Papst: Rücktritt stand nie zur Debatte

Papst Franziskus leitet seine Generalaudienz auf dem Petersplatz. Foto: epa/Alessandro Di Meo
Papst Franziskus leitet seine Generalaudienz auf dem Petersplatz. Foto: epa/Alessandro Di Meo

ROM: Der Papst erzählt in seiner neuen Autobiografie aus seinem Leben - und äußert sich auch zu heiklen Themen. Er will zudem mit Gerüchten über seine Gesundheit und einen möglichen Rücktritt aufräumen.

Es kommt selten vor, dass ein Papst so persönlich und nah erklärt, was er denkt und wie er tickt. In seiner neuen Autobiografie lässt Papst Franziskus auch heikle Themen nicht aus. Von seiner Zeit in Argentinien und der Militärdiktatur über seine Papstwahl im Jahr 2013 bis hin zu Spekulationen über einen möglichen Rücktritt - der Pontifex will erzählen und Gerüchte aus der Welt schaffen. Er habe noch viel zu tun und etliche Projekte zu realisieren, schreibt der 87-Jährige in dem Buch.

Vieles in seiner Schilderung kann als Signal an seine Kritiker innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche verstanden werden. Denn der Argentinier macht viele Dinge anders als seine Vorgänger - und eckt damit an. Jüngst sorgte er mit Äußerungen zur Weltpolitik aber auch seinem angeschlagenen Gesundheitszustand für Schlagzeilen. Nun möchte er mit Rücktrittsgerüchten und Vorbereitungen von internen Gegnern für die Zeit nach ihm aufräumen.

Während er im vergangenen Jahr zweimal in einer Klinik stationär behandelt werden musste - zunächst wegen einer Lungenentzündung, später wurde er am Bauch operiert - hätten einige nach seinen Worten bereits an ein neues Konklave, also die Wahl eines Nachfolgers, gedacht, schreibt Franziskus in dem Buch mit dem Titel «Leben. Meine Geschichte in der Geschichte», das am 19. März beim Verlag Harper Collins erscheint.

Der ein oder andere hätte damals lieber Wahlkampf betrieben. «Aber ganz ruhig, das ist menschlich, kein Grund, sich aufzuregen! Wenn der Papst im Krankenhaus liegt, macht man sich natürlich Gedanken, und es gibt immer jemanden, der aus Eigennutz oder gegen Geld in den Medien Spekulationen anstellt.» Doch Franziskus betont: «Zum Glück kam mir trotz dieser schwierigen Momente niemals der Gedanke an Rücktritt.»

Dies würde sich nur ändern, wenn eine schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigung einträte. Für diesen Fall habe er zu Beginn seines Pontifikats einen unterschriebenen Rücktrittsbrief hinterlegt. «Doch das, ich wiederhole es, ist rein hypothetisch gesprochen, denn es gibt wirklich keinen Grund, der schwerwiegend genug wäre, um einen Rücktritt in Erwägung zu ziehen.» Keinen Gedanken habe er daran verschwendet, denn das Papstamt sei für ihn eines auf Lebenszeit.

In der Autobiografie erzählt Franziskus in 14 Kapiteln seine Lebensgeschichte und orientiert sich dabei an wichtigen Weltereignissen. In dem Buch, das der Argentinier gemeinsam mit dem italienischen Vatikan-Journalisten Fabio Marchese Ragona geschrieben hat, beschreibt er anhand von epochalen Ereignissen der Zeitgeschichte seine persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen. Vom Zweiten Weltkrieg über den Militärputsch in Argentinien 1976 und den Rücktritt seines Vorgängers Benedikt XVI. bis zur Corona-Pandemie erzählt Franziskus aus seinem Leben.

Im Fokus stehen klar weltpolitische Themen wie soziale Ungleichheit, Klimakrise, Krieg, Atomwaffen und Rassismus. Doch anhand der historischen Ereignisse lässt Jorge Bergoglio, so der bürgerliche Name des Papstes, persönliche Anekdoten einfließen. Etwa die Fußballweltmeisterschaft von 1986, als sein Landsmann Diego Maradona ein Tor mit der «Hand Gottes» schoss, und Franziskus sich für einen Deutschkurs im rheinland-pfälzischen Boppard aufhielt. Aber auch, dass er seit Jahren kein Fernsehen mehr schaut.

Kriege und Konflikte beschäftigen den Papst in seinen Erzählungen ebenso. Insbesondere angesichts seiner jüngsten Äußerungen zum Ukraine-Krieg steht der Pontifex in der Kritik. Im Buch betont er: «Was den Krieg in der Ukraine angeht, habe ich mich sofort zur Verfügung gestellt und seit Beginn des Krieges immer wieder betont, dass ich zu was auch immer bereit sei, damit die Waffen schweigen können.»

Als katholisches Kirchenoberhaupt beschäftige er sich nicht mit Militärtaktik und Sicherheitsstrategien, sondern mit dem Leid der Menschen, die unter «imperialistischen Interessen oder einem mörderischen Zynismus» litten. «Welche Schuld trägt die Bevölkerung? Warum muss sie einen so hohen Preis und sogar mit dem Tod bezahlen?», fragt er sich. Diese Fragen ließen sein Herz bluten.

Spekulationen über einen vermeintlichen Konflikt zwischen Franziskus und seinem deutschen Vorgänger Benedikt XVI. versucht er, zu entkräften. Nach dem Rücktritt Benedikts im Jahr 2013 sei dieser von skrupellosen Menschen zu ideologischen und politischen Zwecken instrumentalisiert worden. Diese hätten seinen Rücktritt nicht akzeptiert und die «dramatische Möglichkeit eines Bruchs innerhalb der Kirche» unterschätzt.

Seine internen Gegner hätten versucht, diese Kontroverse zu nutzen. Grabenkämpfe, Intrigen und Machtspiele innerhalb der Institution Vatikan störten ihn aber schon immer. Auch der Pomp der Paläste im Vatikan habe ihm Unbehagen bereitet. Es stimme zwar, dass der Vatikan die letzte absolute Monarchie Europas sei. Doch das müsse dringend überwunden werden, auch wenn es jene gebe, die Reformen bremsen wollten und lieber in den Zeiten eines Papst-Königs verharren würden, so Franziskus. Doch dieser wollte er niemals sein.

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