Korruptionsvorwürfe setzen Samsung unter Druck

Foto: epa/Jeon Heon-kyun / POOL
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SEOUL (dpa) - Seit der schweren Erkrankung seines Vaters vor drei Jahren rückte Lee Jay Yong immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit. Doch die Art von Publicity, die der 48-jährige Erbe des Samsung-Imperiums zuletzt erhielt, könnte seinem Image und seiner Karriere erheblich schaden. Lee steht in Südkorea seit Donnerstag wegen des Vorwurfs der Präsidenten-Bestechung, Untreue und Meineids in Seoul vor Gericht. Bei einer Verurteilung droht Lee, der die Anschuldigen zurückweist, eine mehrjährige Haftstrafe. «Sollte er für schuldig befunden werden, wäre es fast unmöglich für ihn, ins Management zurückzukehren», meint ein Analyst.

Lee, der in Japan und an der Harvard Business School studiert hat, gilt wie sein Vater, der ehemalige Konzernchef Lee Kun Hee, als medienscheu. Seine öffentlichen Auftritte sind eher selten, auch wenn er in den vergangenen Jahren immer mehr zum Gesicht des Konzerns, besonders aber des Smartphone-Marktführers Samsung Electronics wurde, dessen Vize-Vorsitzender er ist. Doch glauben die Südkoreaner, dass ihm das Charisma des Vaters abgeht, der den Aufstieg Samsungs zum Weltkonzern bewerkstelligte. Seinen Untergebenen gab dieser einst das berühmt-berüchtigte Motto mit auf den Weg: «Verändert alles, außer Eure Kinder und Frauen».

Seinen Sohn sieht man eher als zurückhaltenden Erben, dem seit seiner Aufnahme 2001 in das Samsung-Imperium schrittweise der Weg nach oben geebnet wurde. Gleichwohl hat auch Lee Junior die Interessen seiner Familie im Blick, die den Konzern weiter kontrollieren will. Das könnte ihm jetzt, neben anderen Faktoren, zum Verhängnis werden.

Die Ermittler glauben nämlich, dass es bei der umstrittenen Fusion des Bauunternehmens Samsung C&T mit der Konzerntochter Cheil Industries im Jahr 2015 nicht mit rechten Dingen zuging. Kritiker sahen in der Fusion eine Stärkung der Samsung-Gründerfamilie. Präsidentin Park Geun Hye, der durch einen Korruptionsskandal um eine enge Vertraute der Verlust ihres Amts droht, wird vorgeworfen, direkt oder indirekt auf die staatliche Pensionskasse eingewirkt zu haben, um die Fusion zu bewilligen.

Samsung hatte zuvor großzügig Sponsorengelder an Stiftungen und Organisationen der umstrittenen Park-Freundin Choi Soon Sil verteilt - es geht dabei um 43 Milliarden Won (35 Millionen Euro), die nach Freigabe durch Lee geflossen sein sollen. Ein Teil davon solle aus Konzernkassen veruntreut worden sein.

Die Verstrickung in die Korruptionsaffäre könnte allerdings nicht nur Lee, sondern auch dem Image des Konzerns schaden, glauben Beobachter. Noch ist das Konzern-Flaggschiff Samsung Electronics dabei, sich vom Debakel um sein brandgefährliches Smartphone Galaxy Note 7 zu erholen, dessen Produktion es im vergangenen Herbst einstellen musste.

Doch geht es nicht nur um das Image, sondern auch um die Konzernstruktur. Kurzfristig sei der Skandal um die Präsidentin kein Problem, meint Lee Seung Woo von IBK Securities in Seoul. Im Vergleich zu anderen koreanischen Unternehmen und Wettbewerbern im Ausland habe etwa der Aktienpreis von Samsung Electronics keine Schwäche gezeigt. «Langfristig könnte es jedoch Probleme geben, es können Unsicherheiten in der Samsung-Gruppe auftreten.» Und das würden die Investoren nicht mögen. Zudem sehe er Probleme im US-Geschäft, falls der Konzernerbe verurteilt werde.

Ende November teilte Samsung Electronics mit, über eine weitere Vereinfachung seiner Unternehmensstruktur durch Aufspaltung nachzudenken. Das könne die Bildung einer Dachgesellschaft einschließen. Samsung reagierte damit unter anderem auch auf Forderungen nach einem Konzernumbau des US-Investors Elliot Management, der Aktionär beim Elektronikhersteller ist.

Nach der Anklageerhebung gegen Lee Ende Februar verkündete die Samsung-Gruppe zudem die Auflösung seines bislang als Kontrollturm fungierenden Strategiebüros. Das heißt, die Konzerntöchter sollen künftig selbstständiger Entscheidungen treffen können. «Egal, ob Lee schuldig gesprochen wird oder nicht, Samsung sollte Veränderungen vornehmen», sagt der Analyst von IBK.

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