„Kennen Sie Frau Nordmann...?“

Kranken-Rücktransport einer Wachkoma-Patientin von Pattaya nach Deutschland

Für den Kranken-Rücktransport in Passagiermaschinen werden Sitze ausgebaut, um die Patienten liegend zu transportieren. Fotos: ADAC
Für den Kranken-Rücktransport in Passagiermaschinen werden Sitze ausgebaut, um die Patienten liegend zu transportieren. Fotos: ADAC

PATTAYA: Der Ruhestand unter Palmen ist der Traum vieler Rentner. Doch was tut man bei einem medizinischen Notfall? FARANG-Leser Ulrich Jaeger übernahm die Betreuung einer in Thailand lebenden Bekannten, als diese ins Wachkoma fiel. Hier berichtet er über den aufregenden Kranken-Rücktransport von Pattaya nach Deutschland.

Bei Flügen mit Stopover stehen am Flughafen Krankenfahrzeuge zum Umstieg bereit.
Bei Flügen mit Stopover stehen am Flughafen Krankenfahrzeuge zum Umstieg bereit.

Es war ein Montag, als ich um drei Uhr nachts einen Anruf von der Deutschen Botschaft in Thailand erhielt. „Kennen Sie Frau Maria Nordmann (Name geändert)?“ Ich schlaftrunken am Telefon: „Ja... wieso?“ Der Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Thailand teilte mir mit: „Frau Nordmann liegt im Krankenhaus in Pattaya auf der Intensivstation. Sie ist im Wachkoma.“

Zuerst musste ich einigermaßen wach werden, um diesen Schock zu verdauen. Man hatte meine Anschrift in Frau Nordmanns Geldbörse gefunden, weshalb die Botschaft mit mir Kontakt aufnahm.

„Ja, natürlich kenne ich Frau Nordmann. Sie ist seit 15 Jahren eine sehr gute Bekannte von mir. Vor zwei Jahren ist sie nach Pattaya in Thailand ausgewandert.“ Dann bat mich der Botschaftsmitarbeiter, den Rücktransport nach Deutschland zu organisieren. Laut den Ärzten im Krankenhaus war Frau Nordmann zwar nicht mehr ansprechbar, hatte aber bevor sie ins Wachkoma fiel gewünscht, nach Deutschland zurückzukehren. Ich war völlig mit der Situation überfordert: „Ja, und was kann ich jetzt tun?“

Zum gesetzlichen Betreuer bestellt

2014 holte der ADAC mehr als 4.500 Urlauber mit dem Flugzeug nach Hause, die einen Notfall erlitten hatten.
2014 holte der ADAC mehr als 4.500 Urlauber mit dem Flugzeug nach Hause, die einen Notfall erlitten hatten.

Die Botschaft hatte bereits die ADAC-Schutzbrief Versicherungs-AG gebeten den Krankenrücktransport zu übernehmen. Dazu würde der ADAC allerdings das Einverständnis der Patientin oder eines bestellten Betreuers benötigen. Inzwischen hellwach wurde mir erst richtig bewusst, dass meine Bekannte, die geschieden ist und keine Verwandte mehr hat, dringend Hilfe benötigte: MEINE HILFE!

Um sieben Uhr im Büro angekommen, fand ich bereits eine E-Mail von der ADAC-Schutzbrief-Versicherungs-AG vor, mich dringend zu melden. Dort bestätigte man mir den Sachverhalt: „Wir benötigen für den Kranken-Rücktransport einen Auftrag beziehungsweise eine Einverständniserklärung. Nachdem Frau Nordmann diese nicht mehr erteilen kann, benötigen wir ganz schnell einen entsprechenden Auftrag eines Betreuers. Dazu müssen Sie sich an das Gericht wenden und die Situation schildern.“

Die Ärzte und das Krankentransport-Personal an Bord des Flugzeugs sind mit medizinischer Ausrüstung ausgestattet.
Die Ärzte und das Krankentransport-Personal an Bord des Flugzeugs sind mit medizinischer Ausrüstung ausgestattet.

Das tat ich, um dort zu erfahren, dass das hiesige Amtsgericht, das Betreuungsfälle bearbeitet, nicht zuständig sei, da Frau Nordmann schon seit zwei Jahren nicht mehr in Deutschland gemeldet war.

Nach längeren Recherchen erfuhr ich, dass für deutsche Staatsbürger, die im Ausland leben, das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig ist. Also wandte ich mich nun dort hin, erklärte, dass ich die – erst einmal vorläufige – Betreuung für Frau Nordmann übernehmen würde. Innerhalb von zwei Tagen bekam ich mit sofortiger Wirksamkeit den Beschluss des Betreuungsgerichtes Schöneberg, der mich zum vorläufigen Betreuer bestellte mit dem Aufgabenkreis „Rückführung der Betroffenen nach Deutschland“, „Sorge für die Gesundheit“ und „Aufenthaltsbestimmung“. Jetzt konnte ich die weiteren Schritte einleiten, um den schnellstmöglichen Rücktransport von Frau Nordmann nach Deutschland durch den ADAC zu veranlassen.

Patiententransport in der Luft

Die Patienten werden vom Krankenhaus im Urlaubsland abgeholt und mit dem Nachtflugzeug in die Heimat geflogen.
Die Patienten werden vom Krankenhaus im Urlaubsland abgeholt und mit dem Nachtflugzeug in die Heimat geflogen.

Bereits zwei Tage später fand der Kranken-Rücktransport statt. Dazu wurde Frau Nordmann an einem Sonntag durch einen Arzt aus Deutschland, begleitet durch eine deutsche Pflegefachkraft, vom Krankenhaus in Pattaya abgeholt und mit dem Nachtflugzeug nach Frankfurt geflogen. Im Flugzeug wurde hierfür die Mittelreihe ausgebaut. So konnte man die Patientin liegend transportieren.

Nach der Ankunft in Frankfurt am darauffolgenden Tag um 6.10 Uhr wurde meine Bekannte mit einem speziellen Krankenfahrzeug des Deutschen Roten Kreuzes in ein Krankenhaus gebracht.

Ich muss allen Mitarbeitern des ADACs ein großes Lob aussprechen, angefangen bei den Mitarbeitern im Innendienst bis hin zu den Ärzten und dem Krankentransport-Personal. Sie haben alle eine hervorragende Arbeit geleistet.

(Mit freundlicher Genehmigung von der Fachzeitschrift „not“, www.not-online.de)

Fliegendes Krankenhaus

• Der ADAC holte 2014 mehr als 4.500 Urlauber per Flugzeug nach Hause.

• Für den weltweiten Krankenrücktransport betreibt der Automobilclub eigene, fliegende Intensivstationen.

• Die Flotte besteht aus zwei Großraumambulanz-Jets vom Typ DO 328, einer Turboprop der Firma Beechraft sowie einem Lear Jet 60. Bei Bedarf können weitere Flugzeuge zusätzlich für Krankentransporte bereitgestellt werden.

• Hauptursache für die Krankenrücktransporte per Flugzeug sind in 70 Prozent der Fälle Herz- und Kreislauferkrankungen, Schlaganfälle und Hirnblutungen.

• Je nach Maschinentyp kostet ein ADAC-Ambulanz-Sonderflug von z.B. Ägypten oder den Kanarischen Inseln nach Deutschland bis zu 45.000 Euro.

• Neben der fliegenden Crew beschäftigt der ADAC-Ambulanzdienst mehr als 100 Mitarbeiter in der Münchner Zentrale, darunter Ärzte, Rettungssanitäter und Rettungsassistenten.

(Quelle: ADAC-Presse-Information vom April 2015)

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Martin Con carne 08.07.16 16:32
Q micheal meier
ich stimme herr meier voll zu!

schaut um und es werden euch viele verschiedene anbieter den gleichen, wenn nicht besseren, schutz für weniger anbieten.

es wäre nciht im sinne des beitragsverfassers wenn ich hier schleichwerbung mache ;)
Jürgen Franke 08.07.16 16:22
Lieber Michael
mir ist auch nicht ganz klar geworden, aus welchen Gründen die Frau nach Deutschland ausgeflogen werden mußte, da ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann, dass die Krankenhäuser in Thailand sehr gut sind. Dieses Thema wurde hier ausführlich schon behandelt. Dass in Ausnahmefällen in Europa behandelt werden muß und dann sogar dafür das Nachtflugverbot in der Schweiz aufgehoben wird, wurde auch schon berichtet. Vielleicht war der Artikel auch eine Werbung für den ADAC.
Jürgen Franke 08.07.16 16:22
Lieber Martin
wenn dem so war, wie Du es geschildert hast, ist offensichtlich einiges falsch gelaufen. Wäre schön, wenn der ADAC dazu Stellung nehmen würde.
Martin Con carne 07.07.16 22:08
PAPAERLA PAP !!
Ich selber habe am eigenen Leib erfahren müssen das ADAC trotz ärtzlichem Atest und mehreren Befunden dieser Verein zwar mich evtl. nach Hause geflogen hätte, aber meine Frau alleine in Thailand sitzen lassen wollte!

Daher finde ich diese Lobpreisung fehl am Platz !
Jürgen Franke 05.07.16 10:05
Vielen Dank Herr Richter für den Bericht, der
uns einige wichtige Informationen gibt. Mir war nicht bekannt, dass das Gericht in Berlin-Schöneberg für die im Ausland lebenden Deutsche zuständig ist. Erst durch diesen, von Ihnen erwirkten, Gerichtsbeschluss war es möglich, der Patienten zu helfen. Sie hatte zwar eine Super Reiseversicherung aber keine Patientenverfügung in ihren Unterlagen. Aus Erfahrung ist mir bekannt, dass sich in Krankenhäusern bestimmte Personen einen Beschluss bei Gericht besorgen, wenn feststeht, dass kein Angehöriger greifbar ist. Auch an Bankkonten kommen diese Personen dann bequem ran. Ohne einen derartigen Gerichtsbeschluss macht kein Arzt etwas mit und an dem Patienten. An einer anderen Stelle, hier im Forum, habe ich es schon mal erwähnt, dass ich bei meinem letzte Besuch (90 Tage-Meldung) bei der Immigration mir ein formloses Schreiben abstempeln ließ, auf dem meine Bankdaten standen und wer im Notfall zu benachrichtigen sei. Lachend fragte mich der nette Beamte noch, ob er sich noch als Bezugsberechtigter.drunter setzen könne. Diese Schreiben liegen neben meiner Verfügung im Safe, falls es mir nicht mehr möglich ist, diese Informationen selbst zu geben.