Humanoide Roboter auf dem Vormarsch

Foto: epa/Franck Robichon
Foto: epa/Franck Robichon

HANNOVER (dpa) - Roboter NAO ist 58 Zentimeter groß, hat einen weißen Körper und einen runden Kopf mit Kulleraugen, die grün oder blau blinken. Der kleine Roboter arbeitet nicht etwa im Sillicon Valley in den USA, sondern seit Herbst 2016 in der Stadtbibliothek in Köln. Besucher können dort in Kursen lernen, ihn zu programmieren. «Die Leute reagieren positiv auf ihn, weil er diesen Niedlichkeitsfaktor mit dem Kindchenschema und den großen Kulleraugen hat», erzählt Mitarbeiterin Babett Hartmann auf der Technologiemesse CeBIT.

Ganz anders sehen dagegen die humanoiden Roboter aus, die der japanische Professor Hiroshi Ishiguro in seinem Vortrag in Hannover zeigt. Sie tragen Hosen und Pullover und haben ein menschenähnliches Gesicht. Ishiguro und sein Team der Universität Osaka in Japan haben sich auf die soziale Interaktion von Robotern spezialisiert. Sie können gemeinsam mit Menschen Dialoge führen, zum Beispiel darüber, was die Unterschiede zwischen Menschen und Robotern sind.

Groß wie ein Mensch sind auch die deutschen Verwandten der Amar-Familie, die am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt werden. Die Roboter im drahtig-blechernen Design sind Bewegungsspezialisten. «Wir schulen unsere Roboter darin, Menschen zu beobachten und davon zu lernen», erklärt Robotik-Experte Tamim Asfour. Die Amar-Roboter sind Hilfsroboter. Sie werden zu Assistenten ausgebildet, zum Beispiel im Haushalt. Amar IV, 70 Kilogramm schwer und 1,70 Meter groß, kann die Spülmaschine einräumen oder gemeinsam mit einem Menschen Salat zubereiten.

Außerdem arbeiten die Karlsruher Forscher an der Weiterentwicklung sogenannter Ekso-Skelette. Die tragbaren Körperanzüge werden schon in vielen Krankenhäusern in Deutschland zur Therapie- und Rehabilitation für Querschnittsgelähmte eingesetzt. Auch einzelne Roboterteile, wie Beine oder Arme können Menschen als Hilfen im Arbeitseinsatz dienen, wo etwa schwere Lasten über Kopfhöhe getragen werden müssen, wie bei der Automobilproduktion, erklärt Asfour.

In Japan spielen Haushaltsroboter schon jetzt eine wichtige Rolle bei der Alten- oder Krankenpflege. Auch in Europa sehen Wissenschaftler viel Potenzial für die Roboter, allerdings ist die Skepsis gegenüber der intelligenten Technik hier viel ausgeprägter.

Frederike Kaltheuner von der Londoner Datenschutzorganisation Privacy International warnt vor Maschinen voller Sensoren, die Daten ohne das Wissen der Konsumenten sammeln. «Technologie ist nie neutral, sondern wirft neue Fragen auf, die diskutiert werden müssen», sagt sie.

Das Europäische Parlament hat in einer Empfehlung an die Europäische Kommission im Februar eine Begriffsbestimmung und ein umfassendes EU-Registrierungssystem für fortschrittliche Roboter gefordert. Das Parlament betonte, «dass man sich bei der Entwicklung der Robotertechnologie darauf konzentrieren sollte, menschliche Fähigkeiten zu ergänzen und nicht zu ersetzen».

Genau darauf hat sich Jessica Burgner-Kahrs von der Universität Hannover spezialisiert. Ihr Team entwickelt Miniatur-Roboter für die Chirurgie. «Unser Vorbild sind dabei nicht Menschen, sondern Tiere, wie zum Beispiel Elefantenrüssel oder die Zunge des Ameisenbärs», erklärt die Wissenschaftlerin. Bewegliche Miniatur-Roboter mit einem Durchmesser von ein bis zwei Millimetern sollen als verlängerter Arm der Mediziner durch Nasenlöcher oder Ohren hindurch beim Entfernen von Tumoren helfen.

Ob in der Medizin, zu Therapiezwecken, in der Pflege oder im Haushalt: Die Roboter werden als Gehilfen der Menschen bald nicht mehr wegzudenken sein, schätzt Robotik-Experte Asfour. «Wenn ein Roboter aber langsam oder nervig ist, will den keiner haben.»

Bestimmte Tätigkeiten, wie etwa die Schnürsenkel an den Schuhen zu binden, sind jedoch für Roboter bisher noch eine unvorstellbare Aufgabe. «Was menschliche Hände können ist einzigartig», sagt Asfour. «Davon sind wir noch weit entfernt.»

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