Armeechef wird Regierungschef

​Thaksin-Angehörige einbestellt

Armeechef wird Regierungschef

BANGKOK: Das thailändische Militär greift nach dem Putsch hart durch. Der Armeechef macht sich zum Regierungschef und bestellt mehr als 100 Politiker und Aktivisten zum Rapport. Der, an dem sich der politische Streit und die Unruhen entzündet haben, ist aber nicht im Lande.

Einen Tag nach dem Militärputsch hat sich Armeechef Prayuth Chan-ocha persönlich an die Regierungsspitze gesetzt. Der Vorsitzende des Militärrats übernehme die Regierungsverantwortung, so lange kein neuer Ministerpräsident im Amt sei, teilte die Armee am Freitag mit.

Wann ein neuer Regierungschef ernannt werden soll oder wann es Wahlen gibt, dazu hat sich Prayuth bislang nicht geäußert. Von einer baldigen Rückkehr zur Demokratie war in seinen ersten Dekreten keine Rede. Prayuth hatte die Macht ohne Waffengewalt am Donnerstag übernommen. Vermittlungsgespräche zwischen den zerstrittenen politischen Lagern waren gescheitert.

Der Militärrat bestellte mehr als 100 Politiker und Aktivisten ein. Ob sie alle festgenommen werden sollten, war zunächst unklar. Unter den Gesuchten waren der nach Verkündung des Putsches am Donnerstag zunächst untergetauchte amtierende Regierungschef Niwatthamrong Boonsongpaisan ebenso wie Angehörige von Ex-Regierungschef Thaksin Shinawatra, Mitglieder der bisherigen Regierungspartei und Anführer des pro- und anti-Regierungslagers.

Unter anderem wurde die vor zwei Wochen des Amtes enthobene Regierungschefin und Thaksin-Schwester Yingluck einbestellt, sowie eine weitere Schwester Thaksins, ein Schwager und ein Cousin. Alle waren politisch aktiv. Thaksin ist seit fast 15 Jahren einer der einflussreichsten Politiker Thailands. Er wurde als Regierungschef 2006 selbst vom Militär gestürzt. Er flüchtete vor einer Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs ins Exil und dirigiert von dort die Partei. Er lebt überwiegend in Dubai.

Die Lage in der Millionenmetropole Bangkok war ruhig. Über Nacht galt im ganzen Land eine Ausgangssperre. Auf den Straßen der Innenstadt waren kaum Soldaten zu sehen. Schulen und Universitäten waren geschlossen. Die notorisch verstopften Straßen waren leerer als sonst, vergleichbar mit Feiertagsverkehr.

Zahlreiche Politiker und Aktivisten sind bereits in Armeegewahrsam. Prayuth hatte sie am Donnerstag zu einem letzten Vermittlungsgespräch gebeten. Die Zeitung «Nation» zitierte Teilnehmer, die über den Ablauf folgendes berichteten: Prayuth habe den amtierenden Justizminister gefragt, ob die Regierung zum freiwilligen Rücktritt bereit sei.

«Zu diesem Zeitpunkt wird die Regierung nicht zurücktreten», habe Chaikasem Nitisiri geantwortet. «Dann entscheide ich zu diesem Zeitpunkt, die Macht zu ergreifen», habe Prayuth geantwortet. Er habe Gesprächsteilnehmer aus den Reihen der Wahlkommission und des Senat abziehen lassen und alle anderen von Soldaten an einen Armeestandort bringen lassen. Unter den Festgehaltenen waren Oppositionsführer Abhisit Vejjajiva sowie die Anführer der Protestbündnisse für und gegen die Regierung, Jatuporn Prompan und Suthep Thaugsuban.

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