Schüsse in Chaweng: Opfer hatte keine Waffe

​Neue Ermittlungen beweisen: Solo Bar-Staff schoss alleine

Toter Langzeittourist Mehmet Polot in einer Seitenstraße der ‚Solo Bar‘ in Chawengs Zentrum. Laut Ermittlungen überregionaler Kriminalisten war der Türke unbewaffnet und wurde von zwei Bediensteten mit zwei Waffen erschossen.
Toter Langzeittourist Mehmet Polot in einer Seitenstraße der ‚Solo Bar‘ in Chawengs Zentrum. Laut Ermittlungen überregionaler Kriminalisten war der Türke unbewaffnet und wurde von zwei Bediensteten mit zwei Waffen erschossen.

KOH SAMUI: Freitag der 13. in der ‚Solo Bar‘ in Chaweng – ein erschossener türkischer Residenter (36) und statt einer Selbstverteidigungs-Geschichte nun doch Ermittlungen wegen Mordes oder Totschlages. Koh Samuis gefährliches Nachtleben ist um eine weitere tödliche Geschichte bereichert worden.

Nach dem fatalen Schusswechsel um 6 Uhr morgens in dem inselbekannten Nachtlokal ‚Solo Bar‘ in Chaweng (wir berichteten) mit dem toten Ausländer Mehmet Polot schaltete sich Südthailands oberste Polizeispitze in die Ermittlungen ein. In Chaweng wurde heute mit großer Verblüffung registriert, dass der thailändische Sicherheitsmitarbeiter Yokhbin S. (27) sowie Geschäftsführer Kanapol N. (56) aus der Solo Bar festgenommen worden sind.

Die beiden höchsten Polizeioffiziere der Region 8 in Südthailand hatten wegen der merkwürdigen Umstände des tödlichen Schusswechsels vom 13. Februar eigene Ermittler auf die Insel geschickt. Die Polizeigeneralmajore Pisanu Muangsri und Suratthanis Polizeichef Apichat Bunsriroj erklärten gestern in einer Pressemitteilung, dass ihren Recherchen zufolge der erschossene türkische Langzeiturlauber Mehmet Polot nicht bewaffnet gewesen sei und folglich keine Schüsse auf das Wachpersonal der ‚Solo Bar‘ abgegeben haben konnte.

Diese Erklärung von Südthailands Polizeidirektoren schlug auf Koh Samui ein wie eine Bombe. Zunächst hatten die Ermittler der Hauptverwaltung Chaweng-Bophut von einem Akt der Selbstverteidigung gesprochen und am Tatort vor lokalen Boulevardmedien zwei Revolver und eine große Summe von Bargeld auf einem Tisch ausgelegt. Dem Opfer Mehmet Polot wurde unterstellt, er habe die Schusswaffen besessen und damit in der Solo Bar den tödlichen Streit begonnen. Außerdem hatten Koh Samuis Ermittler durchsickern lassen, dass der Türke, der sich oft in einer Gruppe residenter Israelis aufhielt, selbst mafiöse Kontakte gehabt habe.

Davon war Anfang dieser Woche keine Rede mehr. Bestätigt worden ist von den Polizeigeneralmajoren nur, dass Mehmet Polot den Streit in der Solo Bar begonnen habe. Er soll sich, so die Polizeiangaben, wegen der Schließung des Lokals um 6 Uhr morgens mächtig echauffiert und dabei Tische und Barhocker umgeworfen haben.

Im Zuge der nicht mehr genau zu rekonstruierenden Auseinandersetzung soll der 56 Jahre alte Geschäftsführer Kanapol N. einen langläufigen Remington Colt gezogen und Polot in die Brust geschossen haben. Der Wachmann Yokhbin S. habe später dem ins Freie gekrochenen Schwerstverletzten mindestens einen Kopfschuss mit einer weiteren Schusswaffe verpasst. Im Anschluss habe sich nur der Angestellte Yokhbin bei der Polizei gestellt und versucht, seinen Chef zu decken und die Schuld alleine auf sich zu nehmen.

Vom Tatmorgen und Tatort kursieren seit einigen Tagen blutige Fotos im Internet und auch auf Facebook, in dem der erschossene Mehmet Polot seine eigene Seite hat. Dass in der ‚Solo Bar‘ die wahren Abläufe des tödlichen Streites dilettantisch vertuscht werden sollten, ist Gegenstand höchster polizeilicher Ermittlungen. In einer ersten Stellungnahme wurde verlautbart, dass dem Erschossenen ein Revolver in die Hand gedrückt und damit der Sachverhalt auf den Kopf gestellt wurde. Beide Schusswaffen seien, so die Polizei, ausschließlich von den ‚Solo Bar‘-Bediensteten benutzt worden.

Sollte sich diese neue Version der offensichtlich geständigen Täter verhärten, könnte der Fall eine Mordanklage mit weitreichender Medienberichterstattung nach sich ziehen und Koh Samui ein weiteres Mal katastrophale Schlagzeilen bescheren. Der Mord an dem 46 Jahre alten Düsseldorfer Barbesitzer Volker Schwartges vom 20. August 2014 – nur wenige 100 Meter von der Solo Bar entfernt – hat bis heute nicht den Weg von der Polizeiakte in ein ordentliches thailändisches Gericht gefunden. Laut Recherchen des FARANG soll sich bereits Thailands Justizminister von diesem Fall unterrichten haben lassen.

Freunde und Angehörige von Schwartges hoffen, dass die Schießerei in der Solo Bar so viel Staub aufwirbelt, dass auch die Ermittlungspraktiken örtlicher Kriminalbeamter unter die Lupe geraten. Fast sensationell hat dieser Schusswechsel von Chaweng eine Wende genommen – dieses Mal stehen große Figuren der Nachtszene am Pranger und die Mär von der Notwehr ließ sich nicht aufrecht erhalten.

Selbst lokale Inselbewohner haben genug von den gehäuften Gewalttaten im Umfeld von Nachtlokalen und Karaoke Bars auf Koh Samui und fordern schon lange einen Einsatz unabhängiger Polizeieinheiten oder der Royal Thai Armee. Dass dieses Mal so schnell und nachhaltig reagiert wurde, weckt Hoffnungen.

Quelle: Fotos: Facebook

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