Seriöses Wissen im Netz – und wie man es findet

Für Waren, Dienstleistungen und Informationen

Das Netz ist mitnichten ein Tummelplatz von Lügnern und Scharlatanen. Bloß haben deren Ansichten dort ebenso weite Verbreitung wie jede andere. Die Wahrheit lässt sich deshalb nur durch etwas Fleißarbeit finden. stock.adobe.com © Majid Gheidarlou
Das Netz ist mitnichten ein Tummelplatz von Lügnern und Scharlatanen. Bloß haben deren Ansichten dort ebenso weite Verbreitung wie jede andere. Die Wahrheit lässt sich deshalb nur durch etwas Fleißarbeit finden. stock.adobe.com © Majid Gheidarlou

Netz ist kein ehrlicherer oder unehrlicherer Ort als die analoge Welt. Allerdings ist es durch den reinen Blick auf den Bildschirm, die Abwesenheit eines menschlichen Gegenübers und dem enormen Aktualitätsdruck dennoch schwieriger, Wahrheit von Unwahrheit, Übertreibung von Untertreibung zu unterscheiden. Doch es geht, man muss sich nur aktiv selbst helfen.

Woher weiß ein Interessent, dass eine Produktrezension von einem echten Käufer geschrieben wurde, nicht dem Händler? Woher weiß ein Kunde, dass der Preis, den ihm ein Dienstleister nennt, tatsächlich konkurrenzlos günstig ist? Woher weiß ein Social-Media-Nutzer, dass die Meldung, die einer seiner Bekannten geteilt hat, keine Fake-News ist – nicht zuletzt in Deutschland haben Verschwörungstheoretiker ja derzeit Hochkonjunktur?!

Die Antwort: zunächst kann es niemand wissen. Denn wer im Netz nach „Wahrheiten“ sucht – ganz gleich ob es um Produkte, Dienstleistungen oder Informationen geht – kommt nicht umhin, Eigenleistung walten zu lassen, um einzelne Aussagen zu untermauern oder zu entkräften. Denn im Netz sind alle Informationen gleichwertig – Vor- und Nachteil zugleich, denn die Netz-Informationsflut hilft auch jedem bei der Verifikation. Doch welche Schritte sind dazu nötig?

1. Niemals einer einzelnen oder wenigen Informationen glauben

Der Fernseher, den man beim Onlinehändler eventuell erwerben möchte, hat nur eine Rezension – eine, die ihn in den Himmel lobt und dabei ziemlich wortreich zur Sache geht. Schon das sollte schon stutzig machen, sind es doch zwei starke Hinweise auf gefälschte Bewertungen.

Jedoch gibt es im Netz praktisch nichts, das nur von einer Quelle vorhanden ist. Vielleicht mag es auf dieser Verkaufsplattform nur eine Rezension geben – anderswo gibt es jedoch mit höchster Wahrscheinlichkeit weitere. Dazu professionelle Tests, Magazinberichte, Verbraucherschützer-Informationen. Hier hilft jede Suchmaschine, wenn sie mit folgenden Begriffen gefüttert wird:

„Produktname/Anbieter/Dienstleistung + Erfahrungen“

Bei allem, was sich für Geld kaufen lässt, hilft diese Vorgehensweise zielgerichtet weiter. Und sie taugt auch gegen Fake-News: Einfach die zentralen Begriffe der Nachrichten-/Blogger-/Social-Media-Meldung in die Suchmaschine eingeben.

Auf diese Weise ergibt sich schnell ein deutlich differenzierteres Bild, durch das auch Laien in die Lage versetzt werden, seriöse Rückschlüsse zu ziehen. Hier ist es sehr wichtig, zu wissen, dass alle, die im Netz Übertreibungen oder Unwahrheiten verbreiten, darauf vertrauen, dass die wenigsten Menschen eine simple „zweite Meinung“ einholen. Daraus ergibt sich aber auch eine Geisteshaltung, die es zu pflegen gilt:

Zu absolut nichts gibt es im Netz nur eine Meinung. Je mehr man davon konsultiert, desto klarer wird das Bild. stock.adobe.com © blacksalmon

Zu absolut nichts gibt es im Netz nur eine Meinung. Je mehr man davon konsultiert, desto klarer wird das Bild. stock.adobe.com © blacksalmon

2. Grundsätzlich etwas misstrauisch sein

Um offline jemandem einen Bären aufzubinden, braucht es Talent und Schauspielkunst – und trotzdem verraten sich viele durch Mimik und Gestik. Im Netz hingegen braucht es nur jemanden, der das schreiben kann, was für die meisten Menschen plausibel klingt. Sobald die optisch-akustische Komponente durch Videos hinzukommt, wird es bereits wieder schwieriger.

Einfach formuliert:

Fehlinformationen lassen sich im Text wesentlich leichter
glaubhaft transportieren als in Wort und Bild.

Die Maßgabe sollte deshalb lauten, allen Informationen im Netz so lange kritisch gegenüberzustehen, bis sie durch weitere seriöse Quellen bestätigt wurden – in Umdrehung des altbekannten Rechtsgrundsatzes also: „Der Verdächtige gilt so lange als schuldig bis seine Unschuld bewiesen wurde“.

3. Auf die Macht des Schwarms vertrauen

Viele Menschen sehen das Netz als Ort an, an dem sich nur Profis tummeln. Dabei ist eigentlich das Gegenteil der Fall: Noch viel größer als die Zahl der Händler, Dienstleister, Informationsanbieter ist die von Normalverbrauchern. Sie alle sind auf „Wahrheitssuche“. Und auch wenn viele gefundene Wahrheiten für sich behalten, gibt es viele andere, die das nicht tun.

Sie treffen sich auf Communities. Sie liefern zu Spielen im Netz und deren Anbietern ebenso transparente Testberichte wie sie es zu Handys tun, zu Haushaltsgeräten, zu Dienstleistern und Dienstleistungen, Hotels und Reiseangeboten, und nicht zuletzt auch Nachrichtenmeldungen.

Natürlich, es gibt Ausnahmen. Influencer als prominenteste davon geben sich zwar als Normalverbraucher, sind aber keine. Viel mehr sind sie der lebende Beweis dafür, wie mächtig jenes Normalverbraucher-Schwarmbewusstsein des Netzes ist: Es ist so stark, dass Unternehmen, statt Zigtausende für professionelle Werbung auszugeben, ihr Produkt einfach von einer für die Zuschauer viel glaubwürdigeren Person aus deren Mitte bewerben lassen – und das zieht gemäß neuester Studien nach wie vor bestens.

Allerdings gilt auch bei der Nutzung des Schwarmbewusstseins abermals:

Eine Ansicht ist zunächst nur eine Ansicht. Erst wenn mehrere
Normalverbraucher sie bestätigten, sollte man darauf vertrauen.

Influencer mögen zwar vielfach nur Werbung betreiben. Sie sind jedoch zumindest der Beweis, wie gewichtig die Normalverbrauchermeldungen des Netzes erachtet werden. stock.adobe.com © Daxiao Productions

Influencer mögen zwar vielfach nur Werbung betreiben. Sie sind jedoch zumindest der Beweis, wie gewichtig die Normalverbrauchermeldungen des Netzes erachtet werden. stock.adobe.com © Daxiao Productions

4. Mehr auf die Großen als die ganz Kleinen bauen

Einmal angenommen, der geneigte Leser wollte sich eine echte Rolex gönnen. Würde er dieses Stück eher bei einem kleinen Stehtisch-Händler am Bali Hai Pier von Pattaya kaufen oder dafür einen großen, konzessionierten Juwelier in der Nähe des Siam Country Club ansteuern?

Natürlich handelt es sich dabei um ein Extrembeispiel. Doch mit einigen Einschränkungen gilt diese Denkweise von „groß = seriöser“ an vielen Stellen im Internet. Denn es gilt:

  1. Größe verpflichtet. Weder große Nachrichtenportale noch Händler können sich Fehler erlauben, weil sie einen riesigen Ruf zu verlieren haben.

  2. Größe macht stark. Die Großen haben andere Mittel, Unwahrheiten und Übertreibungen herauszufinden – und wegen Grund #1 ist ihnen auch daran gelegen.

Natürlich, Größe sorgt auch für ungesunde Monopole, kann Preise hochtreiben und Größe allein schützt auch nicht vor Unwahrheiten. Aber egal ob es ein großes Nachrichtenportal ist oder ein großer Internethändler: Solange diese Anbieter allein agieren, also nicht nur als Plattform für eine Reihe kleinerer Unternehmen gelten, sorgt diese Größe zumindest für eine stark reduzierte Zahl von Unwahrheiten.

Zumindest sollten sie deshalb immer in der Suche inkludiert werden – das gilt doppelt, wenn der Verdacht besteht, dass es sich um Fake News handeln könnte. Da sind Nachrichtenportale zwischen Farang, Spiegel oder CNN schlicht weniger anfällig als irgendwelche Kleinstblätter oder Blogger.

5. Etwas zeitlichen Abstand zulassen

Ein Hersteller stellt ein brandneues Handy montagsmorgens in seinen Onlineshop ein. Montagsmittags erhalten es die ersten Offline-Geschäfte. Dienstagsmorgens finden sich unter den Produktrezensionen bereits mehrere, die aufs Ausführlichste auf das Gerät eingehen. Reviews, die so wirken, als hätten die Schreiber das Gerät mindestens eine Woche lang täglich auf Herz und Nieren überprüft. Es dürfte klar sein, dass es hier kaum mit rechten Dingen zugeht.

Wer dieses Beispiel versteht, der versteht auch, was für ein mächtiger Faktor die Zeit bei der digitalen Wahrheitsfindung sein kann. Denn ähnlich wie bei Nachrichtenmeldungen gilt auch bei Produkten und Dienstleistungen:

Vielfach zeigt erst die Zeit, ob etwas wirklich stimmt
bzw. wirklich so ist wie angepriesen

Das bedeutet vor allem, dass Verbraucher besonders bei allem, was irgendwie neu ist, eine gewisse Zeit verstreichen lassen sollten, bevor sie mit der Wahrheitsfindung beginnen. Je jünger bzw. neuer ein Produkt, eine Meldung usw. ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass alles, was sich dazu finden lässt, lückenhaft und/oder künstlich geschönt ist.

Wie lange dieser Zeitraum ist, hängt davon ab, um was es sich handelt. Bei Nachrichtenmeldungen können schon Stunden und Tage ausreichen, damit mehr Details ans Licht kommen. Bei komplizierten Produkten können es hingegen auch Wochen und Monate sein.

Und: Gänzlich kritisch sollte man bei Tests und Meldungen sein, die vor einem offiziellen Release lanciert werden. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es sich um eine geschickte Marketing-Strategie handelt.

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