Suizid des Polizeigenerals der alten harten Schule

Salang Bunnag (81) sprang von Parkgarage in Bangkoker Bezirk

Salang Bunnag bei einem Einsatz auf dem Chao Phraya Fluss in aktiven Tagen: ein aufrechter Anführer alter Schule, dessen Diktat sich andere zu unterwerfen hatten.
Salang Bunnag bei einem Einsatz auf dem Chao Phraya Fluss in aktiven Tagen: ein aufrechter Anführer alter Schule, dessen Diktat sich andere zu unterwerfen hatten.

BANGKOK: Thailand hat eine unrühmliche Historie von freiwilligen und unfreiwilligen Hochhaussprüngen – nicht alle, munkelt der Volksmund, stürzten sich allein in die tödliche Tiefe. Der Freitod des ehemaligen Vize-Polizeichefs Salang Bunnag (81) am gestrigen Sonntag fällt wohl in die Kategorie nachweislicher Suizidfälle. Der über Jahrzehnte umstrittene Polizeioffizier der alten, harten Schule, soll laut Auskunft seiner Familie unter Depressionen gelitten haben.

In Thailand hat der Donnerhall-begleitete Abtritt des als ‚Harter Bulle‘ (englisch: tough cop) titulierten Ex-Polizeigenerals Schockwellen unterschiedlicher Art ausgelöst. Der amtierende oberste Gesetzeshüter des Landes, General Chakthip Chaijinda, kondolierte höchstpersönlich und sprach den Angehörigen sein tief empfundenes Mitgefühl aus. In fast allen Tageszeitungen wurde der offensichtliche Freitod nur unterschwellig erwähnt. Zu mächtig war Salang Bunnag seit den frühen 70iger Jahren gewesen und bis zuletzt hatte er politisch hinter den Kulissen seine Strippen gezogen.

Sechs tote Drogendealer nach Schusswechsel

Der buddhistische Glaube verbietet jegliche Form der Genugtuung über den Tod, auch eines erklärten Feindes. Dennoch wird es in Thailand nicht wenige geben, die Salang Bunnag’s Ende ohne Trauer aufnehmen. Als stellvertretender Polizeikommandant des Landes war der Abkömmling einer der einflussreichsten Familien selten zimperlich aufgetreten, nicht mit Gegnern und schon gar nicht mit verhafteten Tatverdächtigen.

Die Bangkok Post schildert heute in einer Art Nachruf eine Begebenheit, die 1996 mit dem Tod von sechs mutmaßlichen Drogendealern im Suphan Buri Bezirk ihren Verlauf genommen hatte. Polizeigeneral Salang Bunnag soll damals eigenhändig den Drogenbaron Joe Danchang und fünf Komplizen nach ihrer Verhaftung aus einer Pressekonferenz geleitet haben. Danach, berichtet die Zeitung, seien Schüsse gefallen. Alle sechs Delinquenten waren tot und Einsatzleiter Bunnag sprach von bewaffneter Gegenwehr der Drogendealer und einem erfolgreichen Schusswechsel seiner Polizeikräfte.

Erst drei Jahre später wurde der höchst strittige Fall vom Obersten Gerichtshof nachträglich sanktioniert. Die Richter folgten der Begründung Salang Bunnag’s, wonach alle sechs Verhafteten hinter dem Polizeigebäude plötzlich Waffen gezogen und das Feuer auf ihn und seine Polizeikollegen eröffnet hätten. Das jahrelang durch die Presse gehende ‚außer-gesetzliche Massaker‘ hatte nie stattgefunden.

Einsatzleiter beim ‚Thammasat‘-Massaker‘ 1976

Weitaus mehr Opfer hatte 19 Jahre zuvor auf dem Gelände der Thammasat Universität Bangkok ein von Salang Bunnag geführter Einsatz gegen angebliche kommunistische studentische Aufrührer gefordert. Historikern zufolge soll der damalige Polizeioberstleutnant am 6. Oktober 1976 Chef einer Spezialeinheit gewesen sein, die den drei Jahre anhaltenden Volksaufstand jugendlicher Protestgruppen niederschlug. Polizei und staatlich unterstützte paramilitärische Verbände drangen auf das Gelände der Thammasat Universität vor und gingen mit äußerster Brutalität gegen Demonstranten vor.

Auf Wikipedia kann der niedergeschlagene Aufstand der Studentenbewegung mit seinen grausamen Details nachgelesen werden. Dort wird die offiziell angegebene Todeszahl von 46 Studenten ebenso angezweifelt wie von Menschenrechtlern, die bis heute auf eine objektive Aufklärung des als Thammasat-Massakers in die Geschichte eingegangenen Blutrausches warten. Studenten und Studentinnen sollen mit Granaten und Maschinengewehren niedergemäht worden sein, lebendig verbrannt, vergewaltigt und in den nahe gelegenen Chao Phraya Fluss geworfen.

Für Salang Bunnag hatten solche Ereignisse und auch spätere öffentliche Rambo-Auftritte keine Folgen. Der bis zuletzt treue Gefolgsmann des geschassten Ex-Premiers Thaksin Shinawatra verkörperte eine Generation von Staatsdienern und Polizeikräften, die Recht und Gesetz mit der eigenen Faust durchsetzten. Schuldgefühle oder Selbstzweifel kannte er nicht. Nach seiner Pensionierung war es ruhiger um ihn geworden, nur mit politischen Forderungen nach einem Ausbau des thailändischen Autobahnnetzes machte er weiter von sich reden.

In Abschiedsnoten soll Salang Bunnag gestern auf dem 7-stöckigen Parkhaus in Nonthaburi noch einmal eine Botschaft an das thailändische Volk und an seine Kinder und Kindeskinder hinterlassen haben. Er sprach sich gegen eine Erweiterung von Schmalspur-Schienennetzen und für die Förderung der herkömmlichen Straßenverkehrsstruktur aus. Das Thema hatte ihn offensichtlich zuletzt mehr bewegt als ein Rückblick auf seinen eigenen erbarmungslosen Lebenslauf.

Widerspruch duldete Polizeigeneral a. D. Bunnag zeitlebens nicht. Sein Wort und seine Kampagne für Autobahn-Netzwerke sowie ein Standardschienennetz sollten nachhallen, obwohl dem häufig verwirrt wirkenden Polizeipensionisten schon lange keiner mehr wirklich zuhören wollte.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Thomas Thoenes 26.02.18 16:39
Unabhängig vom Grund oder Hintergrund einer
solchen Tat ist es immer wieder traurig wenn Menschen keinen anderen Ausweg mehr für ihr Leben finden.
Ich möchte den Hinterbliebenen mein tief empfundenes Beileid aussprechen.