Queen entsendet ihre Geheimwaffe

Foto: epa/Francois Mori / Pool
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LONDON (dpa) - In London macht man sich angesichts der Brexit-Querelen Sorgen um den Ruf des Landes im Ausland. Prinz William und Herzogin Kate sollen für gut Wetter sorgen. Wichtiger als die beiden sind ihre Kinder.

Eigentlich sollten der britische Prinz William (35) und seine Frau Herzogin Kate (35) kommende Woche ohne Kinder zu ihrem Deutschland-Besuch kommen. Doch dann entschieden sich die Royals kurzfristig um. Prinz George (3) und Prinzessin Charlotte (2) werden auch dabei sein, teilte der Kensington-Palast mit.

Die beiden Kinder sind die Geheimwaffen der Queen. Als George vor drei Jahren mit seinen Eltern nach Australien und Neuseeland reiste, wich die wachsende Monarchiemüdigkeit auf dem fünften Kontinent einem Hype um den niedlichen Prinzen. George gilt seitdem als «Republikanerschreck».

Nun erhofft sich die britische Regierung einen ähnlichen Effekt bei den Verbündeten in Polen und Deutschland. Dort hat das Ansehen Großbritanniens wegen der Brexit-Querelen gelitten. Der Besuch findet auf ausdrücklichen Wunsch des britischen Außenministeriums statt. «Die Tiefe unserer Freundschaft» werde sich trotz Brexits nicht verändern, pries William bereits im vergangenen Jahr die deutsch-britischen Beziehungen bei einem Besuch in Düsseldorf.

Erste Station der Reise ist Warschau. Mehr als 800.000 Polen leben im Vereinigten Königreich. Kurz nach dem Brexit-Votum war es zu hässlichen Vorfällen gekommen. Ein 40-jähriger Mann aus Polen starb in einer Kleinstadt nahe London, nachdem er von Jugendlichen angegriffen wurde. Ein polnischer Kulturverein in der britischen Hauptstadt wurde mit ausländerfeindlichen Graffiti beschmiert. Landesweit wurden ein Anstieg rassistischer Vorfälle registriert, deren Ziel immer wieder Polen waren.

Das sollen die Royals nun mit bedeutungsvollen Gesten und schönen Bildern wieder ins Lot bringen. Es ist erst die zweite offizielle Auslandsreise der Familie, zuletzt war sie vergangenen Herbst gemeinsam zu Besuch in Kanada. George und Charlotte entzückten mit Fotos von einer Kinderparty im Garten der Gouverneursresidenz in der Provinzhauptstadt Victoria: George fasziniert von Seifenblasen, Charlotte begeistert von Luftballons. Williams Versuche, bei einer Rede Französisch zu sprechen, gelangen leidlich, seine Zuhörer ließen den guten Willen zählen.

Gleichzeitig ist die Reise auch eine Botschaft an die eigenen Bürger. Immer wieder wurde der Prinz in den vergangenen Jahren von der Boulevardpresse aufs Korn genommen: Er komme seinen Pflichten nicht ausreichend nach, so der Vorwurf. Anfang des Jahres wurde er beim Ski-Urlaub in der Schweiz ohne Frau und Kinder in einer Disco beim Tanzen gesichtet. Eine Zeremonie zum Commonwealth Day in London schwänzte er stattdessen. William sei faul, er beleidige das Erbe der Queen, urteilte die konservative «Sun».

Auch dass die Familie bis vor Kurzem auf dem beschaulichen Landsitz Sandringham in Ostengland lebte, wo William in Teilzeit als Pilot eines Rettungshubschraubers arbeitete, wurde ihm als Bequemlichkeit ausgelegt. William macht keinen Hehl daraus, dass ihm seine Rolle als Familienvater mindestens genauso wichtig ist, wie die als künftiger König. «Ich liege nachts nicht wach und warte darauf, dass es soweit ist», sagte er bei einem BBC-Interview im vergangenen Jahr. Auch Kate geriet immer wieder in die Kritik, sich nicht genug bei öffentlichen Anlässen sehen zu lassen.

Der Abschied seines Großvaters Prinz Philip in den Ruhestand wird den Spagat zwischen Vaterpflicht und Dienst an der Heimat für William nicht einfacher machen. Der 96 Jahre alte Prinzgemahl hatte im Mai seinen weitgehenden Rückzug aus der Öffentlichkeit angekündigt.

In Deutschland und Polen müssen William und Kate keine Kritik fürchten. Wann genau die Kinder zu sehen sein werden, ist noch nicht bekannt. «Sie werden mindestens bei einer Reihe von Gelegenheiten über die Woche hinweg zu sehen sein», hieß es in einer Mitteilung. Der Herzog und die Herzogin von Cambridge haben ein straffes Programm vor sich mit teilweise sehr ernsten Terminen. Beispielsweise im ehemaligen deutschen Konzentrationslager Stutthof bei Danzig oder am Holocaust-Mahnmal in Berlin.

William und Kate bleiben auch einem Thema treu, dem sich die Enkelgeneration der Queen seit einigen Jahren verschrieben hat: Psychische Gesundheit. Nur anderthalb Monate vor dem 20. Todestag von Prinzessin Diana sprechen Prinz William und sein jüngerer Bruder Harry (32) immer wieder davon, wie schwer der Tod ihrer Mutter die beiden Teenager seelisch belastete. In Berlin wollen sie Mitarbeiter der Robert-Enke-Stiftung treffen, die Projekte für Menschen mit psychischen Krankheiten unterstützt.

Ob die Familie auch in Zukunft gemeinsam bei Auslandsbesuchen zu sehen sein wird, ist fraglich. Für Prinz George beginnt noch in diesem Jahr der Ernst des Lebens: Im September wird er eingeschult. Dann sind gemeinsame Auslandsreisen nur noch während der Ferienzeit möglich. In Großbritannien gilt bereits mit vier Jahren Schulpflicht. Seinen vierten Geburtstag feiert George am Tag nach seiner Rückkehr aus Deutschland. Anlass für noch mehr Bilder des niedlichen Prinzen.

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Ingo Kerp 13.07.17 16:17
Netter folkloristischer Besuch, mehr nicht. Brexit ist Brexit.