7:1 - Deutschland im WM-Finale

Freuden- und Trauertränen an Rios Copacabana

7:1 - Deutschland im WM-Finale

RIO DE JANEIRO: Tausende deutsche WM-Fans haben in Belo Horizonte und an Rios Zuckerhut frenetisch den Einzug der DFB-Elf ins WM-Finale von Brasilien gefeiert.

Mit «Super-Deutschland»-Rufen und ohrenbetäubenden «Finale»-Gesängen bejubelten die Fans den 7:1- Kantersieg über Gastgeber Brasilien. Zehntausenden brasilianischen Fans stand dagegen am Dienstag das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben, als es schon zur Halbzeit 5:0 stand. Während den Deutschen Freudentränen in den Augen standen, kullerten vielen Seleção-Fans hemmungslos dicke Trauertränen über die Wangen.

Trauertränen bei den Brasilianern

Über die gelb und grün bemalten Gesichter auf den Tribünen des Estadio Mineirao flossen nach nicht mal einer halben Stunde bittere Tränen. Dort, wo vor nicht mal zwei Wochen die brasilianische Mannschaft in einem Kampfspiel mit dramatischem Elfmeterschießen gegen Chile noch aus fast 60.000 Kehlen immer wieder angetrieben worden war, herrschte Ratlosigkeit und Enttäuschung. Die angefertigten Gesichtsmasken des verletzten Superstars Neymar dienten nur noch dazu, die Fassungslosigkeit irgendwie zu verbergen.

An der Copacabana passte sogar das trübe Wetter zur Stimmung der Seleção-Fans. Pünktlich zum Anpfiff hatte sich am Dienstag der Himmel verdunkelt. Es regnete und stürmte an Rios bekanntester Strandmeile. Viele Fans verließen schon zur Halbzeit völlig fassungslos das FIFA-Fanfest und nicht nur wegen des Regens. Für sie ist der Traum von «Hexa», dem 6. Titel, vorbei. Unterdessen floss am deutschen Fan-Treff «TOR!» wenige hundert Meter strandabwärts das Bier in Strömen. Diesmal gab es wieder Freibier, aber die Kontingente wurden auf drei pro Person reduziert. Aber am Sonntag zum Finale soll es ja wieder Freibiere geben.Schon zur Pause pfiffen die fußballverrückten Brasilianer ihre Seleção gnadenlos aus. Nach dem Spiel wollten sie ihre gedemütigten Stars nicht mehr sehen. Als sie sich den Zuschauern zuwandten, hallte das nächste Pfeif- und Buh-Konzert durch die Arena. Nur langsam zogen die letzten Brasilien-Fans in ihren gelben Trikots aus dem Stadion ab, manche wirkten wie gelähmt, saßen auch eine halbe Stunde nach Ende noch auf ihren Sitzen. Die deutsche Fangemeinde, die die brasilianische Mannschaft mit Gesängen wie «Ihr seid nur ein Karnevalsverein» während der Partie verspottet hatte, war wie die DFB-Auswahl beim 7:1 nicht mehr zu bremsen. Das Team hatte sich längst in die Kabine verabschiedet, da intonierten die Anhänger immer noch selig: «Oh wie ist das schön.» 

Reaktionen zum Spiel:

Thomas Müller: «Das war natürlich nicht unbedingt zu erwarten. Aber da sieht man mal, wie unterschiedlich Spiele kaufen können. Die Räume waren größer als gegen defensiv eingestellte Mannschaften. Das haben wir überragend ausgenutzt, irgendwann bist du als Gegner gebrochen. Jetzt müssen wir noch einmal durchziehen, Vollgas geben und uns das Ding holen. Wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Jetzt wird man uns in den Himmel loben.»

Julio César: «Ich kann es nicht erklären. Es ist einfach schwierig, das zu erklären. Die Deutschen waren einfach stark, das müssen wir anerkennen. Nach dem ersten Tor sind wir zusammengebrochen, das hatte keiner erwartet. Ich bin wirklich sehr traurig, besonders ich. Ich hätte heute lieber 1:0 mit einem Fehler von mir gewonnen als ein 1:7 zu erleben.»

Miroslav Klose: «Dass wir super harmonieren können, sieht man im Training. Wir sind eine Einheit und das sieht man auch auf dem Platz. Es ist auch wichtig, dass unsere Standards fruchten. Der Toni bringt den Ball, wo er hin muss. Bei meinem Tor habe ich einen Schlag bekommen, da war ich nicht in der Lage, einen Salto zu machen.»

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: «Das ist ein historischer Tag für den deutschen Fußball. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Sensationell, märchenhaft, das ist alles zu schwach. Das war irgendwie Fußball von einem anderen Stern. Ich freue mich so für die Trainer und die Mannschaft. Jetzt wollen wir auch den nächsten Schritt machen. Es ist einfach sowas von begeisternd gewesen. Jetzt nicht total ausflippen, auch wenn ich es möchte. Der vierte Stern soll her, muss her.» (Foto: epa)

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