China umgarnt Europäer mit Charmeoffensive

 Chinas Außenminister Wang Yi. Foto: epa/Rolex Dela Pena
Chinas Außenminister Wang Yi. Foto: epa/Rolex Dela Pena

PEKING (dpa) - Wie die Kanzlerin ist auch China besorgt über Trump. Demonstrativ stellt sich Peking auf Europas Seite - aber wenn es um seine eigenen Interessen geht, untergräbt China die europäische Einheit.

China umwirbt die Europäer mit einer Charmeoffensive. Während US-Präsident Donald Trump die «schlauen» Briten für ihren geplanten Ausstieg aus der Europäischen Union lobt, positioniert sich China als Unterstützer der europäischen Integration. «Wir hoffen, ein einigeres, stabiles und blühendes Europa zu sehen», sagt Außenminister Wang Yi kurz vor dem ersten Treffen von Kanzlerin Angela Merkel mit Trump am Dienstag in Washington.

Im Freihandel, beim Klimaschutz und bei der Gestaltung der neuen Weltordnung scheint China in die Lücken vorzustoßen, die Trump mit seinem Isolationismus hinterlässt. Blickt der neue Hausherr im Weißen Haus auf die Europäische Union herab, hebt Wang Yi auf der laufenden Tagung des Volkskongresses in Peking ihre Bedeutung hervor: «Wir legen Wert auf Europas strategische Position und bedeutende Rolle.»

Und während Trump dem Protektionismus das Wort redet, um neue Jobs in Amerika zu schaffen, will China mit den Europäern kooperieren, um «die wirtschaftliche Globalisierung voranzutreiben», wie Wang Yi sagt. Denn China ist genau wie Europa besorgt über Trump. «Wenn die US-Regierung wie angekündigt harte Maßnahmen ergreift, um Importe aus China zu beschränken, kann das die verwundbare Wirtschaft Chinas empfindlich treffen», sagt Björn Conrad vom China-Institut Merics.

China und Deutschland teilten ein «unangenehmes Schicksal»: «Beide sind als Exportnationen auf einen dynamischen, globalen Handel angewiesen.» Nun gingen ihnen die USA als verlässlicher Partner im Welthandel verloren, sagt Conrad. Er warnt aber vor «Blauäugigkeit» gegenüber China. «Wenn Peking von Globalisierung spricht, sind vor allem offene Märkte für chinesische Exporte und Investitionen gemeint, nicht eine weitreichende Öffnung des chinesischen Marktes.»

Überhaupt spiele China ein doppeltes Spiel, finden Beobachter. So verfolge China nicht nur selbst Protektionismus und schränke den Marktzugang für ausländische Unternehmen ein. Es versuche auch hinter den Kulissen, die Europäer bei heiklen Themen wie der Kritik an seiner Menschenrechtslage, der Aufrüstung im Südchinesischen Meer oder in der Handelspolitik zu spalten.

«Teile und herrsche» nennen Experten in Brüssel die Strategie. Östliche EU-Staaten wie Ungarn oder arme Mittelmeeranrainer wie Griechenland würden massiv unter Druck gesetzt, um im Sinne Chinas die gemeinsame Außenpolitik zu beeinflussen. «In zentralen Feldern der China-Politik, zum Beispiel Menschenrechte und Südchinesisches Meer, ist es praktisch unmöglich geworden, einen Konsens zu bekommen», sagt ein europäischer Diplomat.

So verwässerten die beiden Staaten im Juli vergangenen Jahres, als der internationale Schiedsgericht in Den Haag die Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer abgewiesen hatte, eine gemeinsame Erklärung der EU. Am Ende wurde China nicht einmal mehr direkt erwähnt.

In der Menschenrechtspolitik verhinderten jüngst die Ungarn auch eine Stellungnahme zu Foltervorwürfen in China. Überhaupt wäre es Budapest am liebsten, wenn sich die Europäer künftig gar nicht mehr zu Menschenrechtsverstößen in China äußerten. Chinas «Investitionen in Einfluss», wie Angela Stanzel von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) sie nennt, zahlen sich hier aus.

«Es sind die Länder, die die meisten Investitionen aus China erhalten», sagt der EU-Diplomat. «Der Zusammenhang zum Beispiel bei Ungarn oder Griechenland ist nicht zu übersehen.» Einfluss übt China besonders über das «16-plus-1»-Format mit den mittel- und osteuropäischen Ländern aus. Sie hoffen auf Milliarden, die über das «Neue-Seidenstraße»-Projekt bis nach Osteuropa fließen sollen.

Auf ihrem jüngsten Gipfel im November im litauischen Riga startete Li Keqiang einen Fonds für Investitionen in Höhe von 10 Milliarden Euro. «Wir hören immer wieder die offiziellen Bekenntnisse, dass Peking eine starke und geschlossene EU wolle», sagt der EU-Diplomat. Tatsächlich setzten die Chinesen aber zunehmend auf Regionalformate wie «16-plus-1» - anstatt mit Brüssel zu sprechen. «Teilweise wird erheblicher Druck auf einzelne Mitgliedsstaaten ausgeübt.»

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Jürgen Franke 13.03.17 20:47
Herr Schwabel, auch in China müssen wir endlich
dafür sorgen, dass auch dort Menschenrechte geachtet werden und demokratische Verhältnisse eingeführt werden. Zumindest so erfolgreich wie uns das in Afghanistan und im Irak gelungen ist. Es ist besonders verwerflich und widerlich, erfolgreiche Geschäftstätigkeit mit Profitgier gleichzusetzen.