Merkel gegen US-Vorstoß

Lösung in Syrien nur im politischen Prozess

Foto: epa/Karsten Klama
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MESEBERG (dpa) - Leidenschaftlich wirbt die Kanzlerin vor mehr als 100 Diplomaten aus aller Welt für ihren Ansatz von internationaler Krisenlösung und offenem Welthandel. Einer ist nicht dabei.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die US-Bitte um deutsche Bodentruppen im Einsatz gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien indirekt zurückgewiesen. Sie bleibe bei ihrer Überzeugung: Nur ein politischer Prozess auf Grundlage der Resolution des UN-Sicherheitsrats unter dem Schirm der Vereinten Nationen «ist geeignet, das Blutvergießen in Syrien zu beenden, Vertrauen aufzubauen und eine nationale Versöhnung einzuleiten», sagte Merkel am Dienstag beim Empfang für das Diplomatische Korps im Gästehaus der Bundesregierung, Schloss Meseberg bei Berlin.

Der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell war nicht unter den mehr als 100 in Deutschland akkreditierten Diplomaten, die von Merkel begrüßt wurden. Die Debatte über den Einsatz deutscher Bodentruppen in Syrien war von dem US-Diplomaten James Jeffrey ausgelöst worden. Der Sonderbeauftragte für Syrien und die Anti-IS-Koalition hatte die Bundesregierung am Freitag bei einem Besuch in Berlin um zusätzliche Unterstützung für den Kampf gegen den IS gebeten: «Wir wollen von Deutschland Bodentruppen, um unsere Soldaten teilweise zu ersetzen.»

Merkel betonte, ein politischer Prozess könne der syrischen Bevölkerung wie den ins Ausland geflohenen Syrern die Möglichkeit geben, die politische Zukunft ihres Landes in freien Wahlen selbst zu entscheiden. Gemeinsam mit den UN und internationalen Partnern «wird sich die Bundesregierung weiterhin dafür einsetzen, diesen politischen Prozess auch wirklich voranzubringen. Es geht leider nur millimeterweise voran», beklagte die Kanzlerin.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg hatte zuvor allerdings deutlich gemacht, dass er die US-Bitte nicht vom Tisch sieht. «Es ist auch unsere Verpflichtung, in der Region für Frieden zu sorgen», sagte er «Focus Online». Der Kampf gegen den IS sei weit weg von den USA und nah dran an Europa. «Da können wir nicht immer sagen «Das sollen mal schön die Amerikaner machen».»

Merkel rief die Diplomaten dazu auf, angesichts weltweiter Konflikte, der Abkehr von Vereinbarungen bei der Rüstungskontrolle oder der Auseinandersetzungen in der Außenwirtschaft internationale Botschafter des Vertrauens zu sein. Über Jahre mühsam aufgebautes Vertrauen könne rasch wieder eingebüßt werden. «Die Bereitschaft und die Fähigkeit zu konstruktivem Dialog sind ja ein unschätzbarer Wert an sich», mahnte die Kanzlerin.

Kooperationsbereitschaft und Vertrauen seien auch gefragt, wenn es gelte, in Afghanistan endlich dauerhaft Frieden und Stabilität schaffen zu können, sagte Merkel. Sie dankte ausdrücklich den USA und der afghanischen Regierung. Dank deren Bemühungen nehme die Arbeit für eine politische Befriedung des Landes langsam Gestalt an. Sie hoffe, dass das innerafghanische Treffen an diesem Sonntag, das von Deutschland und Katar auf den Weg gebracht worden sei, weitere Bewegung in den Friedensprozess bringe.

Merkel betonte angesichts der protektionistischen Politik von US-Präsident Donald Trump ihr Credo, der multilaterale Ansatz in der Handelspolitik bleibe «der beste aller Wege für die Weltwirtschaft insgesamt». Den Namen Trump nannte die Kanzlerin nicht.

Die großen Menschheitsherausforderungen könnten nur gemeinsam bewältigt werden, sagte Merkel. «Mit Blick auf alle globalen Herausforderungen - Klima, Armut, Hunger, Krankheiten, Zugang zu Bildung, digitale Revolution - kann gar nicht oft genug betont werden, dass das nationale Wohl in unserer vielfach vernetzten Welt immer auch vom globalen Gemeinwohl abhängt.»

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