Demonstrationen für Recht auf Abtreibung

Dutzende von Menschen laufen die Pennsylvania Avenue mit dem US-Kapitol hinunter. Foto: epa/Michael Reynolds
Dutzende von Menschen laufen die Pennsylvania Avenue mit dem US-Kapitol hinunter. Foto: epa/Michael Reynolds

WASHINGTON: Der Streit über das Recht auf Abtreibung beschäftigt Gerichte und die Gesellschaft in den USA seit Jahrzehnten. Derzeit ist dieses Recht besonders in Gefahr. Ein neues Gesetz aus Texas und eine nahende Verhandlung am Obersten Gericht treiben Demonstranten auf die Straße.

Tausende Menschen haben am Samstag in der US-Hauptstadt Washington und anderen Städten des Landes für das Recht auf Abtreibung demonstriert. Zahlreiche Organisationen hatten nach eigenen Angaben zu einem «Marsch der Frauen» in mehreren Hundert Orten in allen US-Bundesstaaten aufgerufen. Auch in mehreren Städten im Bundesstaat Texas kam es zu Demonstrationen. Ein neues Abtreibungsgesetz dort sorgt derzeit für große Empörung und politische Auseinandersetzungen in den USA.

Das sogenannte Herzschlag-Gesetz aus Texas verbietet Abtreibungen, sobald der Herzschlag des Fötus festgestellt worden ist. Das kann schon in der sechsten Schwangerschaftswoche der Fall sein. Viele Frauen wissen zu diesen Zeitpunkt noch nicht, dass sie schwanger sind. Eine Ausnahme ist nur für medizinische Notfälle vorgesehen, nicht aber zum Beispiel im Fall einer Vergewaltigung.

Außergewöhnlich an der Regelung in Texas ist auch, dass sie Privatpersonen ermöglicht, zivilrechtlich gegen jene vorzugehen, die einer Frau bei einem Schwangerschaftsabbruch helfen. Damit sind Klagen gegen eine Reihe von Personen möglich - etwa gegen jemanden, der eine Betroffene zu einem Abtreibungstermin fährt, Eltern, die für eine Abtreibung zahlen oder Beschäftigte des Gesundheitswesens.

Sollte das Gesetz in Kraft bleiben, fürchten Frauenrechtsorganisationen eine regelrechte Jagd auf alle, die Schwangere bei Abtreibungen unterstützen. Auch die Regierung von Präsident Joe Biden reagierte empört und leitete juristische Schritte ein: Das US-Justizministerium verklagte den Bundesstaat Texas nach Inkrafttreten der Regelung. Zur Begründung erklärte das Ministerium, das Gesetz sei «eindeutig verfassungswidrig» und beinhalte eine beispiellose Regelung, die Privatpersonen zu «Kopfgeldjägern» mache.

Die Demonstrationen am Samstag richteten sich unter anderem gegen das neue Gesetz in Texas, aber auch gegen andere Bemühungen, Abtreibungen in den USA massiv zu beschränken. In Washington zogen die Demonstranten vor das Oberste US-Gericht. Der Supreme Court wird sich bald mit einem erneuten Versuch befassen, das aktuelle Recht auf Abtreibungen in den USA zu kippen.

Für Anfang Dezember ist dort eine mündliche Verhandlung zu einem entsprechenden Rechtsstreit aus dem Bundesstaat Mississippi angesetzt. In dem Fall wird versucht, die wegweisende Entscheidung des Obersten Gerichts aus dem Jahr 1973 rückgängig zu machen, mit der Abtreibungen landesweit für rechtens erklärt worden waren.

Ein Gesetz in Mississippi, das bisher von Gerichten blockiert wurde, verbietet Abtreibungen nach der 15. Schwangerschaftswoche. Der Bundesstaat verlangt inzwischen auch, die Supreme-Court-Entscheidung im Fall Roe v. Wade aus dem Jahr 1973 generell zurückzunehmen.

Der Streit über das Recht auf Abtreibung beschäftigt die Gerichte und die Gesellschaft in den USA seit Jahrzehnten. Es ist nicht das erste Mal, dass Roe v. Wade zu kippen droht - aber jetzt scheint die Möglichkeit so groß wie selten zuvor. Denn unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump ist der Supreme Court deutlich konservativer geworden.

Der Supreme Court hat sich auch schon mit dem Gesetz aus Texas beschäftigt. Das Oberste Gericht wies einen Eilantrag gegen die dortige Regelung ab. Zwar hat er dabei nicht in der Sache an sich geurteilt. Viele fürchten aber, dass die Entscheidung erahnen lässt, wie das Gericht im Mississippi-Fall entscheiden könnte.

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Hans-Dieter Volkmann 05.10.21 14:10
Joerg Obermeier 05.10.2021 06:30
Ich habe einen Moment darüber nachgedacht. Ja Sie haben Recht, Abtreibung wäre längst Menschenrecht. Aber genau das ist doch das große Problem. Weil Recht und Gesetz von Menschen bzw. deren Regierungen gemacht werden haben wir solche Probleme. Der Mensch ist unvollkommen (etwa nicht?) und deshalb gibt es auch keinen Anspruch alles vollkommen zu gestalten. Schaut euch doch einmal um. Jeden Tag erleben wir das an verschiedenen Orten der Welt, von irgend welchen Regenten, Despoten , Demokraten oder sonstigen, üble Entscheidungen getroffen werden. Herr Obermeier, wollen Sie sich gerne von denen ihre "Menschenrechte " gestalten lassen? Ich glaube vielmehr, Sie und viele Andere sehen keinen Ausweg. Ich schon, das ist unser Unterschied.
Hans-Dieter Volkmann 05.10.21 13:50
Michael Meier 05.10.21 03:00 Hört , hör, der
Herr Meier, es ist eine Tatsache das der Mensch, nicht alle in gleichem Maße, unter anderem durch moralisches Empfinden sich vom Tier unterscheidet. Wenn ich erwähnte : "nicht in gleichem Maße" so kann jeder Mensch dennoch sicher sein, auch mit geringen IQ-Wert , die notwendige Erkenntnis zu erreichen. Denn die ist nicht von der Intelligenz abhängig. Ich persönlich kann mit Spott leben. Kenne ich doch den Spötter und sein Herz. Ihre Ausdrucksweise: " ungewollter Bastard" zwar für ein ungewolltes Leben aber doch unschuldiges menschliches Leben, disqualifiziert Sie, moralisch. Jedenfalls weiß ich jetzt was ein Steinzeitweiser ist.
Hans-Dieter Volkmann 05.10.21 02:37
Demonstration für Recht auf Abtreibung
Ja, das ist unsere menschliche Gesellschaft im Jahre 2021. Tausende Menschen demonstrieren für ein angebliches Recht auf Abtreibung. Dabei sollten sich diese Demonstranten glücklich schätzen das sie am Leben teilhaben. Grundsätzlich: Es gibt kein Recht auf Abtreibung. Vom Augenblick der ersten Zellteilung an ist es menschliches Leben. Wer Abtreibt vernichtet menschliches Leben. Auch dann wenn noch so viele Menschen glauben ihr Körper gehöre ihnen und sie hätten entsprechende Rechte. Abgesehen davon gäbe es für eine ungewollte Schwangerschaft immer noch bessere Lösungen als die Vernichtung des heranwachsenden Lebens. Es ist für mich einfach unverständlich das sich erwachsene Menschen dafür einsetzen das das schwächste Glied in der menschlichen Gesellschaft, das ungeborene Kind, so missachtet wird
Norbert Kurt Leupi 04.10.21 17:50
Recht auf Abtreibung...
ist ein Menschenrecht ! Alle internationalen Menschenrechtsgremien erkennen Abtreibungsverbote als Diskriminierung der Rechte der Frauen an ! Nur konservative Schurkenstaaten sind gegen Abtreibungen !
Ingo Kerp 04.10.21 13:10
Erstaunlich bei Fragen zur Abtreibung ist immer, wieviele Männer sich bei dem Thema einschalten und sogar darüber urteilen. Männer bekommen keine Kinder, auch nach einer Vergewaltigung nicht. Wenn die Frauen Pech haben, entscheidet sich der Supreme Court für ein Abtreibungsverbot, da Trump die letzten konservativen Richter:innen eingesetzt hat.