Regie-Star Oskar Roehler veräppelt sich mit «Bad Director» selbst

Oliver Masucci (l) als Gregor Samsa und Bella Dayne als Grete im Antiquariat in einer Szene des Films «Bad Director». Foto: Nachtlicht Film/dpa
Oliver Masucci (l) als Gregor Samsa und Bella Dayne als Grete im Antiquariat in einer Szene des Films «Bad Director». Foto: Nachtlicht Film/dpa

BERLIN: Oskar Roehler verrät den Kinofans, wie es seiner Meinung nach so in der deutschen Filmindustrie zugeht: Die Branche wird von Ekelpaketen beherrscht, Roehler selbst allen voran.

? Schriftsteller und Regie-Berserker Oskar Roehler («Die Unberührbare», «Suck My Dick») liebt die Provokation. Sein 2017 erschienener autobiografischer Roman «Selbstverfickung» hat die Literaturkritik denn auch heftig gespalten. Das Echo reichte vom Verriss bis zur Hymne. Dem auf diesem Bestseller basierenden Spielfilm «Bad Director» dürfte es ähnlich ergehen. Die Farce setzt auf Provokation durch satirische Überhöhung und jongliert mit kräftigen Zoten. Erste Kritiken zeigen: Das finden die einen unappetitlich, andere hingegen genial.

Schauspielgigant Oliver Masucci feierte 2020 als legendärer Filmschöpfer Rainer Werner Fassbinder (1945?1982) einen seiner bisher größten Erfolge in Oskar Roehlers Kino-Drama «Enfant Terrible». Dafür bekam er den Deutschen Filmpreis und andere Auszeichnungen.

Preise dürfte es auch dieses Mal geben. Denn Masucci gelingt es in der Hauptrolle des Films, einen durchweg unangenehm anmutenden Menschen mit vielen Facetten und emotional derart reich zu porträtieren, dass man als Zuschauerin oder Zuschauer gar nicht anders kann, als vor Spannung fast zu platzen.

Der von Masucci mit spürbarer Lust am Komödiantischen verkörperte sex- und drogensüchtige Filmregisseur heißt Gregor Samsa. Damit trägt er den Namen einer der bekanntesten Figuren der Weltliteratur: So nämlich heißt der Protagonist in Franz Kafkas 1912 erschienener und heute wohl berühmtesten Erzählung, «Die Verwandlung». Roehlers und Masuccis Gregor Samsa pfeift auf Kafka. Er ist ein Spiegelbild von Oskar Roehler selbst, aber ein Zerrbild, vergleichbar mit jenen in einem Spiegelkabinett auf dem Rummelplatz.

Neben Masucci brilliert ein noch in kleinsten Rollen hochkarätig besetztes Schauspielensemble. Besondere Glanzlichter setzen Anne Ratte-Polle («Willenbrock», «Black Box») mit ihrem schrillen Porträt einer überkandidelten Diva und Götz Otto («James Bond 007 ? Der Morgen stirbt nie», «Enfant Terrible») im Part eines karrieregeilen Regie-Assistenten. Ihre Szenen und jene, in der am Beispiel einer Preisverleihung gleich mehrere einheimische Kino-Promis karikiert werden, sind von hohem Unterhaltungswert.

Feinsinnig ist die gern weit unter die Gürtellinie zielende Filmerzählung nicht. Wie schon in der Romanvorlage macht Oskar Roehler seiner Wut auf das deutsche Filmproduktions- und Filmproduktionsförder-System hemmungslos Luft. Dass er dabei gern überzieht, ist schon allein daran festzumachen, dass er für diesen Film Fördergelder bekommen hat. Wäre die Lage tatsächlich derart mies, wie Gregor Samsa sie empfindet, wäre Oskar Roehler garantiert leer ausgegangen. Aber: Satire darf nun mal überziehen, ja, sie muss!

Das Schönste an diesem Film: Oskar Roehler macht sich vor allem über sich selbst lustig und erst dann über die Kunst- und Kultur-Schickeria Deutschlands, die Strippenzieher der Filmindustrie vor allem. Das ist nicht sensibel, aber sehr witzig. Vor allem dank Masuccis Können kommt zum groben Spaß auch eine gewisse Nachdenklichkeit über die Würde des Menschen an sich, egal was er oder sie wo arbeitet. Damit weist der Film auf kluge Art über sich selbst hinaus.

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