Zverevs Finalziel in Paris: Vom «Küklein» zum König

Der Deutsche Alexander Zverev feiert seinen Halbfinalsieg im Herreneinzel. Foto: epa/Mohammed Badra
Der Deutsche Alexander Zverev feiert seinen Halbfinalsieg im Herreneinzel. Foto: epa/Mohammed Badra

PARIS: Nur noch ein Sieg fehlt: Alexander Zverev steht kurz vor der Erfüllung seines großen Traums. Gegen Carlos Alcaraz soll endlich der erste Grand-Slam-Titel her.

Bevor Alexander Zverev in Paris seinen vollen Fokus auf den Showdown gegen Carlos Alcaraz richtete, blickte der deutsche Tennisstar auf seine Grand-Slam-Finalpremiere vor dreieinhalb Jahren in New York zurück. «Da war ich kein Kind mehr, aber ich war trotzdem irgendwie ein Küklein», sagte der 27-Jährige. Seit der denkbar knappen Fünf-Satz-Niederlage im US-Open-Finale gegen den Österreicher Dominic Thiem habe er sich aber sportlich wie menschlich weiterentwickelt, sagte der Hamburger: «Ich hoffe, dass ich das am Sonntag auch auf dem Platz zeigen werde.»

Dann tritt Zverev, der am Freitag im Halbfinale mit 2:6, 6:2, 6:4, 6:2 gegen den von Magenschmerzen geplagten Norweger Casper Ruud (25) gewann, auf dem Court Philippe Chatrier zu seinem zweiten Grand-Slam-Finale an. Gegner ist der spanische Weltranglistendritte Alcaraz (21). Gesucht wird der Sandplatz-König dieser Saison.

«Dieser Platz verbindet mich mit ein paar der größten Emotionen meiner Karriere», sagte Zverev, der sich dort vor zwei Jahren im Halbfinale gegen Rafael Nadal schwer am Fuß verletzt hatte: «Ich hoffe, dass es Sonntag eine Emotion sein wird, die ich in meinem Leben nicht mehr vergessen werde.»

Der ersehnte erste Grand-Slam-Titel soll her - und den könnte er mit 15.000 Zuschauern im größten Stadion von Roland Garros feiern. 2020 im Finale der US Open war das Arthur Ashe Stadium aufgrund der damaligen Corona-Maßnahmen für Fans gesperrt. «Es war komisch, wir haben im größten Tennis-Station der Welt gespielt und es waren original sieben Leute da», erinnerte Zverev. Er freue sich, dass er «nach vielen schmerzvollen Tagen, vielen Niederlagen, die vielleicht auch weh getan haben», wieder eine Chance auf einen der vier größten Titel im Tennis habe.

«Herzlichen Glückwunsch, du bist weiter in Paris als ich es jemals war», sagte Tennis-Ikone Boris Becker, der im Stade Roland Garros dreimal im Halbfinale gescheitert war, im Eurosport-Studio an den virtuell dazugeschalteten Zverev gerichtet. Für den war in den vergangenen drei Jahren auch jeweils in der Vorschlussrunde Endstation gewesen - doch dieser Bann ist nun gebrochen. Als erst zweiter deutscher Spieler nach Michael Stich vor 28 Jahren kämpft Zverev im finalen Duell um den Coupe des Mousquetaires.

«Ich weiß, dass ich immer noch ein Match vor mir habe», sagte der Weltranglisten-Vierte auf die Frage, warum ihm seine Freude über den Halbfinalsieg gegen Ruud nicht noch stärker anzumerken sei: «Ich freue mich genau fünf Minuten, und dann möchte ich mich aufs Finale vorbereiten und dort ein gutes Match spielen.»

Das wird er auch müssen, denn Alcaraz zeigte beim 2:6, 6:3, 3:6, 6:4, 6:3 im Halbfinal-Krimi gegen den künftigen Weltranglisten-Ersten Jannik Sinner aus Italien seine Extraklasse. Der Spanier kann im Alter von gerade mal 21 Jahren seinen dritten Grand-Slam-Titel auf dem dritten Belag feiern - eine Bilanz für die Geschichtsbücher. Doch der Jungstar hat auch großen Respekt vor Zverev. «Er spielt großartiges Tennis auf Sand», sagte Alcaraz, der vor allem von Zverevs Aufschlägen beeindruckt ist.

Der Prozess gegen Zverev wegen des Vorwurfs der Körperverletzung an seiner damaligen Freundin wird den Hamburger im Finale nicht mehr beschäftigen. Das Berliner Amtsgericht Tiergarten stellte das Verfahren gegen eine Geldauflage von 200.000 Euro ein. Eine Verurteilung gab es nicht. Mit der Zustimmung zur Zahlung einer Geldauflage ist kein Schuldeingeständnis verbunden. Zverev gilt weiterhin als unschuldig.

«Ich bin glücklich, dass es vorbei ist», sagte Zverev, der bei der zweiten Nachfrage bei der Pressekonferenz in Richtung der Journalisten betonte: «Ich möchte nie wieder eine Frage zu diesem Thema hören. Das gilt für alle.»

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