Duterte empfängt zum ASEAN-Jubiläumsgipfel in Manila

Foto: epa/Cerilo Ebrano
Foto: epa/Cerilo Ebrano

MANILA (dpa) - Asean - das Gegenstück zur EU in Südostasien - wird 50. Beim Jubiläumsgipfel auf den Philippinen ist die Feierlaune aber nicht allzu groß. Insgesamt sind die zehn Staaten doch sehr verschieden. Eine «asiatische EU» werden wollen sie nicht.

In seinen ersten zehn Monaten als Staatschef der Philippinen hat sich Rodrigo Duterte auch international durchaus einen Namen gemacht: mit einem brutalen Anti-Drogen-Krieg zuhause sowie übelsten Beschimpfungen ausländischer Kollegen. Beim jüngsten Gipfel der Gemeinschaft Südostasiatischer Staaten (Asean) nannte er den damaligen US-Präsidenten Barack Obama einen «Hurensohn».

Nun muss der 72-Jährige zeigen, dass er auch anders kann. An diesem Mittwoch beginnt in Manila der Jubiläumsgipfel zu Aseans 50-jährigem Bestehen. Duterte scheint guten Willens. Im offiziellen Gipfelvideo heißt er seine Gäste zuckersüß im Land von «7.107 Inseln der Schönheit, der Wunder und des Vergnügens» willkommen. Und säuselt dazu: «Mabuhay ang Asean!» («Lang lebe Asean!»)

Zumindest auf ein halbes Jahrhundert hat es die Staatengruppe schon gebracht - keine Selbstverständlichkeit. Als Asean (Association of Southeast Asian Nations) 1967 aus der Taufe gehoben wurde, waren nur fünf Länder dabei: Indonesien, Thailand, Malaysia, die Philippinen und Singapur, allesamt Verbündete der USA. Treibende Kraft im Kalten Krieg war die Angst vor dem Kommunismus.

Heute sind es doppelt so viele. Nach und nach kamen Brunei, Vietnam, Laos, Myanmar und Kambodscha hinzu. Auf der Warteliste steht Osttimor. Mit 625 Millionen Einwohnern - mehr als die Hälfte unter 30 - ist Asean längst größer als die Europäische Union (EU). Und, zählt man alles zusammen, mit einer Wirtschaftskraft von mehr als 2,5 Billionen Dollar drittgrößter Wirtschaftsraum der Welt.

Aber die Unterschiede sind enorm: vom Ministaat Brunei zu Inselreichen wie den Philippinen, von Armenhäusern wie Laos zum Finanzzentrum Singapur, vom kommunistischen Ein-Parteien-Staat Vietnam zur weltgrößten muslimischen Demokratie Indonesien. Auch was den Glauben angeht: mehr als 240 Millionen Muslime, 150 Millionen Buddhisten, 120 Millionen Christen. Plus Hindus, Taoisten, Konfuzianer und mehr.

Trotz aller Differenzen ist Südostasien jedoch seit Jahrzehnten eine der friedlicheren Regionen der Welt. Der Chef des Asean-Studienzentrums in Singapur, Tang Siew Mun, sagt: «Größte Errungenschaft ist, mit politisch, wirtschaftlich und sozial so unterschiedlichen Staaten ein stabiles Umfeld geschaffen zu haben.»

Immer schon gilt bei Asean die Regel, dass Beschlüsse einstimmig gefasst werden müssen. Zudem mischt man sich in die inneren Angelegenheit der anderen grundsätzlich nicht ein. Das führt allerdings auch dazu, dass die Gruppe international eher als unverbindliche Staatengemeinschaft denn als «Global Player» gilt.

Immer mal wieder wird Asean mit der fast genau so alten EU verglichen. Sie hat ein gemeinsames Sekretariat, in Indonesiens Hauptstadt Jakarta, und seit 2015 auch einen gemeinsamen Binnenmarkt. Größer sind jedoch die Unterschiede: keine gemeinsame Währung, kein gemeinsames Parlament, keine Kommission.

Der Asien-Experte Felix Heiduk von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) meint deshalb: «Der Vergleich mit den Europäern hinkt. Die Asean-Mitglieder haben sich ja nie zum Ziel gesetzt, so etwas wie eine "zweite EU" zu werden. Heute wollen sie das vielleicht weniger denn je.» Mit Prognosen, dass die EU auf jeden Fall eine größere Zukunft hat als Asean, ist man allerdings vorsichtiger geworden.

Zu den aktuell größten Herausforderungen gehört der Streit um verschiedene Inseln im Südchinesischen Meer, auf die verschiedene Asean-Mitglieder Anspruch erheben, vor allem aber der große Nachbar China. Der Versuch, eine Art Verhaltenskodex zu entwickeln, brachte bislang keinen Erfolg. Tang meint: «Das Thema ist ein harter politischer Test für Asean, und bislang hat sie ihn nicht bestanden.»

Dahinter steht aber auch eine Grundsatzentscheidung - wie sich die Region zwischen den Großmächten USA und China positioniert. Die meisten Länder hatten zuletzt versucht, mit beiden gut auszukommen. Aber durch zunehmend aggressivere Töne - aus Peking, neuerdings aber auch aus Washington - wächst der Druck, sich zu entscheiden.

Heiduk sagt voraus: «Die Gruppe als Ganzes wird sich nicht auf die eine oder andere Seite schlagen. Aber einige haben das schon gemacht: Kambodscha und Laos stehen an Chinas Seite, in Singapur ankern Schiffe der amerikanischen Pazifik-Flotte. Das Ringen der Großmächte um die anderen ist in vollem Gang.» Als Wackelkandidat gelten inzwischen sogar die Philippinen, einst treuer US-Verbündeter. Duterte hat es geschafft, selbst daran Zweifel aufkommen zu lassen.

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