Verbot der Chat-App Telegram

Irans Kommunikationsminister protestiert 

Foto: epa/Abedin Taherkenareh
Foto: epa/Abedin Taherkenareh

TEHERAN (dpa) - Irans Kommunikationsminister Dschahromi hat gegen das Verbot des im Land beliebten Chatdienstes Telegram protestiert. «Den Zugang der Menschen zu Informationen kann man nicht stoppen (...) Wenn eine Software verboten wird, kommt sofort eine neue (...) So ist das nun mal», sagte Mohamed Dschawad Asari Dschahromi am Dienstag. «Nicht das Internet ist an Missbräuchen schuld, sondern die Menschen, die das Internet benutzen.»

Die iranische Justiz hatte am Montag offiziell das Verbot von Telegram angeordnet. Laut Justiz sollen über den Chatdienst Terrorismus und Pornografie im islamischen Land verbreitet worden sein.

Viele Iraner glauben jedoch, dass der wahre Verbotsgrund die regimekritischen Unruhen zum Jahreswechsel 2017/18 sind. Die Chat-App diente damals als wichtigstes Kommunikationsmittel der Demonstranten. Informationen, Videos und Bilder der Proteste wurden über Telegram im In- und Ausland verbreitet und von Medien weltweit verwendet.

Daraufhin forderten der Klerus und Hardliner, nicht nur Telegram zu blockieren, sondern auch ein staatlich kontrolliertes Internet einzuführen. Aber die von ihnen empfohlene Alternative, die im Iran entwickelte App Soroush, hat wenig Resonanz gefunden. Soroush - übersetzt «Stimme des Gewissens» - hat bis jetzt fünf Millionen Nutzer, Telegram dagegen über 40 Millionen.

Trotz des Verbots wird Telegram jedoch weiterhin im Iran benutzt. Wie auch beim verbotenen Kurznachrichtendienst Twitter und sozialen Netzwerk Facebook verschaffen sich Iraner Zugang über kostenlose VPN-Tunnel. Damit können Internet-Nutzer einen Datentunnel zu einem Server aufbauen und staatliche Zensur umgehen.

Der 36 Jahre alte Dschahromi ist der jüngste Minister im Kabinett von Präsident Hassan Ruhani. Als Verfechter des freien Internets ist das am Montag verhängte Verbot von Telegram für ihn, aber auch Ruhani, eine herbe Niederlage.

Nach Angaben der Tageszeitung «Shargh» soll Dschahromi nach dem Verbot bei Präsident Ruhani sogar um seine Entlassung gebeten haben. Angeblich lehnte Ruhani ab.

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