Law Lounge

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Es ist kein Geheimnis, dass in Pattaya vieles anders ist als im Rest der Welt. So darf sich Pattaya mit zwei Neuerungen schmü­cken, welche wohl einmalig sein dürften. Da wäre zum einen das schon seit Monaten aktive „Nacht-Gericht“ und das kürzlich eröffnete „Touristen-Gericht“. Was ist geschehen?

Das „Nacht-Gericht“ resultiert aus der Tatsache, dass das Gericht in Pattaya mit der Flut von Rechtsfällen im normalen Betrieb nicht mehr zurechtkommt. Deshalb mussten die Arbeitszeiten eben in „die Nacht“ ausgedehnt werden, und man bekommt auch mittlerweile Termine für Samstag und in Strafsachen auch sonntags.

Behandlung der Symp­tome anstatt Ursachen

Man mag sich nun fragen, wie kommt es zu dieser Arbeitsüberlastung? Die Gründe sind vielfältig. Nach unserer Ansicht liegt zum einen das Problem in der Tatsache, dass die Richter sowohl zivil- und strafrechtliche Fälle bearbeiten und es deshalb bei der Terminierung oft zu Überschneidungen und dann eben zu Verzögerungen kommt. Das zweite, viel wichtigere Argument ist die veraltete Zivil- und Strafprozessordnung, welche dringend reformierungsbedürftig ist.

Bei der Einführung des Nachtgerichts musste ich an ein oft wiederholtes Zitat meines Bekannten aus der Medizin denken: „In vielen Fällen werden immer nur die Symptome, nicht aber die Ursachen behandelt.“ Dies ist hier das Gleiche. Das wohl markanteste Beispiel, welches den Reformbedarf erklären mag, ist zwar nur ein kleiner Teil des großen Ganzen, aber wenn man extra einen Termin bei Gericht anordnet, in welchem der Richter mit den Beteiligten bzw. den Anwälten die Termine für die Beweisaufnahme bespricht, kann dies schnell mal 30 Minuten in Anspruch nehmen, wenn sich einer verspätet oder man solange die Terminkalender durchblättert, bis man einen Termin hat, welcher allen passt. Dass man dies nicht durch schriftliche Terminladung durch den Richter macht, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Die Konsequenz – die Richter müssen nun auch abends arbeiten. Und wenn das Gericht nun schon bis mindestens 20.30 Uhr besetzt ist, hat man den Pilotversuch des „Touristen-Gerichts“ nun eben dort mit eingegliedert.

Die Grundidee ist nicht schlecht, da es bei der Menge an Touristen, welche Pattaya jedes Jahr besuchen, nicht ausbleiben kann, dass es zu rechtlichen Streitereien kommt. Man hat dazu eigens eine Verwaltungsvorschrift zu der Zivilprozessordnung erlassen, und eben diese neue Richtlinie wollen wir hier erklären. Wenn ein Tourist eine zivilrechtliche Beschwerde hat, so kann er dies von Montag bis Freitag zwischen 16.30 und 20.30 Uhr bei Gericht in Pattaya tun. Er bekommt einen Mitarbeiter zugewiesen, welcher seine Beschwerde zu Papier bringt, mit den entsprechenden Beweisen. Es werden die Daten aller Beteiligten aufgenommen. Sodann wird noch am selben Tag, spätestens am nächsten Arbeitstag versucht, den Fall zu schlichten. Ein Sachstandsbericht über den Schlichtungstermin sowie das Ergebnis der Schlichtung müssen an das Ministerium für Tourismus weitergeleitet werden. Es besteht die Möglichkeit, dass die Parteien sich ihren Schlichter selbst auswählen. Tun diese das nicht, stellt das Gericht eine geeignete Person zur Verfügung.

Da bei einem Touristen-Gericht (welches auch für thailändische Touristen zuständig ist) das Sprachproblem vorprogrammiert ist, regelt die Verwaltungsvorschrift ausdrücklich, dass für den Fall, in welchem für das Schlichtungsgespräch ein Dolmetscher notwendig ist, das Ministerium für Tourismus umgehend zu informieren ist und es die Pflicht hat, einen Dolmetscher zur Verfügung zu stellen.

Hilfestellung für Touristen ein Novum

Das ist ein Novum, denn in den normalen Gerichtsverfahren wird keine Rücksicht darauf genommen, ob die Parteien Thai sprechen und verstehen können. Wenn diese es nicht können, muss man auf eigene Kosten einen Dolmetscher beauftragen. Sollte es zu Verzögerungen kommen, da eine Partei nicht erscheint und im Regelfall jeder Urlaub zu kurz ist – insbesondere, wenn noch ein Rechtsfall dazwischenkommt – wird die Beschwerde des Touristen offiziell zugestellt, und man kann einen Gerichtsmitarbeiter bevollmächtigen, den Fall zu Ende zu führen, wenn der Tourist seine Abreise antreten muss. Schließlich hat der Tourist, nach dem Wortlaut der Verwaltungsvorschrift, Anspruch auf weitere Hilfestellungen. Diese sind aber nicht weiter spezifiziert. Wir unterstellen, dass damit keine finanziellen Hilfestellungen gemeint sind, können es aber auch nicht ausschließen. Wir unterstellen, dass damit Hilfestellungen in Bezug auf Krankenhäuser und Botschaften gemeint sind. Zusammengefasst ist dies eine gute Sache, und es bleibt abzuwarten, wie sich das auf sechs Monate angelegte Pilotprojekt entwickelt. Wenn nun noch am Beginn der Kausalkette begonnen wird Maßnahmen zu ergreifen, dass es eben gerade nicht zu solchen Problemen kommt, kann man wohl wirklich von einem unbeschwerten Urlaub sprechen. Die Verwaltungsvorschrift nennt als eines der Hauptprobleme die Jet-SkiBetreiber und die Speedbootfahrer. Diese nun zu regulieren, dürfte wohl kein großes Problem sein, wenn der entsprechende Wille vorhanden ist. (Foto: vege / Fotolia.com)

Über den Autor dieser Kolumne

Der deutsche Rechtsanwalt Markus Klemm, zugelassen am Landgericht Stuttgart, schreibt die FARANG-Rechtsberatungs-Kolumne. Zusammen mit Amnat Thiengtham ist er gleichberechtigter Geschäftsführer der Kanzlei Asia LawWorks an der Thepprasit Road in Pattaya, welche auf der Anwaltsliste der deutschen Botschaft aufgeführt ist. Immer wieder geraten Residenten in Streitangelegenheiten mit rechtlichen Folgen. DER FARANG möchte mit dieser Kolumne aufklären, um das Leben in Thailand leichter zu gestalten. Die Law Lounge-Kolumne ersetzt jedoch keine persönliche Beratung. Ebenfalls erfolgt keine Rechtsberatung per Telefon!

Rechtsanwalt Klemm kann per E-Mail: talk2us@asialawworks.com

oder telefonisch unter +66 38 411 591 kontaktiert werden.

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