Schweiz remis, Brasilien siegt, DFB entzaubert Frankreich

Schweiz 0:0 in Dänemark - Brasilien siegt in England und Nagelsmanns EM-Plan entzaubert Frankreich

Deutschlands Florian Wirtz jubelt nach seinem Treffer zum 1:0. Foto: Christian Charisius/dpa
Deutschlands Florian Wirtz jubelt nach seinem Treffer zum 1:0. Foto: Christian Charisius/dpa

LYON: So hat sich Julian Nagelsmann den Start ins EM-Jahr vorgestellt. Gegen Favorit Frankreich gelingt nicht nur das schnellste DFB-Tor. Der Bundestrainer ist der Gewinner des Abends.

Julian Nagelsmann klatschte nach seinem ersten großen Sieg als Bundestrainer energisch Beifall. Seine Nationalspieler feierten den EM-Mutmacher von Lyon breit lächelnd. Mit einem Rekordtor von Florian Wirtz und der besten Leistung seit Jahren verblüffte die Fußball-Nationalmannschaft am Samstag nicht nur großen Titelfavoriten Frankreich. Das 2:0 (1:0) war der erste deutsche Sieg im Nachbarland seit mehr als elf Jahren. Die radikalen Änderungen von Nagelsmann haben sofort funktioniert - der Bundestrainer geht als großer Gewinner in den heißen EM-Countdown.

«Wir können zufrieden sein. Ich denke, dass wir einen guten Schritt nach vorne gemacht haben. Einen wichtigen Schritt», sagte DFB-Rückkehrer Toni Kroos im ZDF. «Das war uns allen klar, weil es die letzten Chancen sind Richtung EM, sich ein bisschen das Gefühl zu holen. Das nehmen wir mit.»

Nach sieben Sekunden erzielte Wirtz bedient vom überragenden Kroos das schnellste Tor der deutschen Länderspielgeschichte. Kai Havertz (49.) traf früh in der zweiten Halbzeit nach einer wundervollen Kombination der Jungstars Wirtz und Jamal Musiala. Mit hoher Konzentration und großem Teamgeist wurde die Fußball-Maschine der Équipe Tricolore um Superstar Kylian Mbappé gestoppt.

Der nächste Härtetest steht schon am Dienstag in Frankfurt an. Dann kommt Erzrivale Niederlande, der den deutschen EM-Auftaktgegner Schottland gerade mit 4:0 bezwungen hat. Nagelsmann wird seine neue Linie dann konsequent fortsetzen.

Der Bundestrainer machte sich in einem kleinen Block am Spielfeldrand immer wieder Notizen zu seiner stark veränderten Auswahl. Wirtz' Geniestreich bejubelte der Bundestrainer mit energischem Blick - besser hätte seine «Wir kicken»-Vorgabe zu Beginn kaum umgesetzt werden können. Vom Anstoß kam der Ball zum Leverkusener, der aus 20 Metern ein traumhaftes erstes Tor im EM-Jahr erzielte - und das einen Wimpernschlag schneller als der bisherige Rekordhalter Lukas Podolski vor elf Jahren gegen Ecuador.

Vor 1000 mitgereisten deutschen Fans verhalf das frühe Tor der DFB-Auswahl zu zuletzt kaum noch für möglich gehaltener Stabilität und Sicherheit. Mit Rückkehrer Kroos als Taktgeber im Mittelfeld stimmten in der ersten Halbzeit Einsatz und insbesondere die Konzentration. Debütant Maximilian Mittelstädt begann als linker Verteidiger so, als hätte er schon etliche Länderspiele hinter sich.

EM-Favorit Frankreich musste erst einmal ins Spiel zurückfinden - allein das dürfte Nagelsmann gefallen haben. «Nicht wie das Kaninchen vor der Schlange» und mit «Risikobereitschaft» solle sein Team auftreten, hatte der 36-Jährige kurz vor dem Anpfiff im ZDF gesagt. Bei den schwer enttäuschenden November-Pleiten in Berlin gegen die Türkei (2:3) und in Wien gegen Österreich (0:2) war das Selbstverständnis des Bundestrainers längst noch nicht im Team angekommen.

Die erste gute Chance des Vize-Weltmeisters durch Starspieler Kylian Mbappé entschärfte Marc-André ter Stegen, der den wieder verletzten EM-Torwart Manuel Neuer vertrat, mit einer starken Handparade (25.). Die folgenden Annäherungsversuche blockte die DFB-Auswahl mit vereinten Kräften. Auch die von Nagelsmann zu «drei Zauberern» erhobene Offensivreihe mit Kapitän Ilkay Gündogan, Wirtz und Musiala arbeitete im wahrsten Wortsinn defensiv mit. Musialas erste auffällige Szene war eine Rettungstat in der eigenen Hälfte.

Aber der Münchner kann bekanntlich auch anders. Das zweite deutsche Tor durch Havertz bereitete der 21-Jährige perfekt vor, indem er Frankreichs Torwart Brice Samba austanzte. Den starken langen Pass zuvor auf Musiala hatte Wirtz gespielt. Wieder war Frankreich überrascht, und Nagelsmann, über dessen nach der EM auslaufenden Vertrag nach dem Länderspiel gegen die Niederlande gesprochen werden soll, klatschte Beifall.

Nach knapp einer Stunde waren laute Pfiffe im Stadion zu hören, bei den Franzosen blieb es bis hierhin bei Einzelaktionen wie beim Schlenzer des früheren Dortmunders Ousmane Dembélé (54.). Die erste Gelbe Karte des Spiels sah in dieser Phase Nagelsmann, der sich zu lautstark über eine Schiedsrichter-Entscheidung beschwerte (60.). Sein Trainerkollege Didier Deschamps schien grundsätzlich nicht zufrieden und wechselte nach einer Stunde vier Profis aus.

Nagelsmann gab seiner Elf dagegen weitere Minuten zum Einspielen. Immer wieder versuchten es Musiala, Wirtz, Gündogan und Havertz mit Kombinationen. Dahinter sicherten Kroos und vor allem auch der kampfstarke Leverkusener Robert Andrich ab. In der 72. Minute kamen Chris Führung zu dessen zweitem Länderspiel und Routinier Thomas Müller in die Partie. Mittelstädt verpasste knapp sein Debüt-Tor mit einem Flachschuss (79.), ehe wenig später Deniz Undav als zweiter Debütant des Abends eingewechselt wurde (80.).

Der Stuttgarter, Müller und der ebenfalls eingewechselte Niclas Füllkrug hatten in der Schlussphase weitere Chancen zum dritten Tor. Hinten rettete Antonio Rüdiger kurz vor Schluss auf der Linie (88.), und auch Waldemar Anton feierte auch noch sein DFB-Debüt (90.).


Schweiz 0:0 in Dänemark - Brasilien siegt in England

KOPENHAGEN: Die Schweizer Nationalmannschaft kommt in Dänemark nicht über ein Remis hinaus. Bei Brasiliens Erfolg in London trumpft ein 17-Jähriger groß auf.

Die Schweizer Fußball-Nationalmannschaft hat ihre Vorbereitung auf die EM mit einem Unentschieden begonnen. Der deutsche Gruppengegner kam am Samstag in einem Länderspiel gegen Gastgeber Dänemark zu einem 0:0. Im Parken-Stadion von Kopenhagen mussten die Eidgenossen allerdings früh den Ausfall von Stammtorwart Yann Sommer verkraften, der nach einem Zusammenprall mit Rasmus Höjlund in der ersten Hälfte nicht weiterspielen konnte.

Im Prestigeduell zwischen England und Brasilien schoss das 17 Jahre alte Toptalent Endrick (80.) die Selecao zum 1:0 (0:0)-Sieg und verschaffte dem neuen brasilianischen Nationaltrainer Dorival Junior einen Einstand nach Maß. Der 61-Jährige hatte das Amt im Januar übernommen. Für Endrick, der an seinem 18. Geburtstag im Juli zu Real Madrid wechseln wird, war es der Premierentreffer für die A-Nationalmannschaft.

Brasilien musste im Wembley-Stadion von London weiter ohne den schwer am Knie verletzten Topstar Neymar auskommen, bei den Engländern stand Stürmer Harry Kane vom FC Bayern aufgrund seiner Knöchelverletzung nicht zur Verfügung.

Bereits früher am Abend hatte Christoph Baumgartner die Österreicher mit einem Rekordtor zum Sieg gegen die Slowakei geführt. Beim 2:0 (1:0) in Bratislava traf der Profi von RB Leipzig bereits nach sieben Sekunden zur Führung. Damit gelang dem 24-Jährigen der schnellste Treffer in der Länderspielgeschichte des ÖFB-Teams. Andreas Weimann (83.) sorgte für den Endstand.

Eine Enttäuschung musste unterdessen Belgien mit dem früheren Bundesligatrainer Domenico Tedesco hinnehmen. In Irland kamen die Roten Teufel nicht über ein 0:0 hinaus. Ohne den verletzten Topstar Kevin De Bruyne hatten die Belgier sogar noch Glück, als Torwart Matz Sels in der ersten Halbzeit einen Elfmeter von Irlands Evan Ferguson parieren konnte.

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