EU-Kommission fordert Aufnahme minderjähriger Schutzsuchender

Foto: epa/Stratis Balaskas
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BRÜSSEL (dpa) - Sollte Deutschland unbegleitete Flüchtlingskinder aus griechischen Aufnahmelagern aufnehmen? Diese Frage sorgt in Deutschland zu Weihnachten für hitzige Diskussionen. Die EU-Kommission nennt nun Zahlen, denen zufolge es überwiegend gar nicht um Kinder geht.

Die EU-Kommission fordert Deutschland und andere EU-Staaten auf, unbegleitete minderjährige Migranten aus den überfüllten griechischen Aufnahmelagern aufzunehmen - auch wenn die allermeisten von ihnen keine Kinder, sondern Jugendliche sind. «Die Kommission ist besorgt über die schwierige Lage vor Ort (...)», sagte eine Sprecherin der von Ursula von der Leyen geführten Behörde der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Man habe die anderen Mitgliedstaaten bereits mehrfach aufgefordert, weiter auf freiwilliger Basis unbegleitete Minderjährige umzusiedeln. Bislang sei die Resonanz allerdings verhalten gewesen.

Für die 5.276 unbegleiteten Minderjährigen in Griechenland habe es nach Zahlen des zuständigen National Centre for Social Solidarity von Ende November zuletzt nur 2.216 geeignete Unterbringungsplätze gegeben, sagte die Sprecherin weiter. Rund 3.000 Plätze fehlten derzeit also.

Die Bundesregierung hatte am Montag mitgeteilt, dass vorerst keine minderjährigen Flüchtlinge im Alleingang nach Deutschland geholt werden sollen. «Wir suchen für die Zukunft nach einer europäischen Lösung», erklärte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. «Deutschland kann das nicht im Alleingang.»

Zuvor hatte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck die Debatte in Deutschland neu entfacht, indem er sich dafür stark machte, bis zu 4.000 Kinder von den griechischen Inseln zu holen.

Nach jüngsten Angaben der EU-Kommission waren auf den «Hotspot-Inseln» Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos zuletzt allerdings nur 1922 unbegleitete Minderjährige registriert (Stand 20. Dezember). In ganz Griechenland waren es Ende November 5.276 - davon sind nur neun Prozent jünger als 14 Jahre und damit im Sinne des Jugendschutzgesetzes Kinder. Von der Gesamtzahl dieser Minderjährigen sind 92 Prozent männlich.

Dass es schnell die von der Bundesregierung gewünschte «echte europäische Lösung» zur Umsiedlung von minderjährigen Migranten gibt, gilt unterdessen als unwahrscheinlich. Die EU-Staaten ringen nämlich bereits seit Jahren vergeblich um einen gemeinsamen Kurs in der Flüchtlingspolitik. So gibt es wegen des Widerstands von Ländern wie Polen und Ungarn bis heute kein System zur gerechten Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU.

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