Knapp dreiwöchiger Corona-Lockdown beginnt

ein Mann, der türkische Flaggen verkauft, während Menschen auf dem Eminonu-Basar vor der Abriegelung in Istanbul einkaufen. Foto: epa/Sedat Suna
ein Mann, der türkische Flaggen verkauft, während Menschen auf dem Eminonu-Basar vor der Abriegelung in Istanbul einkaufen. Foto: epa/Sedat Suna

ISTANBUL: Die Türkei bekommt die hohen Corona-Fallzahlen nicht in den Griff. Nun soll ein harter Lockdown helfen. Ein besonderes Verbot sorgt derweil für Unmut.

Zur Eindämmung der hohen Corona-Fallzahlen hat in der Türkei ein landesweiter Lockdown begonnen. Alle für den Grundbedarf nicht nötigen Geschäfte schlossen am Donnerstag um 19 Uhr Ortszeit (18 Uhr MEZ). Die Menschen dürfen bis zum frühen Morgen des 17. Mai nur noch aus triftigen Gründen wie etwa zum Einkaufen auf die Straße. Dazu öffnen Supermärkte zu bestimmten Tageszeiten außer sonntags.

Von den Restriktionen nicht betroffen sind etwa der Bausektor und Betriebe, die für die Aufrechterhaltung von Produktion und Lieferketten wichtig sind. Touristen sind von den Ausgangsbeschränkungen ausgenommen.

Es handelt sich um die strengste Maßnahme in der Türkei seit Beginn der Pandemie. Gewerkschafter halten den Lockdown aber dennoch für halbherzig. 70 Prozent der Arbeiter müssten etwa weiter in die Betriebe, sagte der Vorsitzende der linken Metallgewerkschaft (Metal-Is), Adnan Serdaroglu, der dpa. Es fehle zudem an staatlicher Unterstützung, kritisierte er. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigte am Donnerstagabend finanzielle Unterstützung unter anderem für kleine Unternehmen an. Bedürftige Familien erhielten zudem eine Zahlung von 1100 TL (rund 113 Euro) pro Haushalt.

Der Verkauf von Alkohol ist während des Lockdowns verboten, was schon im Vorfeld für scharfe Kritik sorgte. Unter dem Hashtag #ickimedokunma («Fass meinen Alkohol nicht an.») brachten viele auf Twitter ihren Unmut zum Ausdruck. Ein Sprecher des Innenministeriums wies Vorwürfe zurück, dass die islamisch-konservative Regierung das Verbot aus ideologischen Gründen erlassen habe.

Zahlreiche Menschen verließen die Millionenmetropole Istanbul vor Beginn der Beschränkungen, um an die Küste oder aufs Land zu fahren. Folge waren lange Staus. Auch an Flughäfen und Busbahnhöfen herrschte reger Betrieb.

Das Land mit 84 Millionen Einwohnern kämpft seit Wochen mit hohen Corona-Zahlen. Am Donnerstag lag die offizielle Zahl der Neuinfektionen bei rund 38.000 Fällen, vor zwei Wochen hatte das Gesundheitsministerium sogar noch mehr als 60.000 tägliche Neuinfektionen gemeldet. Zu Beginn des Fastenmonats Ramadan Mitte April mussten bereits Cafés und Restaurants schließen und auf Lieferservice umstellen. Erdogan gab als Ziel aus, die Zahl der Neuinfektionen unter 5000 Fälle pro Tag zu drücken.

Die Türkei hatte ihre Impfkampagne im Januar mit dem Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinovac gestartet. Vom Impfstoff Biontech/Pfizer sind bislang nur 4,5 Millionen Dosen verfügbar. Gesundheitsminister Fahrettin Koca zufolge wurden auch 50 Millionen Dosen des russischen Impfstoffs Sputnik V bestellt.

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