PRAG: Bei einer Feier in Prag zur EU-Erweiterung vor 20 Jahren richtet der Bundespräsident den Blick voraus auf die Europawahl. Er warnt: Die EU sei nicht unzerstörbar. Man müsse sie verteidigen.
Der deutsche Staatspräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu aufgerufen, bei der Europawahl im Juni die Demokratie in der EU zu verteidigen. «Innerhalb unserer Europäischen Union werden grundlegende demokratische Werte, ja wird das europäische Projekt von verantwortungslosen Populisten in Frage gestellt», sagte Steinmeier am Dienstag in Prag bei einer Konferenz zur Aufnahme Tschechiens und neun weiterer Staaten in die EU vor 20 Jahren. «Machen wir uns ganz besonders jetzt bewusst, was auf dem Spiel steht.»
Eine einmal erlangte Demokratie sei nicht aus sich heraus für die Ewigkeit garantiert. «Wir wissen, dass die Stärke der liberalen Demokratie, ihre Toleranz, gleichzeitig ihre verwundbarste Stelle ist. Und wir wissen, dass wir wehrhaft sein und wehrhaft handeln müssen, wenn die Verächter der Demokratie diese Toleranz benutzen, um sie anzugreifen», sagte Steinmeier bei der Europakonferenz zur EU-Erweiterung 2004.
Am 1. Mai 2004 waren die früheren Ostblock-Staaten Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, Slowakei, Tschechien, Ungarn und Polen sowie Malta und Zypern der Europäischen Union beigetreten. Es handelte sich um die größte Erweiterung in der Geschichte der EU.
Tschechiens Präsident Petr Pavel sprach sich für baldige neue Erweiterungsrunden aus. Diese seien eine «geostrategische Notwendigkeit», sagte er bei der Konferenz. «Wenn wir die Westbalkanstaaten, die Ukraine, die Republik Moldau und Georgien zu lange vor der Tür stehen lassen, liefern wir sie Akteuren wie Russland aus, die es mit den Europäern und Europa keineswegs gut meinen», mahnte der frühere Nato-General. Auch Steinmeier sagte: «Zu einem freien Europa und zu unserer Union, gehören die Staaten des Westbalkan, die Ukraine und Moldau.»
In einer eingespielten Videobotschaft warb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut dafür, auch sein Land schnell in die EU aufzunehmen. «Europa ist ein Traum. Ich bin mir sicher, dass er bald auch für die Ukraine Wirklichkeit wird.» Selenskyj dankte Steinmeier und dem deutschen Kanzler Olaf Scholz sowie der Führung Tschechiens ausdrücklich für die Unterstützung der Ukraine.
Steinmeier betonte, Tschechien und Deutschland hätten allen Grund, den EU-Beitritt vor 20 Jahren zu feiern. «Wir alle haben von diesem Schritt profitiert ? nicht allein wirtschaftlich, sondern vor allem als Nachbarn. Und diese Erfolgsgeschichte wird weitergeschrieben werden.»
Der Bundespräsident wies darauf hin, dass Tschechien bisher nicht den Euro eingeführt habe. Die gemeinsame Währung stehe weiter allen offen. Entscheiden müsse das Tschechien selbst. «Aber meine Botschaft ist: Wenn das tschechische Volk sich eines Tages so entscheidet, Sie wären uns alle herzlichst im Euroraum willkommen.» Tschechiens Präsident Pavel rief zum wiederholten Male zu einer Debatte über eine Euro-Einführung in seinem Land auf. «Die Erfahrung derjenigen Länder, die damit schon bezahlen, zeigt, dass nur diejenigen mit dem Euro unzufrieden sind, die ihn nicht haben.»