Suche nach Revolutionär verärgert Drogenkrieg-Opfer

Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Obrador. Foto: epa/Isaac Esquivel
Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Obrador. Foto: epa/Isaac Esquivel

MEXIKO-STADT: In Mexiko gelten mehr als 110.000 Menschen als vermisst. Ihre Familien beklagen mangelnde Ermittlungen. Nun kündigt die Regierung eine große Suchaktion an - nach einem seit 1895 vermissten Rebellen.

Mit einer Suchaktion nach den Gebeinen eines verschollenen Rebellen aus dem 19. Jahrhundert sorgt Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador für Ärger bei den Angehörigen der mehr als 110.000 vermissten Menschen in Mexiko. Der linkspopulistische Staatschef entsandte diese Woche ein Marineschiff mit 80 Soldaten zu einer Insel in Panama, um nach den Überresten des Revolutionärs Catarino Garza zu suchen. Staatschef López Obrador ist fasziniert von dem Rebellen und schrieb sogar ein Buch über ihn.

«Für das Buch über den General will er ein Happy End. Dafür gibt es Geld, Einsatzkräfte und Entschlossenheit», kritisierte die Aktivistin Grace Fernández. Ihr Bruder wird seit 2008 vermisst. «Wir hätten uns auch gewünscht, dass Soldaten geschickt worden wären, um bei unserer Suche zu helfen», sagte sie dem Radiosender Radio Fórmula.

Aktivisten zufolge fuhr die Regierung von López Obrador zuletzt die Kapazitäten der Nationalen Suchkommission herunter und löste das Zentrum zur Identifizierung von Menschen praktisch auf. Zudem wird die offizielle Statistik der Menschen, die größtenteils im Kontext des sogenannten Drogenkriegs als vermisst gelten, revidiert. Laut dem Präsidenten gibt es weniger Verschwundene als dort verzeichnet. Aufgrund mangelnder Unterstützung durch die Behörden suchen die Angehörigen der Verschleppten seit Jahren auf eigene Faust nach ihren Familienmitgliedern.

Für Catarino Garza hingegen wurde nun eine große Suchaktion gestartet. Das Schiff mit unbewaffneten Soldaten und elf Mitarbeitern der Nationalen Suchkommission verließ die Hafenstadt Veracruz in Richtung Panama. Um die Überreste von Garza zu finden, werde sich die Besatzung an archäologischen Ausgrabungen beteiligen, hieß es in der Genehmigung des Senats. Die panamaischen Behörden äußerten sich zunächst nicht.

Der wenig bekannte Garza war laut López Obrador ein «außergewöhnlicher Held». Nachdem sein Aufstand gegen den Diktator Porfirio Díaz gescheitert war, musste er ins Exil nach Mittelamerika gehen. Dort engagierte er sich in anderen politischen Kämpfen. Bei dem Sturm auf eine Polizeikaserne wurde er 1895 im heutigen Panama getötet. Garza soll in einem Massengrab auf der Karibikinsel Colón in der Provinz Bocas del Toro beigesetzt worden sein, wie die Zeitung «La Estrella de Panamá» berichtete. Wo genau, sei unklar.

Die Regierung sollte nach den Verschwundenen in Mexiko fahnden, statt Personal und Mittel in die Suche nach dem verschollenen Revolutionär zu investieren, sagte die Gründerin des Kollektivs Suchende Mütter aus Sonora, Cecilia Flores, in einem Video auf der Online-Plattform X, vormals Twitter. «Wir brauchen Technologie, Werkzeuge und Mittel, denn wir machen die Arbeit, die eigentlich die Regierung erledigen müsste.»

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