Drogen, Mord, Raub - alle gängigen Straftaten

Botschaft notiert jedes Jahr 150 Haftfälle

Im ersten Halbjahr hatte die deutsche Botschaft 31 in thailändischen Haftanstalten einsitzende Staatsbürger im Alter zwischen 18 und 60 sowie weitere 77 sogenannte Kurzzeitler zu betreuen. Dabei handelt es sich um Frauen und Männer, die die Immigration in Auslieferungshaft nimmt und die auf ihre Ausweisung warten; entweder nach Verbüssung einer Haftstrafe oder wegen illegalen Aufenthalts (Overstay). Jedes Jahr notiert die Botschaft über 150 Haftfälle.

Ein halbes Jahr in Auslieferung

In Auslieferungshaft finden sich ebenso Staatsbürger wieder, die in Deutschland per Haftbefehl gesucht und in Thailand (fast immer in Pattaya) von der lokalen Polizei auf Ersuchen deutscher Behörden festgenommen werden. Solch ein Auslieferungsersuchen dauert, der mutmassliche Straftäter wartet dann in seiner Zelle rund ein halbes Jahr auf die Abschiebung.

Extrem lang kann in Thailand eine Untersuchungshaft dauern. Ein Jahr ist keine Ausnahme. Ein Europäer wartet bereits seit fünf Jahren auf den Abschluss seines Verfahrens. Die Polizei wirft ihm Drogenhandel vor. Die Länge einer U-Haft richtet sich nach Tatvorwurf, Beweislage, wie viele Zeugen zu vernehmen sind, ob sich der Angeklagte schuldig bekennt und auch nach dem Einsatz des thailändischen Anwalts.

Ausländer, die in diesem Land von der Polizei festgenommen werden, sollten wissen, dass auch im Königreich der Artikel 36 der Wiener Konsularrechtskonvention gilt. Danach sind thailändische Behörden verpflichtet, auf Wunsch des Festgenommenen unverzüglich das nächste Konsulat/die nächste Botschaft zu benachrichtigen und Deutsche auch sofort auf dieses Recht hinzuweisen.

Rund 60 Prozent der Deutschen sitzen wegen Drogenkriminalität ein. In den Akten finden sich alle gängigen Straftaten: Mord, Diebstahl, Raub, Scheckkartenbetrug, sexueller Missbrauch von Minderjährigen, Einfuhr und Verbreitung von Falschgeld. Deutsche sind derzeit in vier Bangkoker Haftanstalten sowie in Chonburi, Phuket, Chiang Mai und Chiang Rai untergebracht.

Drogenhandel kann im Königreich mit der Todesstrafe geahndet werden. Auch Ausländer werden zum Tode verurteilt. Die Strafe kann später, sofern der Häftling geständig ist, in lebenslang umgewandelt werden. Ein Lebenslänglicher darf darauf hoffen, dass seine Haftzeit auf 40 oder 30 Jahre reduziert wird. Ein Straferlass richtet sich auch danach, ob der Gefangene sich zu seiner Tat bekannte.

Von einer Strafminderung oder vorzeitigen Entlassung, die der König regelmässig per Dekret verfügt, sind Drogenkriminelle ausgenommen.

Justiz lässt nicht jeden ziehen

Seit 1997 können Gefangene ihre Reststrafe in deutschen und somit komfortableren Knästen absitzen. Damals trat ein Ab- kommen über die Überstellung von Gefangenen in ihr Heimatland in Kraft. Die thailändische Justiz lässt aber nicht jeden ziehen. Der Grund: Sie ist mit einer zu drastischen Reduzierung des Strafmasses im Heimatland des Verurteilten nicht einverstanden. Nach deutschem Strafgesetz fällt das Strafmass für eine Tat zumeist geringer aus als in Thailand. Ein Beispiel: Lebenslänglich in Thailand heisst in Deutschland in der Regel 15 Jahre.

Deutsche, die in Thailand zu lebenslänglich verurteilt wurden, können nach acht Jahren Knast einen Antrag stellen, bei Freiheitsstrafen von zwölf und mehr Jahren nach vier Jahren; bei einer Haftzeit von einem bis zwölf Jahren muss mindestens ein Drittel der Strafe verbüsst sein.

Bei der deutschen Botschaft in Bangkok betreuen Konsul Klaus Schick und sein Mitarbeiter Guido Viehauser inhaftierte Landsleute. Beide sprechen mit Richtern und Polizei und nehmen - soweit es ihre Zeit erlaubt - an Verhandlungen teil. Schick und Viehauser informieren auch über den Stand des Verfahrens und geben Ratschläge, wie sich der Angeklagte in seinem Prozess verhalten sollte.

Die Betreuung ist in den Provinzen nicht so intensiv wie in Bangkok, dazu fehlen Personal und Geld. Den meisten Besuchen liegt ein aktueller Anlass zu Grunde.

Nicht selten tragen Deutsche ihre Beschwerde verbittert vor und schiessen dabei über das Ziel hinaus: Hatten sie Ärger mit dem Aufseher und hat dieser nach dem Streit das Kochgeschirr eingezogen, sollen Botschaftsangehörige das Haus- haltsgerät wieder herbeizaubern. Der Brief wird geschrieben, wohl wissend, dass Kochutensilien in Zellen nicht erlaubt sind.

Gefangenen finanziert die Botschaft Zahnersatz, Brillen, notwendige ärztliche Behandlung und Medikamente. Zudem erhalten die Häftlinge jeden Monat 250 Mark, Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem Bundessozialhilfegesetz. Für Anwaltsgebühren, Geldstrafen, Overstay und Kaution kommt der deutsche Steuerzahler allerdings nicht auf.

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