Mein Kumpel Ulli ist ja ein gemütlicher Typ. Doch manchmal kann er auch ganz anständig nerven. Vor etwa zwei Wochen kam er daher und erzählte, dass er nun wirklich umziehen werde. Endlich habe er eine passende Bleibe gefunden, die er auch sofort gemietet hat. Für die anderen in der Gruppe war diese Neuigkeit eine Erleichterung.

Täglich hat er uns ausführlich berichtet: Die alte Küche, schräge Fenster, die Bar nebenan, oder die Straße in Hörweite. Zu weit weg vom Strand oder von den Vergnügungsmöglichkeiten. Ulli hatte immer wieder Gründe, warum die gerade besichtigte Wohnung nicht in Frage kam. Nur der Preis spielte anscheinend nie eine Rolle... Mal war der Balkon zu klein, mal hatte es gar keinen. Einmal sogar einen zu großen Balkon in einer Wohnung in der 30. Etage eines Turms. „Da muss man ja nur putzen“, meinte er. „Ohne Balkon hättest du das Condo genommen, hä?“, belustigten wir uns. Aber wir waren froh, dass Ulli bei solchen Ansprüchen nicht unter einem Baum schlafen muss.

Depot

Zwei Tage später war Ulli dann sehr aufgebracht. Sein Vermieter wolle seine Depotzahlung nicht zurückzahlen. „Der Scheißkerl klaut mir mein Geld“, empörte er sich. Ob er denn Schäden verursacht habe, will ich wissen. „Nee, alles paletti. Nix kaputt. Nur die Kohle ist weg. Der Gauner der verd...“, ereifert er sich. „Darf der das?“, will er wissen, als er sich etwas beruhigt hat. „Nein, dürfen nicht. Aber können schon“, gebe ich ihm zurück. „Die Thais bescheißen dich doch immer nur. Bei jeder Gelegenheit. Du bist hier immer mit der Zwei am Rücken.“ „Was steht denn im Mietvertrag?“, frage ich. „Weiß auch nicht. Muss zuerst mal nachschauen“, sagt Ulli. „Keine schlechte Idee“, meine ich.

Wieder zwei Tage später erwartet uns Ulli mit einem verschmitzten Lächeln. „Dem habe ich es gezeigt“, freut er sich. „Ja, dann hast du ja dein Depotgeld nun“, freuen wir uns mit. „Nein, das nicht. Aber ich habe alle Türchen in der Küche abmontiert und weggebracht. Das kostet ihn sicher mehr als die 20-Tausend Depot“, Häme ist in seinem Gesicht zu lesen. „Und im Vertrag steht sogar, dass das Depot nicht zurückbezahlt wird. Aber dem werde ich es nun zeigen.“ Ulli strahlt. „Aber die Miete bezahlen würde ich dann auch nicht mehr“, rate ich ihm. „Ha, ha. Das mache ich seit 2 Monaten nicht mehr“, brüstet er sich. „Na, dann sieht ja dein Schnitt beträchtlich besser aus. Vermutlich müsstest du noch hinterher zahlen, wenn man es genau rechnet“, gebe ich zu bedenken. „Ha, ha. Dann hat der Thai dieses Mal die Zwei am Rücken“, freut sich Ulli. „Für ein paar Tausender wird er sich eine komplett neue Küche einbauen lassen“, wendet einer ein. Die überschwängliche Freude bei Ulli ist damit gerade erschlagen worden. „Meinst du?“, fragt er kleinlaut. „Dann nehme ich die AC auseinander“, stellt sich Ulli auf trotzig. „Na, wenn du meinst. Aber über den Tisch gezogen hat er dich bei Vertragsabschluss. Wie blöd war denn das, so etwas zu unterschreiben?“, meine ich. „Ja, klar. Aber rechtens ist das nicht. Da könnte ich vor Gericht gehen und käme damit auch durch“, verteidigt sich Ulli. „Die Kohle für den Rechtsanwalt kannst du dir sparen. Gib mal die 20 Mille her. Wir verhelfen zu 100-prozentigem Erfolg. Für uns. Schreib die Kohle ab und genieße das Leben. Gegen einen Thai wirst du hier immer den Kürzeren ziehen. Also, was willst du? Dich ärgern?“, reden wir ihm ins Gewissen. Ulli wird immer kleiner. „Also gut. Dann gehe ich jetzt und baue die AC aus. Tschüss“, verabschiedet sich Kollege Ulli verärgert und zieht ab.

Air Con

Vorgestern nun erwartet uns Ulli ungeduldig. „Ratet mal, was das ist?“ Mit Leuchten in den Augen lässt er uns einen Blick auf ein Teil mit Kabeln und Steckern werfen. „Die Steuereinheit der AC!“, berichtet er stolz. „Ha, ha. Der wird Augen machen, wenn er die AC anstellen will. Ha, ha“ „Ja gut. Aber dir nützt es auch nichts. Was willst du mit dem Ding? Eine AC drumherum kaufen?“, will ich wissen. „Nee, darum geht es ja nicht. Der meint doch, dass wir Farangs doch immer die Arschkarte ziehen. Doch da hat er sich bei mir getäuscht. Mit mir nicht. Dieses Mal hat er die Zwei am Rücken. Ha!“ Sichtlich vergnügt steckt er das Ding wieder ein. „Ha, dem zeig ich's. Der meint, er könne mich leimen. Ha. Mich nicht!“, Ulli blüht auf. Wir lassen ihn gewähren. Soll er die Freude haben. So endet auch dieses Treffen.

Heute, Sonntagmorgen, 8 Uhr 15. Mein Telefon klingelt. Schlaftrunken nehme ich ab. Ulli auf der anderen Seite: „Weißt du, was der Scheißkerl gemacht hat? Die Schlösser gewechselt hat er! Ich kann nicht mehr rein in meine Wohnung. Und das Telefon nimmt er auch nicht ab, der Lump, der“, flucht Ulli ins Telefon. „Ich hätte besser auch nicht abgenommen. Das hättest du mir auch später sagen können. Du bist doch fein raus, aus der Sache. Was willst du denn noch?“, frage ich. „Aber mein Flat-TV, meine Filme, DVD-Player, Toaster, Wasserkocher, die ganze Kücheneinrichtung, die Bettwäsche, alles noch drin. Weisst du wie?“, Verzweiflung auf der anderen Seite. „Ja, weiss ich. Das hättest du dir schon vorher überlegen müssen. Ich glaube halt doch, dass du die Arschkarte gezogen hast und nicht der Thai. Und jetzt, lass mich ausschlafen“, noch nicht richtig aufgewacht, hänge ich auf.