US-Luftschlag gegen Syrien

 Syriens Außenminister Walid al-Moallem bestreitet die Vorwürfe aus Washington. Foto: epa/Youssef Badaw
Syriens Außenminister Walid al-Moallem bestreitet die Vorwürfe aus Washington. Foto: epa/Youssef Badaw

WASHINGTON/DAMASKUS (dpa) - Wenige Tage nach einem mutmaßlichen Giftgasangriff lässt US-Präsident Trump einen Flughafen der syrischen Armee bombardieren. Er ruft zu einer internationalen Koalition auf, um das «Schlachten» in Syrien zu beenden. Der wichtigste Verbündete Assads schweigt bislang.

Die Krise in Syrien droht nach einem US-Luftangriff weiter zu eskalieren. US-Präsident Donald Trump ließ als Vergeltung für einen mutmaßlichen Giftgasangriff einen Luftwaffenstützpunkt in Syrien attackieren. Dabei kamen nach syrischen Regierungsangaben mindestens fünf Menschen ums Leben, darunter zwei Zivilisten.

Nach Angaben des Pentagons wurden 59 Raketen des Typs Tomahawk abgeschossen. Trump sagte am späten Donnerstagabend (Ortszeit), er habe den Luftschlag angeordnet, in einem Akt der Verteidigung nationaler Sicherheitsinteressen. Mit dem Giftgasangriff vor wenigen Tagen, bei dem zahlreiche Menschen getötet wurden, habe Syrien seine internationalen Verpflichtungen sowie UN-Resolutionen verletzt.

Bei den Toten handele es sich um drei Armeeangehörige und zwei Zivilisten, sagte der Gouverneur der Provinz Homs, Talal Barasi, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Er sprach zudem von sieben Verletzten. Der angegriffene Flugplatz in der Nähe des Ortes Al-Schairat sei stark zerstört worden. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete vier getötete syrische Armeeangehörige, darunter ein General, sowie Dutzende Verletzte.

Trump hatte den syrischen Staatschefs Baschar al-Assad für den mutmaßlichen Giftgasangriff verantwortlich gemacht, der international Entsetzen ausgelöst hatte. Dabei kamen Aktivisten zufolge mehr als 80 Menschen ums Leben. Assad hatte die Verantwortung für den Angriff zurückgewiesen.

Der US-Präsident sagte am Rande eines Treffens mit Chinas Staatschef Xi Jinping in Florida, von dem nun ins Visier genommenen Flugplatz sei vor wenigen Tagen ein Angriff mit Giftgas auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Chan Scheichun ausgegangen. Dies sei ein «barbarischer Akt» gewesen. «Ich rufe heute alle zivilisierten Nationen auf, sich uns anzuschließen», sagte Trump. Das Blutvergießen in Syrien müsse beendet werden.

Die Feuerwehr und Rettungshelfer seien im Einsatz, um einen Brand auf dem Flugplatz unter Kontrolle zu bringen und die Opfer zu bergen, teilte Barasi mit. Aus syrischen Militärkreisen hieß es, bei dem Angriff seien zwei Start- und Landebahnen zerstört worden. Auch Treibstofflager seien getroffen worden.

US-Außenminister Rex Tillerson erhob schwere Vorwürfe gegen Russland. Russland habe in seiner Verantwortung versagt. Er verwies auf Zusagen Russlands, chemische Waffen in Syrien zu sichern und zu zerstören. Die USA hätten vor dem Luftangriff keine Kontakte mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gehabt.

Aus Moskau gab es zunächst keine Reaktion auf den US-Angriff. Russland ist der wichtigste Verbündeter des syrischen Staatschefs Assad. Seit September 2015 fliegt Russlands Luftwaffe Angriffe in Syrien. Sie richten sich gegen die Terrormiliz IS ebenso wie gegen Rebellen, die mit der Terrormiliz verfeindet sind.

Nach Darstellung des Verteidigungsministeriums in Washington wurden russische Militärs von dem bevorstehenden Militärschlag auf den Luftwaffenstützpunkt informiert. Damit habe ausgeschlossen werden sollen, dass russische Soldaten Opfer des Raketenangriffes werden. Das US-Militär habe darauf geachtet, keine Bereiche des Stützpunktes zu treffen, in denen sich Russen aufhielten oder gelagerte chemische Waffen vermutet würden, berichtete der Nachrichtensender CNN. Man gehe davon aus, dass es keine russichen Opfer gebe. Das Pentagon veröffentlichte Videomaterial, das den Abschuss der Tomahawk-Raketen von US-Zerstörern zeigt. Die Raketen gelten als präzise.

Die Luftschläge hätten das Ziel gehabt, die Regierung von Baschar al-Assad von weiteren Chemie-Waffeneinsätzen abzuschrecken, hieß es. Die Zerstörung von Flugzeugen und Infrastruktur werde die Möglichkeiten dazu einzuschränken. Die Raketen wurden von Kriegsschiffen im Mittelmeer abgefeuert.

US-Präsident Trump sowie Außenminister Tillerson hatten nur Stunden vor dem Luftschlag den Druck auf die Regierung Assads erhöht. Trump sagte mit Blick auf Assad: «Ich denke, er ist der, der die Dinge verantwortet. Und ich denke, es sollte etwas passieren.» Die USA wollten eine internationale Koalition schmieden, um Assad abzulösen, sagte Tillerson.

Der UN-Sicherheitsrat hatte sich zuvor bei einer Sondersitzung in New York erneut nicht auf eine neue Syrien-Resolution verständigen können. Russland warnte die USA vor «negativen Konsequenzen» bei einem militärischen Eingreifen. «Alle Verantwortung bei einer militärischen Aktion liegt auf den Schultern von denen, die diese fragwürdige und tragische Unternehmung beginnen», sagte der stellvertretende russische UN-Botschafter Wladimir Safronkow im UN-Hauptquartier in New York.

Die US-Regierung hatte bereits eine Kehrtwende in der Syrien-Politik vollzogen. Tillerson hatte vor einer Woche bei einem Besuch in der Türkei gesagt, das Schicksal Assads werde vom syrischen Volk entschieden. Das war eine Abkehr von der Linie der Vorgängerregierung, die dem Machthaber in Damaskus die Hauptverantwortung für den blutigen Konflikt in dem Bürgerkriegsland zuschob und auf seinen Sturz hinarbeitete.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte scharf auf den mutmaßlichen Giftgasangriff reagiert. Es spreche leider manches dafür, dass der Angriff von Assads Regierung ausgegangen sei.

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