Vorwürfe zu Kavanaughs Ernennung als Richter

Brett Kavanaugh. Foto: epa/Tom Williams
Brett Kavanaugh. Foto: epa/Tom Williams

WASHINGTON (dpa) - Trumps Kandidat fürs höchste US-Gericht ist weiter heftigen Missbrauchsvorwürfen ausgesetzt. Die Republikaner treiben seine Ernennung trotzdem eilig voran. Aber einer von ihnen stellt Bedingungen. Kommt es doch noch zu einer FBI-Untersuchung des Falls?

Trotz schwerer Missbrauchsvorwürfe gegen Brett Kavanaugh hat die Kandidatur des Richters für den Supreme Court der USA eine wichtige nächste Hürde genommen. Allerdings stimmten Präsident Donald Trump und die Führung der Republikaner in einer überraschenden Wende zu, dass das FBI die Anschuldigungen gegen Kavanaugh untersuchen solle. Die Bundespolizei hat dafür eine Woche Zeit. Kavanaugh ist mit Vorwürfen konfrontiert, er habe als junger Mann mehrfach Frauen sexuell belästigt. Er kündigte an, er werde mit den Ermittlern kooperieren.

Der Justizausschuss des US-Senats votierte am Freitag durch die Stimmen der Republikaner mit knapper Mehrheit dafür, dem Senat eine Berufung Kavanaughs an das höchste US-Gericht zu empfehlen. Der komplette Senat muss endgültig über die Personalie entscheiden. Der republikanische Senator Jeff Flake, der mit seiner Stimme beim Votum im Ausschuss die Mehrheit rettete, plädierte aber dafür, die Anschuldigungen gegen Kavanaugh vor der Abstimmung im Senat durch das FBI untersuchen zu lassen.

Die Führung der Konservativen stimmte dem wenig später zu und Trump wies das FBI an, eine «zusätzliche» Hintergrundüberprüfung durchzuführen. Dies müsse innerhalb von einer Woche geschehen, wie es der Senat verlangt habe, schrieb Trumps Sprecherin Sarah Sanders auf Twitter. Anschließend könnte es zu der finalen Abstimmung im Senat kommen.

Im Justizausschuss des US-Senats sitzen elf Republikaner und zehn Demokraten. Die demokratischen Senatoren stimmten dort geschlossen gegen Kavanaugh. Die Republikaner wiederum stellten sich alle hinter den Richter.

Auch Flake, der zuvor als möglicher Abweichler in den Reihen der Republikaner gegolten hatte, schloss sich der Linie seiner Parteikollegen an. Kurz vor der Abstimmung erklärte er aber überraschend, er werbe sehr dafür, die finale Abstimmung im Senat so lange abzuwarten, bis das FBI den Fall untersucht habe. Eine solche Untersuchung solle nicht länger als eine Woche dauern.

Zwei Demonstrantinnen - offenbar selbst Missbrauchsopfer - hatten Flake am Freitagmorgen im Senatsgebäude auf eindringliche Weise kritisiert, nachdem er ein Ja zu Kavanaughs Kandidatur angekündigt hatte. Sein Plädoyer für eine zusätzliche Untersuchung der Vorwürfe begründete er nun damit, dass man den Anschuldigungen konsequent nachgehen müsse. Fraglich ist aber, ob die Entscheidung dazu mehr als symbolischen Wert hat.

Am Ende ist entscheidend, ob auch im gesamten Senat eine knappe Mehrheit für Kavanaugh zustande kommt oder ob einzelne Abweichler bei der Republikanern noch dafür sorgen könnten, dass Kavanaughs Ernennung scheitert. Die Konservativen haben im Senat nur eine hauchdünne Mehrheit.

Einzelne republikanische Senatoren haben zu erkennen gegeben, dass ihnen die Missbrauchsvorwürfe zu denken geben, ob Kavanaugh der richtige Kandidat für einen der einflussreichsten Richterposten des Landes ist. Als mögliche Abweichler in den Reihen der Republikaner gelten die Senatorinnen Susan Collins und Lisa Murkowski. Auch bei Flake ist nicht klar, wie er beim Schlussvotum im Senat abstimmen wird.

Sollten die oppositionellen Demokraten im Senat geschlossen gegen eine Ernennung Kavanaughs stimmen - was als wahrscheinlich gilt - würden zwei Nein-Stimmen der Republikaner reichen, um die Ernennung Kavanaughs zu verhindern. Allerdings ist unklar, ob bei der Abstimmung möglicherweise auch noch einzelne demokratische Senatoren aus der Parteilinie ausscheren und für Kavanaugh stimmen könnten. Das Votum dürfte in jedem Fall sehr knapp ausfallen.

Trump hatte Kavanaugh im Juli als Richter für den Supreme Court vorgeschlagen. Kurz vor der Senats-Entscheidung über die Personalie waren die Vorwürfe gegen den Richter publik geworden. Mehrere Frauen beschuldigen ihn sexueller Übergriffe Anfang 80er Jahre.

Am Donnerstag hatte der Justizausschuss des Senats sowohl Kavanaugh zu den Anschuldigungen angehört als auch die Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford, die ihm eine versuchte Vergewaltigung vor mehr als 30 Jahren vorwirft. Ford hatte bei der hochemotionalen Anhörung ihre Anschuldigungen bekräftigt und Kavanaugh damit weiter unter Druck gesetzt. Der Richter hatte sich bei der Anhörung wiederum mit einem aufgebrachten Auftritt gegen die Anschuldigungen gewehrt.

Trump lobte Kavanaughs Performance am Freitag erneut und nannte dessen Auftritt vor dem Senat «unglaublich». Die Frage, ob er über einen Ersatz für Kavanaugh bei der Supreme-Court-Besetzung nachdenke, verneinte Trump klar. Er lobte zugleich Fords Auftritt und nannte sie eine glaubwürdige Zeugin. «Sie wirkt auf mich wie eine sehr anständige Frau», sagte er. Mit Blick auf das anstehende weitere Verfahren sagte Trump, er habe volles Vertrauen in den Senat.

Die Personalie ist Gegenstand einer erbitterten parteipolitischen Auseinandersetzung. Die Demokraten haben große Vorbehalte gegen den erzkonservativen Richter und hatten mit aller Macht versucht, Kavanaughs Bestätigung hinauszuzögern, bis sich nach der Zwischenwahl am 6. November möglicherweise die Mehrheitsverhältnisse im Senat ändern und Kavanaugh verhindert werden könnte. Die Personalie ist in den USA ein großes Politikum. Die Nachbesetzung mit Kavanaugh könnte dem obersten Gericht der USA auf viele Jahre ein konservatives Übergewicht geben. Die Richter dort werden auf Lebenszeit ernannt.

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TheO Swisshai 02.10.18 00:47
@Jürgen Franke / Nicht ganz
Lieber Herr Franke, das gilt nur für Männer und zwar nur für solche, die Ihre Finger nicht von den Frauen lassen können. In den USA haben inzwischen die meisten Aufzuge Kameras. Also nicht gleich übertreiben.
Jürgen Franke 01.10.18 13:02
In den USA kann es bisweilen schon
fahrlässig sein, mit einer Frau alleine im Aufzug zusammen zu sein.
TheO Swisshai 01.10.18 10:05
@Johann Riedlberger / Sonderbar
Das Gericht wird die Sachen prüfen, besonders die sonderbaren . Sollte sich herausstellen, dass an den Vorwürfen nichts dran ist und die Frauen Ihn grundlos denunziert haben, hatte er ja nichts zu befürchten, die Damen allerdings schon. Auch wenn die Taten verjährt sind, hat er kein Problem. Ich vermute, was diese Art von Missbrauchsvorwürfen angeht, vor allem solche die so lange her sind, haben Männer ein etwas anderes Rechtsverständnis wie Frauen. Männer finden es in der Regel viel weniger schlimm. Man sollte auch bedenken, dass es für Frauen bis vor ein paar Jahren überaus schwierig war, mit so etwas in die Öffentlichkeit zu gehen. Den Frauen kann und soll man jetzt aber sicher nicht den Vorwurf machen, dass Sie sich jetzt getrauen und auch nicht, dass sie sich bisher nicht getraut haben. Die Tat bleibt immer die Gleiche und auch gleich schlimm, ob sie nun vor kurzem oder langem, stattgefunden hat.
TheO Swisshai 01.10.18 09:59
@René Schnüriger / 2. Chance
Natürlich hat JEDER eine zweite Chance verdient, genauso wie JEDER für seine Untaten büssen soll, sofern das gesetzlich vorgesehen ist. Er bekommt ungestraft eine 2. Chance, wenn seine Taten verjährt sind. Sind sie das nicht, verstehe ich nicht, wieso er ungestraft davon kommen soll und alle anderen nicht. Die 2. Chance hat er dann halt nach Verbüssung seiner Strafe, wie jeder andere auch. Stellt sich heraus, dass die Damen ihn grundlos diskreditiert haben, hat er sowieso nichts zu befürchten, dafür aber die Damen. Es gibt ZIG TAUSEND Meinungen, wer, was, wie, gemacht haben könnte und ob das jetzt so schlimm ist oder vielleicht doch nicht so ! Aber es gibt nur EIN gültiges Gesetz und nur das ist entscheidend. Wer das Gesetz nicht gut findet, muss nun mal den rechtmässigen Weg gehen und versuchen eine Gesetzesänderung durchzubringen. Das gilt für alle, oder sollte wenigstens.
Mike Dong 01.10.18 09:53
Wenn jemand versucht hätte mich zu vergewaltigen, und mir dabei den Mund zugehalten hätte u ich mit Ersticken zu rechnen hatte, würde ich mich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hoch emotionell mehr als 30 Jahre daran erinnern. Das ist ganz normal u bestimmt nicht bemerkenswert.
Jürgen Franke 30.09.18 18:28
Es ist nicht nachzuvollziehen, dass derartige
Vorwürfe nach dieser Zeit überhaupt noch gerichtsrelevant werden können. Dass sich diese, "sehr anständig wirkende" Frau nach 30 Jahren heute noch "hochemotionell" an diesen Vorgang erinnern kann, ist schon ebenso merkwürdig wie bemerkenswert.
Johann Riedlberger 30.09.18 15:50
mehr als sonderbar
dass solche Vorwürfe, nach fast 4 Jahrzehnten, genau dann erhoben werden, wenn er für dieses Amt nominiert wird.