in Israel ausgebildet. In Zukunft soll die Kooperation noch verstärkt werden. Oberstleutnant O. ist fest entschlossen, nach Deutschland zurückzukehren. «Als Tourist. Und als Pilot.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.