Auch im Theravada-Buddhismus gibt es einen Gedenktag für die Verstorbenen: den Wan Sart-(Wan Saart) Tag, oder in anderen Schreibweisen auch Sart Thai oder Thai Sart genannt. Der Theravada (nach der altindischen Sprache Pali: die Schule der Ältesten) ist übrigens die älteste noch existierende Schultradition des Buddhismus, der seine Abstammung auf jene Mönchsgemeinde zurückführt, die zu den ersten Anhängern des Buddha gehörte.
Auch das Wort Sart entstammt der altindischen Sprache Pali und wird von der Bedeutung her als Saison, Herbstzeit oder auch Fall der Jahreszeit beschrieben. Da es in Thailand jedoch wegen seiner geographischen Lage keine Jahreszeiten im westlichen Sinne gibt, wird es heute in der Regel mit solchen Festtagen in Verbindung gebracht, die mit Geistern oder Verstorbenen assoziiert werden.
Der Wan Sart-Tag, an dem man also die Verstorbenen ehrt, ist zwar kein offizieller Gedenktag in Thailand und wird deshalb auch nicht von allen Thais begangen, wird aber vor allem in den ländlichen Regionen noch von der Mehrheit der Bevölkerung gewürdigt. Für alle Angehörigen und Freunde ist es ein besonderer Anlass, der verstorbenen Verwandten und Freunde in Trauer und Erinnerung zu gedenken. Dabei wird der Tod im thailändischen Buddhismus nicht als das Ende des Lebens angesehen, sondern er ist vielmehr nur ein Zyklus des Lebens. So nimmt man deshalb auch an, dass alle Verdienste verstorbener Familienmitglieder auch in irgendeiner Weise den noch lebenden Familienangehörigen zugutekommen können.
In diesem Jahr wird Wan Sart am 17. September begangen. Die Bilder der Verstorbenen zu Hause, aber auch die an Urnengräbern angebrachten, werden gereinigt und mit frischen bunten Blumengirlanden geschmückt, Kerzen und Räucherstäbchen werden vor den Bildern entzündet, es folgt ein Gebet, und mit einem Wai verabschiedet man sich schließlich für ein weiteres Jahr von den Verstorbenen, um im nächsten Jahr die Prozedur zu wiederholen. Auch im Tempel wird mit gemeinsamen Gebeten der Toten gedacht.
Eine Besonderheit während des Wan Sart-Tages ist Krayasart, ein süßes Dessert, das aus Reis, Erdnüssen, Sesam und Zucker oder Honig zubereitet wird. All diese Zutaten werden zu einer klebrigen Paste gekocht und dann in Bananenblätter eingewickelt. Früher war es üblich, dass jede Familie ihre eigenen Krayasart zubereitete, aber mittlerweile gibt es dieses Dessert auch in den meisten Thai-Markets und Supermärkten zu kaufen. Zum Zeichen ihres Respekts überbringen die Thais am Wan Sart diese Süßspeise nicht nur ihren Verwandten, Freunden und Nachbarn, sondern auch den Mönchen im Tempel. Würden sie dies nicht tun, so glauben sie, hätten ihre toten Verwandten nichts zu essen, und sie würden wegen ihrer Undankbarkeit gegenüber ihren Vorfahren in Ungnade fallen. Am Wan Sart-Feiertag, so hoffen sie, können sie sich auf diese Weise auch Verdienste für sich selbst und damit zur Aufbesserung des eigenen Karmas erwerben.