Razzien zu Mord an Rio-Stadträtin

Berichte: Ex-Polizeichef verhaftet

Ein junges Mädchen trägt einen Schal mit dem Schriftzug
Ein junges Mädchen trägt einen Schal mit dem Schriftzug "Gerechtigkeit für Marielle" vor einem Blumengebinde. Foto: epa/Andre Coelho

RIO DE JANEIRO: Fast genau sechs Jahre sind nach dem Mord an der aufstrebenden brasilianischen Politikerin Marielle Franco vergangen, ohne dass die Hintergründe aufgeklärt wurden. Das könnte sich nun ändern.

Sechs Jahre nach dem aufsehenerregenden Mord an der Stadträtin Marielle Franco in Rio de Janeiro sind zwei Politiker und ein früherer Polizeichef als mutmaßliche Hintermänner verhaftet worden. Brasiliens Bundespolizei vollstreckte nach eigenen Angaben am Sonntag in Rio drei Haft- und zwölf Durchsuchungsbefehle im Zuge der Ermittlungen zur Ermordung Francos und ihres Fahrers sowie zum versuchten Mord an ihrer Assistentin am 14. März 2018.

Bei den drei Verhafteten handelte es sich um den damaligen Chef von Rios Zivilpolizei sowie einen Abgeordneten des Nationalkongresses und seinen Bruder, ein Mitglied des Rechnungshofes des Bundesstaates Rio de Janeiro. Das teilte Justizminister Ricardo Lewandowski bei einer Pressekonferenz mit. Die Ermittlungen der Polizei hätten ergeben, dass ein Streit um die kommerzielle Nutzung von Land ein Hauptmotiv gewesen sei, sagte er.

Franco war mit 38 Jahren in ihrem Auto erschossen worden. Sie galt als eine Hoffnungsträgerin der brasilianischen Linken. Als Stadträtin der Partei PSOL ab 2017 setzte sie sich für die Bewohner der Favelas, der Armenviertel von Rio, ein und sprach sich gegen Polizeigewalt aus. Die lesbische Afrobrasilianerin stammte selbst aus einer Favela.

Ein ehemaliger Polizist wurde als mutmaßlicher Schütze verhaftet, kam bislang aber nicht vor Gericht. Über eine Verwicklung der mächtigen Milizen Rios, die sich aus aktiven und ehemaligen Polizisten rekrutieren, wurde spekuliert. Ermittelt wurde nach Angaben der Polizei vom Sonntag auch wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Behinderung der Justiz.

Francos Schwester Anielle war im vergangenen Jahr Ministerin für die Gleichstellung ethnischer Gruppen in der Regierung des linken Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva geworden. «Heute ist ein historischer Tag für die brasilianische Demokratie», heißt es in einer Mitteilung der Familie, die Anielle Franco am Sonntag auf der Plattform X, vormals Twitter, veröffentlichte. Die Verhaftung der mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes sei ein wichtiger Schritt auf der Suche nach Gerechtigkeit.

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