25 Jahre Schwebebahn-Unglück

​Als der Mythos zerschellte 

Die Kombo zeigt Unfälle der Schwebebahn in Wuppertal. Foto: Archiv/dpa
Die Kombo zeigt Unfälle der Schwebebahn in Wuppertal. Foto: Archiv/dpa

WUPPERTAL: Am 12. April 1999 erleben die Wuppertaler die bislang schwärzeste Stunde ihrer berühmten und geliebten Schwebebahn. 5 Menschen sterben und 47 werden verletzt, als eine Bahn in die Tiefe stürzt.

Vor 25 Jahren erlebten die Wuppertaler die bislang schwärzeste Stunde ihrer berühmten und beliebten Schwebebahn: 5 Menschen starben, 47 wurden verletzt, als der Frühzug am Morgen des 12. April 1999 entgleiste und acht Meter tief in die Wupper stürzte. Die erste Bahn des Tages war gegen eine 100 Kilogramm schwere Eisenkralle geprallt, die bei Bauarbeiten am Gleis vergessen worden war.

Eine Gedenktafel an der Absturzstelle erinnert an das Unglück. 2009 gab es zum zehnten Jahrestag noch einen gut besuchten Gedenkgottesdienst. Zum 25. Jahrestag des Unglücks am Freitag sei keine Veranstaltung geplant, teilten die Wuppertaler Stadtwerke auf dpa-Anfrage mit.

«Das Gedenken an das tragische Ereignis ist in unserem Unternehmen immer noch lebendig», berichtet eine Stadtwerke-Sprecherin. «Dennoch finden wir es mit Rücksicht auf den Schmerz der Hinterbliebenen, die lange gebraucht haben, ihre Trauer zu verarbeiten, nicht mehr passend, zu öffentlichen Gedenkveranstaltungen einzuladen.» Der Unglücksfall sei «Teil der Unternehmensgeschichte, der uns immer daran erinnern wird, dass die Sicherheit unserer Fahrgäste unser oberstes Ziel sein muss».

Die Wuppertaler Schwebebahn wurde 1901 eröffnet und ist 13,3 Kilometer lang. Der «stählerne Lindwurm» schlängelt sich platzsparend auf 472 Stelzen meist über der Wupper durch das dicht bebaute Tal. Sie galt als technischer Geniestreich und Lösung der Verkehrsprobleme. Die Wuppertaler Schwebebahn war fast 100 Jahre lang Symbol für Modernität, Sicherheit und Ingenieurskunst, galt bis 1999 als das sicherste Verkehrsmittel der Welt. Bis dahin hatte es zwar kleinere Unfälle gegeben, aber kein tödliches Unglück.

Lange war der legendäre Zwischenfall mit Elefant Tuffi der bekannteste Unfall: 1950 war das Tier bei einer Werbeaktion eines Zirkusdirektors aus der Schwebebahn in die Wupper gestürzt. Von Blitzlicht und Menschenrummel erschreckt, durchbrach das Tier eine Seitenwand und fiel hinab, erlitt aber nur leichte Verletzungen.

Im März 1997 fuhren zwei Züge aufeinander, 14 Menschen wurden verletzt. Die Opfer waren Insassen des historischen «Kaiserwagens», den die Wuppertaler Stadtwerke zu Vergnügungsfahrten einsetzen. Mit ihm hatte Kaiser Wilhelm II. 1900 eine Probefahrt unternommen.

Im November 1998 krachte es erneut: In einer Haltestelle wurden bei einer Kollision zehn Menschen verletzt, darunter vier Kinder. Dennoch: Bis zum 12. April 1999 gab es keinen tödlichen Unfall, der Nimbus des sichersten Verkehrsmittels der Welt war intakt. Das änderte sich an jenem Morgen schlagartig.

Für die vergessene Eisenkralle mussten sich später acht Männer als Angeklagte vor Gericht verantworten. Das Landgericht verhängte Geld- und Bewährungsstrafen. Die für die Sicherheit zuständigen Ingenieure erhielten die höchsten Strafen. Ins Gefängnis kam niemand.

Im Nachgang sorgte die Schwebebahn mit einer Pannen-Serie weiter für Negativ-Schlagzeilen. Im Oktober 2013 stürzte die Strom führende Schiene in die Tiefe - auf Fahrbahn, auf Autos und in die Wupper. Damals ruhte der Betrieb mehrere Wochen lang.

Im Mai 2017 berührte eine Bahn das Gerüst der Schwebebahn: Die Aufsichtsbehörden verhängten Tempolimit 40 statt 60. Im November 2018 fiel die schwere, eiserne Stromschiene erneut auf 350 Meter Länge hinab und erschlug beinahe einen Cabrio-Fahrer.

Es folgte die monatelange und bis dahin längste Betriebsunterbrechung. Nicht einmal der Bombenhagel im Zweiten Weltkrieg hatte das Rückgrat des Nahverkehrs der Bergischen Großstadt so lange lahmgelegt. In den vergangenen Jahren hat sich der Betrieb normalisiert und die Schwebebahn blieb von weiteren Pannen verschont.

Das Problem der neuen Räder der 2016 eingeführten Schwebebahn-Baureihe sei inzwischen gelöst worden. Es war zwar nicht sicherheitsrelevant, führte aber zu kurzen Wartungsintervallen und starken Laufgeräuschen. Auf einigen Streckenabschnitten darf inzwischen auch wieder Tempo 60 gefahren werden.

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