Lieberknecht als Übergangs-Ministerpräsidentin vorgeschlagen

Christine Lieberknecht, CDU-Abgeordnete und ehemalige Ministerpräsidentin, spricht im Thüringer Landtag. Foto: Martin Schutt/Dpa-zentralbild/dpa
Christine Lieberknecht, CDU-Abgeordnete und ehemalige Ministerpräsidentin, spricht im Thüringer Landtag. Foto: Martin Schutt/Dpa-zentralbild/dpa

ERFURT (dpa) - Die Ministerpräsidentenwahl mit Stimmen der AfD hat nicht nur Thüringen erschüttert. Bewegt hat sich in den fast zwei Wochen seither fast nichts. Nun zeigt Bodo Ramelow einen möglichen Ausweg aus der Krise auf.

Die frühere Thüringer Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU) ist als neue Ministerpräsidentin im Gespräch - allerdings soll sie die Landesregierung nur übergangsweise bis zu einer baldigen Neuwahl führen. Den Vorschlag unterbreitete Ex-Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) am Montagabend bei einem Treffen von Linken, SPD und Grünen mit der CDU, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen in Erfurt erfuhr. Zuvor hatte der MDR darüber berichtet. Die Gespräche zwischen den Parteien waren am Abend allerdings noch nicht beendet.

Die Fraktionen im Landtag suchen seit fast zwei Wochen nach einem Ausweg aus der politischen Krise. Auslöser war das Debakel bei der Ministerpräsidentenwahl am 5. Februar. An dem Tag hatte die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU, FDP und maßgeblich der AfD zum Ministerpräsidenten für ein politisches Beben gesorgt. Drei Tage später trat der 54-Jährige zurück. Er ist seitdem geschäftsführend ohne Minister im Amt, bis ein neuer Ministerpräsident gewählt ist. Am Freitag hatte CDU-Landeschef Mike Mohring angekündigt, nicht erneut als Landesparteichef zu kandidieren.

Die Christdemokraten lehnen es ab, den früheren Ministerpräsidenten Ramelow (Linke) aktiv in das Amt des Regierungschefs mitzuwählen. Den Christdemokraten verbietet ein Bundesparteitagsbeschluss jede Form der Zusammenarbeit mit der AfD und den Linken.

Die 61-jährige Lieberknecht war von 2009 bis 2014 Regierungschefin in Thüringen und führte damals eine Koalition von CDU und SPD an. Nach der Landtagswahl 2014 entschied sich die SPD für ein Bündnis mit den Linken und den Grünen. So kam es zum Machtwechsel, obwohl die CDU damals stärkste Fraktion im Landtag blieb.

Ramelow hatte zuletzt stets betont, er wolle sich erneut einer Ministerpräsidentenwahl stellen, wenn es für ihn eine Mehrheit ohne AfD-Stimmen gibt - dafür sind mindestens vier Stimmen von CDU oder FDP nötig. Zugleich hatte er vorgeschlagen, dass er nach seiner Wahl den Weg für geordnete Neuwahlen frei macht - möglichst nach einer Verständigung über den Landeshaushalt für 2021, um Thüringen bis zu einer Landtagswahl handlungsfähig zu halten.

Für eine Auflösung des Thüringer Landtags sind 60 der 90 Stimmen nötig. Rot-Rot-Grün hat zusammen 42 Stimmen, die CDU 21 und die FDP 5.

Nach dem Debakel um die Wahl Kemmerichs hat die Linke laut Umfragen in der Wählergunst deutlich zugelegt, die CDU und FDP sind dagegen abgesackt.

Am Samstag hatten in Erfurt ungeachtet des Rücktritts von Kemmerich Tausende Menschen gegen die Wahl des Regierungschefs mithilfe der AfD protestiert. Die AfD-Fraktionschefin im Bundestag, Alice Weidel, erklärte hingegen, ihre Partei sei nach der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen «zum politischen Felsen geworden, an dem die etablierten Parteien wie Nussschalen zerschellen».

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