Wenn Zähne auf Reisen gehen

Die Qualität thailändischer Zahnärzte ist nicht unbedingt schlechter

Eine beliebte Adresse für Zahntouristen ist Thailand. Je nach Zahnersatz sind bis zu 50 Prozent an Ersparnis möglich.
Eine beliebte Adresse für Zahntouristen ist Thailand. Je nach Zahnersatz sind bis zu 50 Prozent an Ersparnis möglich.

Gesunde Zähne sind nicht nur eine Sache der Sorgfalt, sondern auch eine des Geldes. Das gilt insbesondere für den Zahnersatz. Denn werden aufwendige Behandlungen notwendig, kann das für den Patienten schnell teuer werden. Grund dafür sind vor allem die hohen Material- und Laborkosten in Westeuropa. Daher suchen immer mehr Menschen im Ausland nach günstigeren Alternativen.

Die Einsparmöglichkeiten sind enorm. Zahnersatz aus Billiglohnländern kostet manchmal bis zu 70 Prozent weniger als z. B. in Deutschland. Nicht selten wird ein Zahnarztbesuch im Ausland auchmit einem Urlaub verbunden. Zahntourismus liegt im Trend, ebenso der Import von Zahnersatz.

Doch spricht etwas dagegen, sich im Ausland möglichst billig mit Brücken, Kronen oder Inlays einzudecken Und welche Risiken geht jemand ein, der seinen Zahnersatz aus einem ausländischen Dentallabor kommen lässt

Thailand gilt ebenso wie Tschechien, Polen, Ungarn, Kroatien oder die Türkei als zahntouristisches Billigland. Wer sich in Pattaya seinen Zahnersatz fertigen und auch einbauen lässt, kanndurchaus 50 Prozent sparen. Die Kosten richten sich nach dem Materialaufwand. Umso mehr Zahngold verarbeitet wird, umso geringer ist die Ersparnis im Vergleich zu den in Westeuropa üblichenAbrechnungen. Denn der Preis für das Edelmetall unterscheidet sich weltweit nur geringfügig.

Zu beachten ist jedoch, dass deutsche Kassenpatienten Zahnbehandlungen, die in Nicht-EU-Ländern erfolgen, in der Regel komplett selbst zahlen müssen. Das war nicht immer so. Noch Ende der 90erJahre bezuschussten deutsche Krankenversicherungen die in Thailand beim Zahnarztbesuch entstandenen Ausgaben. Doch dann strich die rot-grüne Regierung den Zahntourismus nach Asien aus dem Leistungskatalog.

„Schon damals“, erinnert sich Michael Schlatter, „konnten Kassenpatienten nur einfache Arbeiten abrechnen. Eine Luxusausführung durften sie nicht in Rechnung stellen.“ Der Deutsche stellt seitvielen Jahren in seiner German Dental Co. an der Thappraya Road Zahnersatz her und beziffert den damaligen Anteil von Kassenpatienten auf nur fünf Prozent seiner Kundschaft. Heute sind esausschliesslich Privatpatienten, vornehmlich aus den drei deutschsprachigen Ländern.

Vor ReisebeginnKontakt aufnehmen

Obwohl der Zahntourismus in Staaten ausserhalb der EU abgeschafft wurde, erkennen einige Kranken-kassen dann und wann Rechnungen aus Thailand an. Dann nämlich, wenn die Versicherungen beimgeset-zlich festgelegten Festzuschuss (60 Prozent, der Versicherte zahlt 40 Prozent der Gesamtkosten) erheblich sparen können. Deutschen ist zu empfehlen, vor einem Thailandurlaub bei ihrer Kasse vorzu-sprechen und nachzufragen, ob es für in Pattaya eingesetzten Zahnersatz und Implantate einen Zuschuss gibt. Hilfreich ist es, auf Grundlage des Heil- und Kostenplans des deutschen Zahnarztes einen Kosten-voranschlag des ausländischen Zahnarztes einzuholen und diesen bei der Kasse einzureichen.

Genehmigt die Krankenkasse die Auslandsbehandlung, so geht der Patient zunächst zwar in Vorleistung, bekommt aber später die anrechnungsfähigen Behandlungskosten zurückerstattet.

Im Internet lassen sich zahlreiche Seiten mit Angeboten und Informationen zu den Leistungskatalogen ausländischer Zahnärzte und Zahnkliniken finden. Oftmals kann man sich hier auch per E-Maileinen Kostenvoranschlag für die benötigte Zahnbehandlung zukommen lassen. So lassen sich Preisunterschiede leicht feststellen.

An zahnärztlichen Leistungen, die innerhalb der EU-Grenzen erfolgen, müssen sich die gesetzlichen Krankenkassen aber beteiligen. Grundlage hierfür sind zwei Urteile des EuropäischenGerichtshofs (Az.: C-120/95 und C-158/96), nach denen sich jeder EU-Bürger in allen Mitgliedsländern behandeln lassen darf. Die Kosten dafür sind im Heimatland erstattungsfähig.

Das heisst, dass die Krankenkassen den Festzuschuss, der dem Versicherten auch bei Leistungen in Deutschland zustehen würde, zahlen. Damit wurde Zahntourismus nach Polen, Ungarn und Tschechienmit dem EU-Beitrittt der Länder am 1. Mai noch interessanter.

Seit einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom Mai 2003, der die ambulante Arztbehandlung im EU-Ausland ohne Genehmigung der gesetzlichen Krankenkassen möglich gemacht hat, ist der Wegzur Prothese im Ausland wesentlich unbürokratischer geworden.

Schwieriger ist es, verlässliche Informationen über die Qualität eines thailändischen Zahnarztes zu bekommen. Hier kann der Tipp eines zufriedenen Bekannten helfen, der bereits Zahnersatz ausThailand hat. Ein gewisses Risiko, an einen vergleichsweise nicht so guten Zahnarzt wie in der Heimat zu geraten, ist jedoch immer vorhanden.

Allerdings ist die Qualität zahnärztlicher Leistungen in Thailand nicht zwingend schlechter als in Deutschland. Die thailändische Zahnmedizin hat grundsätzlich einen hohen Standard. Das Problemsind vielmehr manche Behandlungszentren in Touristenzentren, die rein nach wirtschaftlichen Kriterien arbeiten und nicht genügend auf die notwendige medizinische Sorgfalt achten.

Auch sollten etwaige Folgekosten gut überlegt sein. Zahnersatz muss häufig noch einmal nachbehandelt werden (deshalb empfiehlt sich für Patienten in Pattaya ein längerer Urlaub). Der deutsche Zahnarzt wird zwar im Notfall bei Schmerzen helfen, aber bei anderen Arbeiten vermutlich auf den Kollegen im Ausland verweisen, der den Zahnersatz erstellt hat.

Das heisst: Zur kostenlosen Nachbearbeitung müsste erneut ins Ausland gereist werden. Nachkorrekturen können schnell ins Geld gehen und den vermeintlichen Gewinn rasch aufzehren.

Eine Garantie auf seine Arbeit und den eingesetzten Zahnersatz gibt der deutsche Zahnarzt Dr. Ramin nicht nur in seiner Praxis in Pattaya. Alle Patienten, die nach ihrer Rückkehr in ihrHeimatland Probleme haben, werden in der Münchner Praxis von Dr. Ramin behandelt. So schliesst der Dentist Probleme mit Garantie- bzw. Gewährleistungsansprüchen aus.

Weniger risikoreich als der Zahntourismus und trotzdem günstig ist der Import von Zahnersatz. Zahlreiche deutsche Dentallabore arbeiten auf fester vertraglicher Basis mit ausländischen Laborbetrieben zusammen, die aufgrund billigerer Arbeitslöhne den Zahnersatz auch preisgünstiger herstellen können. Meist befinden sich solche Dentallabore in der Türkei, in den osteuropäischenGrenzstaaten oder im asiatischen Raum wie etwa in China oder Thailand.

In der eine Autostunde von Pattaya entfernten Stadt Rayong fertigen acht Mitarbeiter, darunter ein deutscher Zahntechnikermeister und eine deutsche Zahntechnikerin, Zahnersatz. ROFIInternational Dental-technics besteht seit 1998 und beliefert Zahnärzte in Deutschland, den USA sowie in Bangkok und Pattaya. Im Touristenzentrum sind es 15 Dentisten, darunter auch derDeutsche Dr. Ramin.

Die ausländischen Dentallabore erhalten auf Wunsch des Patienten von einem deutschen Labor den Auftrag, den Zahnersatz gemäss Anweisung zu fertigen. Je nach Bedarf sind so Einsparungen von biszu 50 Prozent möglich. Das Prozedere sieht in etwa folgendermassen aus:

Der heimische Zahnarzt nimmt einen Abdruck für den benötigten Zahnersatz und schickt ihn an ein mit dem Ausland kooperierendes Dentallabor. Dort werden alle Vorbereitungen für die Herstellungdes Zahnersatzes getroffen. Ein Modell wird gegossen und auf dem Auftragsformular die genauen Anweisungen des Zahnarztes übersetzt. Erst dann wird alles zusammen auf Reisen geschickt.

Kommt der fertige Zahnersatz aus dem Ausland zurück, prüft das deutsche Labor die Arbeiten des Kooperationspartners. Denn laut Medizinproduktgesetz ist das deutsche Labor im Regressfall der Ansprechpartner. Es haftet fünf Jahre lang für den im Ausland gefertigten Zahnersatz. Dieser wird schliesslich vom Zahnarzt eingesetzt, und sitzt nicht alles sofort perfekt, wird im deutschen Labor noch einmal nachgebessert. Aufgrund der Produkthaftung entstehen hierbei keine zusätzlichen Kosten.

Da sich auf diese Weise gutes Geld sparen lässt, sowohl für den Patienten als auch für die Krankenkassen, unterstützen diese den Import von Zahnersatz grundsätzlich gerne. Wegen der niedrigeren Preise sind einige Kassen sogar dazu übergegangen, direkte Verträge mit Auslandslaboren abzuschliessen.

Einziges Problem bei den Billigimporten: Nicht jeder Zahnarzt macht mit. Denn letztendlich ist er es, der die Endkontrolle vornimmt. Damit ist auch er in der Haftung, nämlich mit der gesetzlichvorgeschriebenen Garantiezeit von zwei Jahren.

Die Sorge, dass Zahnersatz im Ausland nach weniger strengen Qualitätsregeln hergestellt wird als in Deutschland, ist nicht berechtigt. Denn egal, ob das Dentallabor innerhalb oder ausserhalbder EU-Grenzen angesiedelt ist, sind Kooperationen nur mit nach ISO 9002 zertifizierten Dentallaboren erlaubt. Und auch der gelieferte Zahnersatz muss den Anforderungen der europäischenRichtlinie (93/42/EWG) über Medizin-produkte gerecht werden. Hierzu legt der Hersteller eine so genannte Konformitätserklärung ab und gibt sich mit regelmässigen Qualitätskontrolleneinverstanden.

Selbst bei den Materialien - also Metalle, Porzellane, Kunststoffe - sind westeuropäische Standards gewahrt. Häufig werden sogar Werkstoffe deutscher Firmen zur Fertigung des Zahnersatzesverarbeitet, so bei ROFI in Rayong.

Auskunft darüber, welche Materialien im einzelnen verwendet wurden, gibt ein Material- bzw. Prothetikpass, der dem Patienten bei der Endauslieferung übergeben wird. Auch der Name desausländischen Labors wird hier vermerkt. Der Materialpass bietet so eine zusätzliche Sicherheit für Patient und Zahnarzt, falls es mal Probleme mit dem Billigimport geben sollte. Muss etwa einneuer Zahnersatz hergestellt werden, zeigen sich Allergien oder wird der Arzt gewechselt, gibt der Pass auch nach Jahren noch die Möglichkeit, den jeweiligen Werkstoff zu bestimmen.

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