Waldbrände - Feuerhölle mit bislang 20 Toten

Ein Luftbild, aufgenommen mit einer Drohne, zeigt das Bunkergebiet nach einem Waldbrand im Dorf Avantas, Alexandroupolis, Thrakien. Foto: epa/Dimitris Alexoudis
Ein Luftbild, aufgenommen mit einer Drohne, zeigt das Bunkergebiet nach einem Waldbrand im Dorf Avantas, Alexandroupolis, Thrakien. Foto: epa/Dimitris Alexoudis

ATHEN: Todesopfer bei den Bränden in Griechenland: In den Wäldern von Dadia werden in einer Hütte 18 verbrannte Leichen entdeckt, wahrscheinlich Migranten. Die Sorge der Menschen im Land wächst - und immer neue Brände flammen auf.

Angst, Beklemmung, im Grunde Weltuntergangsstimmung - diese Gefühle haben am Dienstag viele Menschen in Griechenland begleitet. In weiten Teilen des Landes wurde die Sonne von dichtem Rauch verdeckt. Der Wind hatte ihn von den gewaltigen Waldbränden im Nationalpark Dadia hoch im Nordosten quer über das Land geschickt. In Dadia müssen sich allerdings noch weitaus schlimmere Dramen abgespielt haben Dort stieß die Polizei am Dienstag in einer Hütte auf 18 verbrannte Leichen, wahrscheinlich Migranten. So stieg die Zahl der Toten seit Montag insgesamt auf 20.

Und es ist kein Ende der Brände in Sicht: Immer wieder entflammten am Dienstag überall im Land neue Brandherde. Bestehende Feuerfronten breiteten sich derweil rasend schnell aus - angetrieben durch den für die Jahreszeit in der Region typischen starken Wind «Meltemi», der teils für Sturmböen sorgte.

Besonders stark und großflächig brannte es im Nationalpark Dadia im Nordosten des Landes. Als Tragödie bezeichneten griechische Medien den traurigen Fund der vielen Toten in einer Hütte nahe der Ortschaft Avas. Dort entdeckten die Brandbekämpfer die 18 verbrannten Leichen. «Da niemand vermisst wird, gehen wir davon aus, dass es sich um illegale Einwanderer handelt», sagte Feuerwehrsprecher Giannis Artopoios dem Staatssender ERT. Eine Untersuchung sei eingeleitet worden.

Im Waldgebiet von Dadia verstecken sich immer wieder Migranten, die illegal aus der Türkei über den Grenzfluss Evros nach Griechenland eingereist sind. Von dort hoffen sie weiter nach Mitteleuropa zu gelangen. Wie viele Menschen sich dort noch aufhalten und gefährdet sein könnten, ist völlig unklar. Bereits am Dienstagvormittag war in den Wäldern die Leiche eines mutmaßlichen Migranten gefunden worden.

Derweil überschlugen sich im Laufe des Dienstags die Nachrichten zur Entwicklung der Brände im ganzen Land: Zum Teil im Minutentakt wurden neue Feuer gemeldet und landesweit Dörfer und Siedlungen in der Nähe großer Brände evakuiert. Die Vereinten Nationen zeigten sich bestürzt über den Leichenfund und der Feuersituation weltweit: «Wir haben sie an Orten gesehen, an denen sie selten vorkommen, wie zum Beispiel auf Hawaii. Wir sehen sie in Kanada, wir sehen sie auf Teneriffa, wir sehen Rekordtemperaturen in ganz Südeuropa - ein weiterer Ausdruck der tödlichen Auswirkungen des Klimawandels», sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stephane Dujarric, am Dienstag in New York.

Besonders schlimm war die Situation weiterhin rund um die Hafenstadt Alexandroupolis im Nordosten Griechenlands. Dort brannte es den vierten Tag in Folge, Schritt für Schritt mussten immer neue Ortschaften evakuiert werden. Häuser und Ställe verbrannten. Am Nachmittag retteten Patrouillenboote der Küstenwache auf dem Wasserweg rund 40 Menschen, die in ihrer Not an Strände geflüchtet waren. «Das Ausmaß der Brände von Alexandroupolis übersteigt jeden Brandbekämpfungs-Mechanismus», bilanzierte ein Feuerwehrsprecher gegenüber dem Sender Skai. Soll heißen: Es geht kaum noch darum, das Feuer unter Kontrolle zu bringen, sondern nur noch darum, Menschenleben zu retten.

Landesweit waren weiterhin mindestens fünf Feuerfronten sehr groß und nicht unter Kontrolle. In den betroffenen Gebieten kämpften Feuerwehrleute und Anwohner bis zur Erschöpfung gegen die Flammen. Neben den Bränden von Dadia zeigten Fernsehbilder auch verzweifelte Menschen im nächtlichen Kampf gegen orange-leuchtende Feuerwände auf der Insel Euböa und weinende Anwohner, deren Häuser nur noch Schutt und Asche waren.

Tiefschwarze Rauchwolken hüllten auch die Hauptstadt Athen ein - dort brannte es zunächst in der rund 15 Kilometer entfernten Gemeinde Aspropyrgos. Diese Athener Vorstadt hat zwar kaum Vegetation, dafür aber große Müllhalden, Industriehallen und Berge von Autoreifen, die Feuer fingen. Gegenüber dem Staatssender ERT kritisierte der Bürgermeister der Gemeinde, dass der Ort für den Müll der Hauptstadt Athen herhalten müsse und die Situation auch wegen der Armut in Aspropyrgos extrem schwierig sei.

Später brach dann auch nördlich von Athen bei der Ortschaft Fyli ein Feuer aus, dass sich bis zum Nachmittag fast ungebremst weiter ausbreitete. Erneut wurden Ortschaften evakuiert. Viele Menschen ließen sich jedoch nicht vertreiben, sondern wollten beim Löschen helfen. «Wir liefern hier einen panhellenischen Kampf gegen die Flammen», sagte ein Feuerwehrsprecher dem Sender Skai.

Gleichzeitig herrschte in den sozialen Medien Verbitterung über mutmaßliche Brandstifter. Hinweise auf Brandstiftung gibt es einige, etwa die Tatsache, dass im Wald Dadia am Montag laut Feuerwehr binnen zwei Stunden zwölf Brandherde ausbrachen - in dieser Häufung ein Indiz für menschengemachte Feuer. Doch die Täter sind in den oft unzugänglichen Waldgebieten kaum zu schnappen.

International wurde derweil erneut Hilfe für Griechenland auf den Weg gebracht - auch aus Deutschland. Athen hatte bereits am Montag über den Katastrophenschutzmechanismus der Europäischen Union ein Hilfeleistungsersuchen gestellt und um die Unterstützung durch Löschflugzeuge ersucht. Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, startete daraufhin am Dienstagmorgen die niedersächsische Löschflugzeugstaffel Richtung Süden.

«Den Crews der Löschflugzeuge bin ich dafür sehr dankbar», erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. «Unsere Hilfe zeigt: Wir Europäerinnen und Europäer stehen einander bei schweren Naturkatastrophen eng zur Seite.»

Hilfe in Form von Feuerwehrleuten, Löschzügen, Hubschraubern und Flugzeugen kam im Rahmen der EU auch aus Kroatien, Schweden und Tschechien. Und es gab einen weiteren kleinen Lichtblick, als der griechische Zivilschutz die Karte der Waldbrandgefahr für Mittwoch veröffentlichte: Weil der Sommerwind «Meltemi» abschwächen soll, liegt die Gefährdung demnach nicht mehr so extrem hoch wie noch am Dienstag. Gelöscht sind die Brände deshalb jedoch noch längst nicht.

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