Startschuss für Einbürgerungsgesetz

Muslime außen vor

Indiens Premierminister Narendra Modi. Foto: epa/Farooq Khan
Indiens Premierminister Narendra Modi. Foto: epa/Farooq Khan

NEU DELHI: Premier Narendra Modi, ein Hindunationalist, vermischt häufig Politik und Religion. Wenige Wochen vor der Parlamentswahl kommt nun ein umstrittenes Gesetz aus der Schublade.

Indien bringt ein umstrittenes Staatsbürgerschaftsgesetz auf den Weg, das Einbürgerungen beschleunigt, aber muslimische Migranten aus Nachbarländern ausschließt. Die Regierung in Neu Delhi kündigte am Dienstag an, es gebe jetzt ein Portal, auf dem entsprechende Anträge gemäß dem 2019 verabschiedeten Gesetz gestellt werden könnten. Auch gab die Regierung die Vorschriften bekannt, wie das Gesetz umzusetzen sei - wenige Wochen vor der für April oder Mai erwarteten Parlamentswahl. Oppositionspolitiker sehen darin unter anderem den Versuch, Hindus dazu zu bringen, für sie zu stimmen.

Das Gesetz richtet sich insbesondere an Hindus, Christen, Sikhs, Buddhisten, Parsen und Jains, die aus den überwiegend muslimischen Ländern Bangladesch, Pakistan und Afghanistan vor religiöser Verfolgung geflohen und vor dem 31. Dezember 2014 nach Indien gekommen sind. Es verkürzt die Wartezeit auf die Staatsbürgerschaft von 10 bis 12 Jahren auf etwa 6 Jahre und gilt nicht für muslimische Migranten. Muslime bilden in Indien die größte Minderheit mit einem Anteil an der Bevölkerung von etwa 14 Prozent, Hindus machen etwa 80 Prozent aus.

Die hindu-nationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) von Premierminister Narendra Modi hat eine Mehrheit im Parlament. Modi selbst will sich bei der Parlamentswahl um eine weitere Amtszeit bemühen und vermischt häufig Politik und Religion. Erst im Januar hatte Modi in der indischen Pilgerstadt Ayodhya einen kontroversen Hindu-Tempel an einem Ort eingeweiht, wo einst eine jahrhundertealte Moschee stand. Kritiker werfen Modi vor, eine Politik voranzutreiben, bei der Muslime in Indien zu Bürgern zweiter Klasse werden.

Das Gesetz namens Citizenship (Amendment) Act 2019 war vor vier Jahren vom Parlament verabschiedet worden. Danach kam es in Indien zu umfangreichen Protesten von Rechtsaktivisten, Studenten und Muslimen. Sie erklärten, das Gesetz verstoße gegen die säkulare Verfassung Indiens, da es Muslime diskriminiere. Die Proteste ließen mit den verhängten Beschränkungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie nach.

Die Regierung verlängerte ihrerseits die Frist für die Notifizierung der Vorschriften, die für die Umsetzung des Gesetzes erforderlich sind. Nach langer Verzögerung gebe sie die Vorschriften jetzt ausgerechnet kurz vor den Wahlen bekannt, kritisierte Jairam Ramesh von der größten Oppositionspartei Indian National Congress. «Das ist ein klarer Plan, um bei den Wahlen zu polarisieren, besonders in Westbengalen und Assam», sagte er mit Blick auf die vielen muslimischen, aber auch hinduistischen Flüchtlinge aus Bangladesch in diesen beiden Bundesstaaten.

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