Als ich in Rente ging, war ich glücklich. Nach über 50 Jahren intensiver aber beglückender und erfolgreicher Arbeit freute ich mich auf die neue Freiheit, die mich bald nach Thailand führte. Ich fragte mich: Was wird mir das Alter bringen, vorausgesetzt, ich bleibe gesund? Ich hatte das Glück gesund zu bleiben und habe alles genossen, was Thailand und die umliegenden Länder zu bieten haben. Dann wurde das Essen wichtiger, dann der Wein, heute sind es die Freunde, mit denen man die schönen Seiten des Alters genießen kann. Der alte Druck ist fort, und neue Seiten des Lebens tun sich auf – zumindest solange man gesund bleibt.
In meinem Condotel wohnen viele alte Farangs. Die meisten von ihnen sind alleinstehend. Ich kenne die wenigsten von ihnen. Einige von ihnen sind auf einen Rollstuhl angewiesen, andere brauchen einen Rollator und wieder andere gehen an Krücken. Manche sehe ich lange Zeit nicht, bis ich erfahre, dass sie verstorben sind.
Alt sein in Deutschland heißt oft allein sein oder in einem Seniorenheim zu leben. Hier leben viele alte Farangs wie Herbstzeitlose, genießen Freuden, die ihnen nur hier geboten werden, obwohl ihre Rente nicht gerade üppig ist. Okay, große Sprünge können sie sich damit nicht leisten, aber es gibt Frauen aus den ärmeren Gegenden Thailands, die gerne das einfache Leben mit ihnen teilen. Das hält sie frisch, und manchmal wundert man sich, wenn man Mama mit Baby sieht und daneben – sagen wir es freundlich – einen älteren Herrn. Ob der sie Einschulung seines Kindes noch erleben wird bleibt fraglich.
Was sind die Freuden des Alters? Meine Antwort lautet: Ich lebe stresslos, muss nichts mehr leisten, und nichts mehr beweisen. Ich genieße das Leben mehr als zuvor. Alles was den meisten Menschen Druck bereitet ist von mir abgefallen. Ich habe Zeit für meine Hobbies und treffe fast täglich meine Freunde, die ebenso entspannt sind wie ich. Es ist eine schöne Zeit, auch wenn sie immer schneller zu rasen scheint. Umso mehr müssen wir sie nutzen und genießen. Zum Glück gibt es hier in Pattaya genügend Restaurants, wo man für geringe Preise gut essen und trinken kann. Ich brauche dazu noch meine tägliche Lektüre, häufig über das Internet, andere erholen sich am Strand oder verleben den Tag am Pool.
Um aber auf das Wichtigste zurückzukommen: Ich bin für nichts mehr verantwortlich. Die nächsten Angehörigen sind versorgt, und das Testament ist gemacht. Ich lebe in den Tag hinein, schlafe solange ich will, schreibe hin und wieder etwas und treffe Freunde, mit denen wir in langen Diskussionen die Welt noch einmal neu erfinden. Sie trinken Rotwein, während ich immer noch beim Weißwein bin, frei nach dem Motto: „Rotwein trinke ich, wenn ich alt bin“. Darüber vergeht die Zeit. Plötzlich wird der eine krank oder ein anderer stirbt. Ich habe davor keine Angst und bin jederzeit bereit abzutreten. Aber wenn das noch etwas dauert, habe ich auch nichts dagegen. Ich sage mir: Verschiebe nichts auf morgen, was sich auch noch viel später erledigen lässt. Darauf ein Gläschen: Zum Wohle!