Vor 125 Jahren wurde C.S. Lewis geboren

Narnia-Autor und Denker 

Eine Person nimmt den Roman «Der Neffe des Magiers». Foto: Christoph Meyer/dpa
Eine Person nimmt den Roman «Der Neffe des Magiers». Foto: Christoph Meyer/dpa

LONDON/OXFORD: Gemeinsam mit seinem Freund J.R.R. Tolkien gilt er als Vater der Fantasy-Literatur. Seine Geschichten aus dem magischen Reich Narnia und seine christlichen Schriften bewegen noch immer Millionen von Menschen. Auch 60 Jahre nach seinem Tod bleibt C.S. Lewis relevant.

Als der freundliche Löwe Aslan in C.S. Lewis' Kinderbuchreihe «Die Chroniken von Narnia» den Geschwistern Lucy und Edmund eröffnet, dass sie nie wieder in die wundersame Parallelwelt hinter der Rückwand eines Kleiderschranks zurückkehren werden, bricht es aus Lucy heraus: «Wie können wir leben, wenn wir dich nicht mehr sehen?» Sie werden ihn auch in ihrer eigenen Welt sehen, lautet die Antwort Aslans, und er fügt hinzu: «Aber dort trage ich einen anderen Namen.»

Lewis, der vor 125 Jahren, am 29. November 1898, in Belfast als Clive Staples Lewis geboren wurde, aber seit seiner Kindheit auf den Namen «Jack» hörte, ist vor allem für das siebenbändige Fantasy-Werk über Narnia bekannt. Spätestens seit Veröffentlichung der gleichnamigen US-Film-Trilogie zwischen 2005 und 2010, die zum Kassenschlager wurde, ist sein Werk Teil der globalen Popkultur. Doch der eng mit dem «Herr der Ringe»-Autor J.R.R. Tolkien befreundete Autor ist auch aus anderen Gründen eine bedeutende Figur des 20. Jahrhunderts.

Der langjährige Dozent in Oxford und erste Inhaber des Lehrstuhls für mittelalterliches und renaissancezeitliches Englisch an der Universität Cambridge gilt noch heute als Koryphäe. Für den Oxford-Professor Simon Horobin, der wie Lewis Englisch und Literatur lehrt, ist eine der herausragenden Qualitäten des Narnia-Autors, dass er wie kein anderer komplexe Gedanken in verständlicher Sprache vermitteln konnte. Lewis, dessen Vorlesungen stets gut besucht waren, «hatte immer ein Auge für das Publikum», sagt Horobin, der im kommenden Jahr ein Buch mit dem Titel «C.S. Lewis's Oxford» herausbringen will.

Gleichzeitig wird Lewis vor allem in den USA, aber auch in anderen Teilen der Welt als Gigant der christlichen Literatur verehrt. Lewis ist wie sein Freund Tolkien (1892-1973) ein überzeugter Christ. Doch anders als der Katholik Tolkien scheut sich der Anglikaner Lewis nicht, das auch in seinen Romanen zum Vorschein kommen zu lassen. Nicht jedem dürfte das auf den ersten Blick auffallen: Der Löwe Aslan aus Narnia symbolisiert Jesus Christus.

Lewis und Tolkien sind Mitglieder eines Gelehrtenkreises namens «The Inklings» (etwa: Die Tintenkleckser) in Oxford, die sich wöchentlich treffen und über Literatur - auch die eigenen noch unfertigen Werke - diskutieren. Bei ihren Treffen, die oft in dem Pub «The Eagle and Child» stattfinden, spornen sie sich gegenseitig an, ihre teils epischen Werke fertigzustellen.

In dem Buch «Mere Christianity» legt Lewis seine Glaubensvorstellungen dar. In neueren deutschen Ausgaben wird der Titel inzwischen mit «Pardon, ich bin Christ» wiedergegeben. Lewis, der seinen Glauben nach dem frühen Tod der Mutter und den Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg zunächst verloren hatte und erst mit Anfang 30 wieder fand, stemmt sich gegen eine Weltsicht, die den Glauben an einen Gott zunehmend als obsolet betrachtet.

Der im Dezember in US-Kinos anlaufende Film «Freud's Last Session» nimmt das zum Anlass für ein fiktives Zusammentreffen zwischen Lewis und dem Gründer der Psychoanalyse Sigmund Freud. Freud, der Gott als Produkt der Fantasie betrachtet, hält dem noch jungen Lewis darin den Spiegel seines seelischen Innenlebens vor. Gespielt wird Freud von Anthony Hopkins (85), für den sich damit ein Kreis schließt: Vor 30 Jahren hatte Hopkins in «Shadowlands» C.S. Lewis verkörpert. In dem Film wird die tragische Liebesgeschichte zwischen dem Narnia-Autor und der US-amerikanischen Schriftstellerin Joy Davidman erzählt.

Den häufig hervorgebrachten Vorwurf, C.S. Lewis habe seine Leser durch eine erst auf den zweiten Blick erkennbare christliche Botschaft hintergangen, findet der promovierte Theologe Michael Ward von der Uni Oxford unberechtigt. Die Narnia-Bücher seien von einem rein literarischen Standpunkt aus gesehen echte Klassiker - niemand müsse darin eine Paraphrasierung der christlichen Heilsgeschichte sehen. Zudem seien auch viele andere Einflüsse zu erkennen, wie etwa die antike Mythologie, mit der sich Lewis beschäftigte.

Auch Kritikern, die im Fantasy-Reich Narnia verglichen mit Tolkiens Mittelerde zu wenig Detailtiefe erkennen wollen, widerspricht Ward. Der Theologe hat ein ganzes Buch («Planet Narnia») darüber geschrieben, wie Lewis die sieben Bände der Narnia-Chronologie der mittelalterlichen Vorstellung eines Kosmos mit sieben Himmeln oder sieben Planeten nachempfand. «Lewis wusste genau, was er tat», sagt er.

Am 22. November 1963 stirbt C.S. Lewis, doch die Nachricht wird von dramatischen Ereignissen überschattet - es ist der Tag, an dem der damalige US-Präsident John F. Kennedy erschossen wird. Manch einer, so heißt es, meinte, es wäre dem sehr auf seine Privatsphäre bedachten Lewis wohl ganz recht gewesen, nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestanden zu haben.

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